Iran

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Bedeutende Initiativen für einen neuen Aufschwung der Massenkämpfe

Vor wenigen Tagen verkündete Irans Präsident Ebrahim Raisi, die "systemkritischen Proteste" seien gescheitert.

Von jg
Bedeutende Initiativen für einen neuen Aufschwung der Massenkämpfe
Solidaritätskundgebung in Köln (rf-foto)

Zynisch erklärt er zur Lage der Frauen im Iran: „Frauen seien frei und in allen Spitzenpositionen vertreten, nur würden sie anders als im Westen „nicht als Objekte vermarktet“. In völliger Verkennung der Wirklichkeit und der eigenen Propaganda verfallen, behauptet er: „Das iranische Volk stehe (…) hinter der islamischen Herrschaft. (HHAB, 11.2.)

 

Die Arbeiterkämpfe, Massendemonstrationen, Proteste von Millionen Frauen, Jugendlichen und Rentnern in den zurückliegenden Monaten sprechen da eine andere Sprache! Auch wenn es seit Jahresbeginn einen Rückgang der Straßendemonstrationen gibt und seit Ende Januar die großen Streiks - vor allem in der Petrochemie - unterbrochen sind, bedeutet dies keinesfalls das Ende der Massenproteste oder gar eine Zufriedenheit der Massen mit dem faschistischen Regime. Die wirtschaftliche Krise im Land hat sich weiter verschärft, die nationale Währung Rial hat weiter stark an Wert verloren und die Hyperinflation (50 Prozent und mehr!) drängt Millionen Menschen in die Armut.

Phase der Verarbeitung für einen neuen Aufschwung der Kämpfe

Die Proteste im Iran halten auf niedrigerer Stufe mit Arbeiterprotesten und Streiks an; immer mehr Frauen verweigern sich bewusst in der Öffentlichkeit dem „Kleiderzwang“, und bei den Protesten vor den Gefängnissen wird die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert bzw. gerufen: „Nieder mit dem Regime!“ Die Freilassung Tausender Gefangener durch das Regime ist Ausdruck seiner Schwäche und ein Erfolg der Solidaritätsbewegung – auch international. In den unabhängigen Gewerkschaften, Frauenorganisationen, der Rentnervereinigung, an den Universitäten … hat ein intensiver Prozess der Diskussion zur Verarbeitung der Massenaufstände, der Ziele und Methoden des Kampf begonnen.

„Charta der Mindestforderungen unabhängiger Gewerkschafts- und Zivilorganisationen des Iran“

Ausdruck dieses Verarbeitungsprozesses ist die umfassende und allseitige „Charta der Mindestforderungen“, die von über 20 selbständigen Gewerkschaften (Erdöl, Zuckerverarbeitende Industrie, Lehrergewerkschaft, Metallarbeiter...) Rentnerorganisationen, verschiedenen Frauenkomitees, Schüler- und Studentenvereinigungen erarbeitet und unterzeichnet wurde. In einem Zwölf-Punkte-Programm wird unter anderem die Forderung nach Freilassung aller politischen Gefangenen, nach demokratischen Rechten und Freiheiten, wie „bedingungslose Freiheit der Meinung, der Rede, der Gedanken, der Presse, der Bildung von Parteien, lokalen und nationalen Gewerkschafts- und Massenorganisationen, von Versammlungen, Streiks, Demonstrationen, sozialen Medien sowie audiovisuellen Medien“ gefordert.

 

Und die „Unverzügliche Erklärung der vollen Gleichstellung der Rechte von Frauen und Männern in allen politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Bereichen, bedingungslose Abschaffung diskriminierender Gesetze“ wird ebenfalls verlangt. In der Charta werden der Staatsapparat und seine Organe angegriffen und es wird die „Auflösung der Repressionsorgane, Einschränkung der Regierungsgewalt“ gefordert. Sehr bedeutend ist auch die Forderung nach Beendigung der Umweltzerstörung und Aufhebung der Kinderarbeit sowie eine Reihe weiterer fortschrittlicher Forderungen auf sozialem Gebiet, nebst „Verbot des Erwerbs von Atomwaffen“ und „Streben nach weltweitem Frieden.“ Ohne es beim Namen zu nennen, ist die Charta ein umfassendes Kampfprogramm für die notwendige Volksfront gegen das faschistische Regime und für seinen Sturz.

 

Viele iranische Revolutionäre berichten über eine sehr schöpferische und solidarische Diskussion. Auch darüber, dass weitere Arbeiterorganisationen, wie die Busfahrergewerkschaft in Teheran, die „Charta“ beraten. Auch solche Fragen, wie die, dass der Kampf mit einem klaren Ziel des Sturz der herrschenden Bourgeoisie zu führen ist, werden beraten. Dazu kommt die Frage, welche gesellschaftliche Perspektive der Kampf braucht.

Reaktionäre Kräfte werden lanciert ...

Das ist umso bedeutender, als dass das alleinherschende internationale Finanzkapital durchaus nicht untätig ist. Im Iran sollen durch die sogenannten „Reformer“ im Parlament die reaktionärsten Auswüchse des Systems beseitigt werden, und es wird auf eine Verfassungsänderung nach Vorbild einer bürgerlich-parlamentarischen Herrschaft orientiert.

 

Eingeladen zur Münchner Sicherheitskonferenz bot diese der „iranischen Opposition“ eine Bühne. So Reza Pahlavi, ältester Sohn des 1979 von den Arbeitern und Massen im Iran gestürzten Schahs! Er durfte mit Vertretern des US- und EU-Imperialismus konferieren. „Einig sind sie sich in ihrer Ablehnung der Islamischen Republik und dem Streben nach einer demokratischen Regierungsform in Iran.“ (Süddeutsche Zeitung vom 20.02.) Es gehört schon eine Portion Unverfrorenheit dazu, die faschistische Herkunft und damit verbundene Orientierung von Reza Pahlavi zu verschweigen. Immerhin orakelt die Süddeutsche Zeitung, dass „Pahlavi unter Iranern eine äußerst umstrittene Figur ist.“

Notwendige Stärkung des wissenschaftlichen Sozialismus

In der „Charta“ heißt es: „….ständige und direkte Beteiligung der Bevölkerung an der Regelung der Angelegenheiten des Landes durch lokale und nationale Räte. Das Recht, die Inhaber aller staatlichen und nichtstaatlichen Ämter jederzeit abzuwählen, muss ein Grundrecht der Wähler sein.“ Auch an anderen Stellen werden damit Grundfragen und Prinzipien einer sozialistischen Gesellschaft aufgeworfen. Es wird eine ausschlaggebende Seite der gegenwärtigen Phase sein, dass der wissenschaftliche Sozialismus in die Diskussion verstärkt Einfluss nehmen kann. Die MLPD hat dazu eine ganze Reihe ihrer Schriften aus der Reihe Revolutionärer Weg auch auf Farsi übersetzt, die hier eine Hilfe sein können. Mehr dazu hier