Buchenwald-Urteil

Buchenwald-Urteil

Warum macht sich die "Junge Welt" zum Sprachrohr der reaktionären Totalitarismustheorie?

Am 30. Januar 2023 erschien in der Tageszeitung "Junge Welt" unter der Überschrift "Ein Ort wie Buchenwald hat eine Widmung" der Artikel "Urteilsbegründung im Rechtsstreit um Thälmann-Gedenken in KZ-Gedenkstätte. Ein Gespräch mit Rikola-Gunnar Lüttgenau."

Peter Weispfenning
Warum macht sich die "Junge Welt" zum Sprachrohr der reaktionären Totalitarismustheorie?
Kranzniederlegung der MLPD in Buchenwald, die 2019 als ein Ersatz für die verbotenen Gedenkkundgebungen erstritten wurde (rf-foto)

Peter Weispfenning, Rechtsanwalt und Pressesprecher der MLPD, schreibt dazu in einem Leserbrief an die Junge Welt:

 

"Ich bin einigermaßen erstaunt darüber, dass sich die Junge Welt zum Sprachrohr der reaktionären Totalitarismustheorie macht. Dabei gelingt Herrn Rikola-Gunnar Lüttgenau im Interview eine logische Glanzleistung, die andere Antikommunisten schwerlich übertreffen können. Er behauptet allen Ernstes, die Stiftungsleitung habe Gedenkaktivitäten der MLPD an die Ermordung des Kommunisten Ernst Thälmann auf der KZ-Gedenkstätte Buchenwald sabotiert, um Aktionen „von geschichtsrevisionistischen Querdenkern oder auch Rechtsextremisten" besser verhindern zu können. Nach dieser antikommunistischen Entgleisung fragt sich Lüttgenau als Vertreter der Ramelows Staatskanzlei unterstehenden Stiftungsleitung auch noch ganz treuherzig, wie die MLPD bloß auf die Idee käme, das sei „antikommunistisch" motiviert gewesen.

 

Ja, Buchenwald hat eine Widmung! Im Schwur von Buchenwald heißt es: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung." Dagegen sorgten sich die Anwälte der Stiftungsleitung in ihren Schriftsätzen besonders der „Erinnerung der Geschichte des sowjetischen Speziallagers" und waren besorgt ob der „Würde" der dort Inhaftierten. Die Anwälte führten aus, dass folgender Satz aus einer Broschüre der MLPD gegen die „Menschenwürde" verstieße: „Im Sowjetischen Speziallager Nr. 2 waren zu Recht faschistische Kriegsverbrecher inhaftiert."

 

Man verwahre sich gegen das „stalinistische Unrecht", das dort Menschen angetan wurde, auch „wenn diese sich zuvor mit dem Nationalsozialismus gemein" gemacht hätten, schrieben sie. Ja, man wird sich ja nochmal mit dem Faschismus „gemein" machen können und ganz gemein Verbrechen an Rotarmisten, Kommunisten oder Sozialdemokraten begehen. Regen wir uns doch nicht so darüber auf, denken wir doch mehr an die Würde der Verbrecher und verurteilen wir die antifaschistischen Nachkriegsregelungen. Man muss nur noch das Wörtchen „stalinistisch" ins Interview einfügen, und schon kann man jeden reaktionären Unsinn als pseudo-fortschrittlich verkaufen. Das ist „geschichtsrevisionistisch". Vor allem widerspricht es eklatant der antifaschistischen Widmung von Buchenwald.

 

Ganz grundsätzlich forderte man übrigens bei Gericht, bisher eindeutige antifaschistische Sonderregelungen künftig auch auf Kommunisten anzuwenden. Ach ja: Dass es nicht um eine Wahlkampfveranstaltung ging, dass die MLPD bei der Kundgebung nicht einmal Veranstalter war, geschenkt. So viel Redlichkeit im Detail darf man bei so viel Unredlichkeit im Grundsätzlichen nicht erwarten."

 

Peter Weispfenning, Rechtsanwalt