Ukraine

Ukraine

Sumpf der Korruption und Selenskyjs Image-Kampagne dagegen

Am 25. Januar wurde der Vizeinfrastrukturminister der Ukraine, Wassyl Losynskyj, festgenommen – in flagranti erwischt bei seinem Versuch, 400.000 Dollar Bestechungsgeld entgegenzunehmen.

Korrespondenz

Der Fall war nur einer von vielen, und es folgten plötzlich, nachdem die drei vorherigen Jahre im wesentlichen kaum etwas gegen die grassierende Korruption auf allen Ebenen des Staates unternommen worden war, weitere Durchsuchungen und Festnahmen. Mehrere Minister traten zurück, wohl ähnliche spektakuläre Durchsuchungen oder Verhaftungen fürchtend.

 

Das größte Aufsehen erregte die Durchsuchung des Büros des Oligarchen Ihor Kolomojskyj, der schon vor dem Krieg zu den fünf reichsten Menschen des Landes zählte. Er soll seine Privatbank zusammen mit Mittätern um mehr als 5 Mrd. Dollar geplündert haben. Deswegen wurde er nie vor Gericht gestellt. Jetzt ging es um die Unterschlagung von Erdölprodukten in Höhe von 930 Mill. Euro, aus der Ölverarbeitungsfirma Ukrnafta, deren Ko-Eigner er selbst ist. Auch das Büro des langjährigen Innenministers Arsen Awakow wurde durchsucht. Die gesamte Leitung des Zollamts wurde entlassen. Das Amt hatte durch Korruption knapp 3,5 Mrd. Euro pro Jahr verloren. Sicher nicht zufällig fanden die Durchsuchungen und Festnahmen in engem zeitlichen Zusammenhang mit den Besuchen von Ursula von der Leyen und anderen EU-Größen in der Ukraine statt.

 

Aber dies ist nur eine Spitze des Eisbergs: Allein der Chef der Beschaffungsabteilung des Kiewer Verteidigungsministeriums erhielt von diesem 580.000 Dollar für den Kauf von Schutzausrüstungen, von denen keine einzige übergeben wurde. Er durfte aber weiter ordern und ist bis heute dafür nicht belangt worden.

 

Drei Jahre regiert Selenskyj und hatte also viel Zeit, etwas gegen diesen Sumpf zu unternehmen. Erst jetzt kam es zu spektakulären Verhaftungen oder Bürobesuchen. Doch Selenkyj selbst war mit Hilfe Ihor Kolomojskyjs an die Regierung gekommen. Kolomojskyj ist dabei nicht nur außerordentlich korrupt, sondern zugleich war er einer der Mitgründer des faschistischen Asow-Regiments, das inzwischen eins von mehreren faschistischen regulären Regimentern der ukrainischen Armee ist. In seiner Wahlkampagne hatte Selenskyj für sich als Kämpfer gegen die Korruption geworben und damit einen Überraschungs-Wahlsieg eingefahren.

 

Unter anderem war er in vielen Fällen direkt Verhinderer der Bekämpfung der Korruption. „Selenskyj und seine Getreuen sabotieren die Arbeit des Antikorruptionsbüros“ schrieb die Süddeutsche Zeitung am 25. Januar 2023. Zwei maßgebliche Stellen verhinderten das Verfahren gegen seinen Vizestabschef Oleh Tatarow, Korruptionsbeschuldigter in großem Maßstab. Und zwar die von seiner Wahlkampfjuristin bis 2022 geführte Generalstaatsanwaltschaft und der Geheimdienst SBU, dessen Chef bis 2022 sein Jugendfreund Iwan Bakanow war.¹

 

Der Unmut über Selenskyj u. a. aus diesen Gründen ist seit langem groß. „Warum scheint jede Neu-Besetzung immer nur Selenskyj-Getreue auf Posten zu bringen?“, zitierte z.B. die Süddeutsche Zeitung eine Soldatin in der Ostukraine.² „Alle Erhebungen zeigen, dass sich die Gesellschaft mehr Gerechtigkeit wünscht und die Ukrainer Korruption als sehr negativ beurteilen“, erklärt Tetiana Shewtschuk, Expertin beim ukrainischen Antikorruptionszentrum.³

 

Aber auch wegen des Ansehens im Ausland hat nicht nur Selenskyj, sondern haben auch NATO, EU und USA eine Imageaufbesserung nötig für den ewig noch mehr Waffen und sogar den Kriegseintritt fordernden Selenskyj. Die Zustimmungsraten für die Waffenlieferungen gehen zurück. Die Leopard-Panzer machen für wachsende Teile der Bevölkerung die gefährliche Kriegs- und Weltkriegsvorbereitung der imperialistischen Mächte deutlich. Und so verkündet Ursula von der Leyen bei dem demonstrativen Besuch der EU-Spitzen in Kiew stolz, sie sei „tief beeindruckt“ über den Fortschritt der Reformen in der Ukraine. Das soll wohl der psychologischen Kriegsvorbereitung hier bei uns dienen. Es ist ein durchaus zweischneidiges Schwert, wird doch so noch deutlicher, welch kriminelle Selbstbereicherer an der Spitze der so hoch gerühmten Ukraine stehen.