Memorandum der "Vert Realos"

Memorandum der "Vert Realos"

Palmer und Co: Reaktionärer Vorstoß in der Flüchtlingspolitik

Vor wenigen Tagen veröffentlichte die neue Gruppierung „Vert Realos“ in den Grünen - die Ähnlichkeit zum Namen der ultrareaktionären 'Werteunion' in der CDU ist sicherlich kein Zufall – ein sogenanntes „Memorandum für eine andere Migrationspolitik in Deutschland“. Zum Unterzeichnerkreis gehören Rebecca Harms, frühere Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rezzo Schlauch, früherer Fraktionschef der Grünen im Bundestag und der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, dessen Parteimitgliedschaft bis Ende des Jahres nach einem Ausschlussverfahren wegen wiederholter übler rassistischer Äußerungen gegenüber Flüchtlingen ruht.

Von us
Palmer und Co: Reaktionärer Vorstoß in der Flüchtlingspolitik
(foto: Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in Solidarität International)

Das Memorandum fordert unverhohlen an der ganzen Bandbreite den weiteren Abbau des ohnehin schon weitgehend ausgehöhlten Asylrechts. Sie fordern eine Abschiebungsoffensive -  „Konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat“. Wer sich nicht in die „gesellschaftliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland“ einfügt, soll sein Recht auf Aufenthalt verlieren. Klar, dass man sich an Regeln des Zusammenlebens hält, die Straßenverkehrsordnung einhält, die Kehrwoche macht, nicht zur spät zur Arbeit kommt.  Aber es ist ausdrücklich von der gesellschaftlichen Ordnung die Rede. Diese ist bestimmt durch die kapitalistische Gesellschaft, die unter der Diktatur der Monopole steht. Ist Kritik oder Widerstand dagegen künftig ein direkter Ausweisungsgrund? Explizit wird die Anerkennung des Existenzrechts Israels genannt. Dafür stehen wir auch. Aber was ist mit dem Existenzrecht des palästinensischen Staates und dem Schutz seines Territoriums?

 

Die Unterzeichner des Memorandum stört jedoch nicht, dass die Grünen mit der Lieferung von Leopard-Panzern an der Erzeugung von Fluchtursachen beteiligt sind. So weit reicht der Blick der „Realos“ für die Realität dann doch nicht. Die Forderung nach sofortiger Beendigung des Ukraine-Kriegs oder Kritik an den völkerrechtswidrigen Bombardierungen des Erdogan-Regimes auf Nordsyrien sucht man vergeblich in ihrem Papier. Sie fordern auf, die flüchtenden Menschen brutal daran zu hindern, den Boden der EU zu betreten. Dazu sollen „verpflichtende Aufenthaltszonen“ an den Grenzen und außerhalb der EU eingerichtet werden. Mit dem Begriff „Aufenthaltszone“, den man von Raucherbereichen oder in Schulen kennt, sind  schlichtweg Gefängnisse gemeint, wie es sie in Bulgarien, Ungarn und Kroatien schon gibt. Boris Palmer echauffiert sich als Oberbürgermeister von Tübingen nicht etwa darüber, dass die Bundesregierung die Kosten der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge weitgehend auf die Kommunen abwälzt und dadurch deren Haushalte enorm belastet sind.

 

Heuchlerisch begründen die Unterzeichner ihr Dokument der Diffamierung und Bekämpfung von flüchtenden Menschen ausgerechnet mit ihrer angeblichen Sorge, dass der „rechte Rand“ gestärkt werden könnte. Genau solche rassistischen und völkischen  Ressentiments bedienen sie aber explizit, wenn sie die Unterscheidung von „Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten“ propagieren oder behaupten, die Menschen würden durch die jetzige Migrationspolitik ihr „Sicherheitsgefühl“ verlieren. An der Verbreitung rassistischer Zerrbilder und entsprechender Stimmungsmache sind die Initiatoren des Memorandums doch führend beteiligt!

 

Viele Arbeiterfamilien leben tatsächlich in großer Unsicherheit, wissen nicht wie sie die Nebenkostennachzahlung stemmen soll, die ihnen in den nächsten Tagen ins Haus flattert. Ober machen sich große Sorgen, wie ihre Kinder und Enkel angesichts der globalen Umweltkatastrophe noch leben können.

 

57 Prozent der Befragten [1] erklärten jüngst bei einer Umfrage, dass sie der Meinung sind, dass Deutschland die  aktuellen Flüchtlingszahlen inklusive der 1 Million ukrainischen Flüchtlinge verkraften kann. Zwei Drittel kritisieren, dass der Bund für die Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu wenig tue. Unter einem Teil der Leute verfangen auf dem Hintergrund des bewussten Ausspielens der Interessen der Flüchtlinge und der von Armut betroffenen Menschen reaktionäre Einflüsse. Umso wichtiger ist es, in der Flüchtlingspolitik ausgehend von der Losung „Proletarier aller Länder und Unterdrückte, vereinigt euch“ klare Kante zu zeigen.

 

Die Migrationspolitik in Deutschland und in der EU muss  tatsächlich anders werden. Wichtige Forderungen dazu sind:

 

  • Vollständige Übernahme der Kosten der Flüchtlingsbetreuung durch Bund und Land!
  • Sofortiger Stopp von Abschiebungen auf antifaschistischer Grundlage!
  • Volle rechtliche Gleichstellung aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität!
  • Wer die Fluchtursachen bekämpfen und grundlegend überwinden will, der muss das imperialistische Weltsystem bekämpfen!

 

Der Widerstand gegen die Faschisierung der Flüchtlingspolitik der EU und der Bundesregierung gehört auch auf die Kundgebungen und Demonstrationen am 24. Februar gegen die Weltkriegsvorbereitung.