Zum Landeshaushalt 2023 für Nordrhein-Westfalen

Zum Landeshaushalt 2023 für Nordrhein-Westfalen

Haushaltsjongleure im Krisenmodus

Erst nach drei Anläufen schaffte es der Haushalt für 2023 durch den Landtag. Wirklich kein Glanzstart für die seit Ende Juni 2022 amtierende CDU-/Grünen-Landesregierung. Tags darauf, am 21. Dezember 2022, wurde nachgebessert: Mit einem „NRW-Krisenbewältigungsgesetz“. Es ermöglicht ein „Sondervermögen“, also neue Schulden, von bis zu 5 Milliarden Euro.

Von Landesleitung NRW der MLPD
Haushaltsjongleure im Krisenmodus
Das Landtagsgebäude in Nordrhein-Westfalens Hauptstadt Düsseldorf (foto: Andreas Lischka (CC BY 2.0))

Dazu stellten CDU und Grüne eine „außergewöhnliche Notsituation“ fest als formal-rechtliche Voraussetzung dafür. Die sogenannte Schuldenbremse wird ausgesetzt für einen „Haushaltsausgleich durch Einnahmen aus Krediten“. Von einem soliden Haushalt mit ausgeglichenen Ausgaben und Einnahmen wagen bürgerliche Politiker nicht einmal mehr zu träumen.

Eiertanz um den Landeshaushalt

Mit geplanten Ausgaben von 94,7 Mrd € übertrifft der Landeshaushalt den Vorjahreshaushalt um 6,3 Mrd € oder 7 Prozent. Dazu das „Sondervermögen“. Zweimal verweigerte der Landesrechnungshof die Zustimmung und kritisierte Versuche sich z.B. beim Corona-Rettungschirm zu bedienen, als „verfassungswidrig“. Nach „überraschend“ aufgetauchten Steuermehreinnahmen von rund 1,2 Mrd € aus 2022  musste die Landesregierung einen dritten Anlauf unternehmen.

Landesregierung in der Zwickmühle

Der Landeshaushalt soll einerseits dämpfend auf die Massen wirken und erhöht dafür bestimmte Mittel: Für Wohngeldempfänger, für Lehrergehälter, für das Deutschlandticket oder zur Unterstützung der Kommunen. Aber hauptsächlich kommen die 5 Mrd € Neuverschuldung den Konzernen zugute, neben den Mitteln, die schon im Rahmen des normalen Haushalts fließen. Im NRW-Krisenbewältigungsgesetz heißt es: „Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine treffen Nordrhein-Westfalen härter als andere Bundesländer, da seine Wirtschaftsstruktur geprägt ist durch viele Grundstoffindustrien, die besonders energieintensiv sind. ... Die Daten zeigen, dass es unverzüglich notwendig ist, seitens der Landesregierung aktiv in die Stabilisierung der nordrhein-westfälischen Volkswirtschaft einzugreifen und entsprechende Hilfsprogramme zeitnah aufzulegen.“ Dieses Gejammer rechtfertigt die angeblich „dramatische Notsituation“ (ebd.) mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, losgelöst von allen anderen Krisen. Doch natürlich schlagen die Kosten der Unterstützung der Kriegsführung der Ukraine und für die Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs auf Landes- und kommunale Ebene durch.

Auf dem Rücken der Massen

Als höchstverschuldetes Bundesland hatte Nordrhein-Westfalen zum 30. September 2022 eine Verschuldung von 182 Mrd. Euro, mehr als Niedersachsen, Berlin und Baden-Württemberg zusammen (de.statista.com, 4.1.23). Die kommunale Verschuldung lag Ende 2021 bei 4611 € pro Einwohner oder 82,5 Mrd € (aachener-zeitung.de, 9.11.22). Schuldendienst samt Zinsen sind eine sprudelnde Einnahmequelle für internationale Finanzkonzerne, aus unseren Steuern und Abgaben. Von 361 Kommunen in NRW erreichen 210 Städte und Gemeinden ihren fiktiven Haushaltsausgleich nur durch Aufzehrung ihres Eigenkapitals. Fiktiv, weil die Einnahmen die Ausgaben nicht decken. Ende 2022 verfügen 106 Kommunen über keine Ausgleichsrücklage mehr. In den kommenden drei Jahren sollen weitere 54 Städte und Gemeinden hinzukommen. Sie sind also überschuldet.

 

40 % der Kommunen bundesweit müssen aufgrund aufgrund der höheren Preise mehr Schulden machen, 36 % wollen freiwillige Ausgaben kürzen, 31 % Preise für kommunale Leistungen erhöhen (2). Das verschlechtert die Lebenslage der Massen erheblich. Alleine in NRW mit rund 3 Millionen Kindern und Jugendlichen leben 22,6 Prozent oder 660.000 in relativer Armut, 566.000 Kinder und Jugendliche sind armutsgefährdet. (3) Es fehlt an ausreichender Kinderbetreuung, schulischer Förderung und einer Unterstützung der Eltern.

 

Einzelnen Zugeständnissen im Haushalt der Landesregierung stehen erhebliche Streichungen gegenüber: 700 Arbeitsplätze der Abfertigungsfirma Aviapartner auf dem Düsseldorfer Flughafen sind gefährdet, weil die Landesregierung die Lizensen an Firmen mit niedrigeren Tarifen vergab. Dagegen traten die ver.di-Mitglieder bereits in Streik.(4) Massiv im Kreuzfeuer der Kritik steht auch Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Als Verkehrsminister von 2017 bis 2021 im Kabinett Laschet ist er verantwortlich für das Hinauszögern des notwendigen Neubaus der Rahmede-Talbrücke, Bestandteil der A 45 bei Lüdenscheid. Der Brückenneubau wurde seit 2018 immer wieder verschoben – und nun sind sogar die E-Mails gelöscht, die Auskunft über die Gründe dafür geben könnten. (5) 20.000 Fahrzeuge, darunter 6.000 LKW quälen sich nun täglich durch die kleine Stadt Lüdenscheid, zu Lasten der Verkehrsteilnehmer und Anwohner. Die Brücke kann nicht mehr benutzt werden.

 

Die Landesregierung kommt bei dem von ihr mitgetragenen Krisen- und Kriegskurs des deutschen Imperialismus ins Straucheln. Um so mehr Anlass, dagegen in die Offensive zu gehen.