Nachlese zur Berlinwahl
Bürgerliche Parteien in der Klemme – Alternative gefragt
Nach der Berliner Wahl zum Senat ist der Katzenjammer bei den bürgerlichen Parteien groß. Der strahlende Sieger Kai Wegener (CDU) sieht seine Felle davonschwimmen, bestehen doch die bisherige regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und die Spitzenkandidatin der Grünen (Bettina Jarasch) auf der Fortsetzung der bisherigen rot-grün-roten Koalition.
Aber auch Giffeys und Jaraschs Karriere-Träume stehen auf wackligen Füßen, denn die Stimmenanzahl der beiden unterscheidet sich gerade mal um 150 Stimmen. Plötzlich waren auch noch 450 Stimmen im Bezirk Lichtenberg verschwunden – und das nach dem Wahldesaster im letzten Jahr, das die Wiederholungswahl notwendig machte! Kommentar eines Kollegen: "Die können nur große Schnauze."
Wie wir berichteten (Rote Fahne News 13. Februar) ist die Wahlbeteiligung bei der jetzigen Wahl auf 63 % abgestürzt und die auf Bundesebene regierenden SPD, FDP und Grüne verloren über 27 % der Stimmen, gegenüber der letzten Wahl in Berlin. Die CDU wurde mit 10,2 Prozentpunkten Stimmenzuwachs Sieger: sie erhielt 28,2 % der Stimmen.
In der Wahl-Hochburg der faschistoiden AfD, im Bezirk Marzahn–Hellersdorf, war die Wahlbeteiligung noch niedriger als berlinweit, nämlich 56 %. Das bringt die große Unzufriedenheit mit der Senatspolitik, aber auch überhaupt mit der ganzen bürgerlichen Politik zum Ausdruck. Die AfD erhielt dort 19 %, was gegenüber der letzten regulären Wahl ein Minus von 4 Prozentpunkten bedeutet. Gewonnen hat die CDU, sie erreichte fast 35 %. Außerdem erhielt die AfD zwei Direktmandate. Eine der beiden Mandatsträgerinnen, Jeanette Auricht, versteht sich auf Demagogie. In ihrem Wahl-Video fordert sie: »Geld muss denen zugute kommen, die es erarbeiten«. Es fragt sich jedoch wie? Nach dem Programm der AfD ist ihr Ziel »die Wirtschaft von Belastungen komplett zu befreien (AfD Programm 21). Streiks sind für die AfD »vorsätzlich herbeigeführte Konflikte«. Von dieser Programmatik hört man in den Wahlreden Aurichts nichts.
Im Bezirk Spandau, wo die Betriebe des Weltkonzern Siemens angesiedelt sind, wurde die CDU mit 40 % ebenfalls Sieger. Dass die SPD im Gegenzug auf 24 % (– 8 %) abgestürzt ist, zeigt die tiefe Vertrauenskrise in die SPD, aber auch insgesamt die tiefe Krise des Reformismus. Auch der noch regierenden Bürgermeisterin (Giffey, SPD) wird kaum noch was zugetraut: Horrende Mieten, grassierende Armut – in Berlin ist jedes dritte Kind arm – verstopfte Straßen und extrem überfüllte Busse und Bahnen, das ist ihre Regierungsbilanz.
Interessant sind auch die Wahlergebnisse in Nord Neukölln, wo die MLPD seit Jahren eine systematische Kleinarbeit organisiert. Dort ist auch die Geschäftsstelle der MLPD-Landesleitung und der Treff International. Anders als in den meisten anderen Berliner Bezirken hat dort die Linkspartei 37 % und die Grünen 35 % der Stimmen erhalten, SPD 9,3 und CDU 9,6 %. Nord Neukölln ist Spitzenreiter in der Jugendarbeitslosigkeit und hat die höchste Zahl Jugendlicher ohne Schulabschluss (Berliner Woche online). Kein Wunder, dass die (noch) als fortschrittlich geltenden Grünen und die Linkspartei hier eines ihrer besten Wahlergebnisse haben, wobei sie sicher indirekt auch von der jahrelangen Kleinarbeit der MLPD profitierten.
Die Direktkandidatin der Linkspartei ist Jorinde Schulz. Sie will »dafür kämpfen, dass Energie, Mobilität, Wohnen, Gesundheit für alle zugänglich und leistbar sind. Die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids für die Enteignung von Immobilienkonzernen, ist ein zentraler Baustein« (Neuköllnisch.net, Wahl Zeitung). Was Jorinde Schulz verschweigt ist, dass laut Grundgesetz bei einer Enteignung die Konzerne entschädigt werden – natürlich aus den Steuereinnahmen. Allein die Wohnungen von Vonovia, Berlin sind 7,8 Milliarden € wert. Das Grundgesetz im Kapitalismus ist nicht dafür da, die Interessen des Volkes in die Tat umzusetzen, sondern die Profit- und Eigentumsinteressen zu sichern. Natürlich fordert auch die MLPD bezahlbaren Wohnraum. Dafür muss konsequent gekämpft werden. Darüber hinaus tritt die MLPD für den Kampf um den Sozialismus ein. Demokratische Entscheidungen über Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik werden erst in einer sozialistischen Gesellschaft Wirklichkeit.