Stuttgart
ver.di-Tarifaktionstag der Post-Beschäftigten: „Gemeinsam für 15 Prozent!“
Rund 4.000 Postbeschäftigte folgten heute dem Aufruf von ver.di zum landesweiten Streik- und Aktionstag in Stuttgart.[1] Damit beteiligten sich weit mehr, als die erwarteten 2.500 Teilnehmer an der Demonstration durch die Innenstadt und Kundgebung auf dem Schlossplatz – ein Zeichen der großen Kampfbereitschaft!
Die angesprochenen Kolleginnen und Kollegen freuten sich über die Gratulation der Roten Fahne, bzw. der MLPD zum Kampf für die derzeit höchste Tarifforderung. Auch fanden sie es gut, dass ich vom heutigen Aktionstag einen Bericht für Rote Fahne News mache. Einer kaufte deshalb auch gleich das Rote-Fahne-Magazin und andere nahmen die Kopie eines Rote-Fahne-News.Artikels zu den ver.di-Tarifrunden mit.
Die Stimmung war sehr kämpferisch und teilweise auch ausgelassen, woran die Jungen und Kolleginnen einen wichtigen Anteil hatten. In manchen Städten oder Filialen würden sich um die 80 Prozent an den Warnstreiks und an der heutigen Aktion beteiligen, sagten mir Gewerkschafter. Als die Demonstration recht flott unterwegs war, erklärte mir eine Ordnerin, dass hier das Berufstempo der Zusteller durchschlage.
Allen Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, begründeten offensiv ihre Tarifforderung mit den horrenden Preiserhöhungen und der Inflation, die ihre ohnehin geringen Löhne auffresse. „15 Prozent ist das mindeste!“, meinten einige. Aber auch, dass die Arbeit im Zusammenhang mit der Zunahme der Internet-Bestellungen im Zuge der Corona-Pandemie erheblich mehr wurde. Die Post AG „mit ihren internationalen Großaktionären“ habe so einen Rekordprofit von 8 Milliarden im letzten Jahr erzielt – eine Zahl, die fast jeder Kollege kannte und meist auch anführte.
Verschiedene Demonstranten trugen Jacken mit Aufkleber „Wir zeigen Befristungen die rote Karte“ - ein Hinweis darauf, dass der Kampf um deren Fest-Übernahme auch Bestandteil der Tarifrunde ist. Eine junge Frau auf ihren Button „Mach meine Kollegin nicht an!“ angesprochen, berichtete über sexistische Anmache in ihrer Arbeit. Wir waren uns einig, dass dies eine Wirkung der besonderen Unterdrückung der Frau im Kapitalismus ist. Der gemeinsame Kampf von Frauen und Männer dagegen ist deshalb eine wichtige Aufgabe in der gewerkschaftlichen Arbeit.
Demonstranten berichteten, dass ihre Warnstreiks in der Bevölkerung eher auf Verständnis stoßen, weil die allermeisten Menschen sich wegen der Inflation auch große Sorgen machen müssen. Alle angesprochenen Kollegen lehnten es ab, für die Waffenlieferungen in die Ukraine und Aufrüstung der Bundeswehr auf Lohn zu verzichten. Zum einen, weil dies nur eine Rechtfertigung der Gegenseite wäre, dass ihre Lohnforderung unerfüllbar sei. Einige brachten aber auch zum Ausdruck, dass dies „nicht unsere Sache“ als Arbeiter sei. Zwei aus der Türkei stammende Postler sagten: „Die Regierungen sollen lieber jetzt den vom Erdbeben getroffenen Menschen helfen oder dafür sorgen, dass mehr getan wird, dass Erdbeben nicht so viele Häuser zerstören und Menschenleben kosten – statt Kriege zu führen!“.
„Wie es jetzt weitergeht? Wenn der Vorstand nicht auf uns zukommt, sollte von mir aus jetzt richtig gestreikt werden!“ - diese Meinung hörte ich öfters. „So wie gerade in Frankreich, wo ein Generalstreik gegen die Rente mit 64 stattfindet!“, sagte einer. Deshalb war auch die Forderung und der Kampf um ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht und weitergehende Fragen Thema unserer Gespräche.