Madrid

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Eine Million Menschen demonstrieren gegen den Abbau im öffentlichen Gesundheitswesen

In der spanischen Hauptstadt Madrid demonstrierten am Sonntag bis zu eine Million Menschen mit einem Sternmarsch für den Erhalt und die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens. Es war die dritte Großdemonstration seit November gegen die katastrophalen Zustände und die weitere Privatisierung des Gesundheitswesens.

Von us

In Madrid sind 800.000 Menschen keinem Hausarzt zugewiesen. Denn Hausärzte aus den Gesundheitszentren der Madrider Viertel wurden abgezogen, um Notaufnahmen in Krankenhäusern wieder zu eröffnen. Bis zu 20 Tage warten Patienten inzwischen auf einen Termin beim Hausarzt, fast 100.000 Menschen warten in der Region Madrid auf eine OP, oftmals bis zu sechs Monaten. Auch in anderen Regionen Spaniens protestieren am Sonntag medizinische Beschäftigte und Patienten gegen Kürzungen im Gesundheitssektor, so in Santiago de Compostela in der Region Galicien mindestens 20 000 Menschen, in Burgos 11 000.

 

Die Demonstration stand unter dem Motto „Madrid erhebt sich“. Schilder mit Slogans wie „Gesundheitsversorgung ist ein Recht, kein Geschäft“ prägten das Bild. Hervorstechend an der Massenbewegung ist, dass Beschäftigte des Gesundheitswesens, ihre Gewerkschaften wie die UGT und CCOO gemeinsam mit Bürgerinitiativen und Patienten auf die Straße gehen. Zur Demonstration hatten 74 Organisationen aufgerufen. Die Demonstranten unterstützen den unbefristeten Streik der Haus- und Kinderärzte in Madrid.

 

Die Großdemonstration setzte sich gegen politische Repressionen durch. So hatte die Polizei verschiedentlich Geldstrafen verhängt gegen das Verteilen von Flugblättern, die zur Demonstration aufriefen.  Die Demonstrantinnen und Demonstranten fordern den Rücktritt von Isabel Díaz Ayuso/Partido Popular, der ultrarechten Präsidentin der Autonomieregion Madrid. Ihre Partei hatte gemeinsam mit der faschistoiden Vox vergangenen Donnerstag im Regionalparlament einen Antrag abgeschmettert, eine Untergrenze für Gesundheitsausgaben im öffentlichen Haushalt einzuführen. Madrid hat das höchste Pro Kopf-Einkommen in Spanien, gibt aber am wenigsten für medizinische Grundversorgung aus. Ayuso, die als „Trump Spaniens“ bezeichnet wird, beschimpft das über Überlastung klagende Gesundheitspersonal als «faul» und die Demonstranten als instrumentalisiert. Aufgrund dieser Provokationen fühlten sich noch mehr Menschen herausgefordert, sich zu beteiligen. Zweifellos versuchen die sozialdemokratische PSOE und linksreformistische Podemos die Proteste für sich zu nutzen. Die Massenbewegung ist angesichts der anstehenden Kommunal- und Regionalwahlen im Mai und er Präsidentschaftswahl im Herbst gut beraten, ihre politische Selbständigkeit zu verteidigen und auszubauen.

 

Die Massenproteste in Spanien reihen sich ein in eine Protest- und Streikbewegung in verschiedenen Ländern in Europa gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiterklasse und die breiten Massen. Zehntausende Pflegekräfte in Großbritannien legten Anfang Februar die Arbeit nieder, Lokführer und Uni-Beschäftigte sind ebenfalls im Streik. In Frankreich beteiligten sich bis zu 2 Millionen am 3. Streiktag gegen Macrons Rentenpläne. In Deutschland hat die Tarifrunde der öffentlich Beschäftigten in Kommunen und Bund für 10,5 Prozent mehr Lohn und Verbesserung der Arbeitsbedingungen begonnen. Die Postbeschäftigten sind im Warnstreik für 15 Prozent mehr Lohn und gegen befristete Verträge. Die Zeit ist reif, die europaweite Koordinierung dieser Kämpfe zu diskutieren und organisieren.