Spaltung soll gefördert werden

Spaltung soll gefördert werden

Reaktionäre Kampagne von CDU und AfD

31. Dezember 2022. Nachts werden in Berlin Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen von Jugendlichen angegriffen. Die Meldungen in den bürgerlichen Medien überschlagen sich: „Verfehlte Integration“, „kleine Paschas“, Polizei und Justiz müssten „härter durchgreifen“. Der Ton ist gesetzt. In trauter Einheit mit der AfD treiben maßgebliche Teile der CDU mit freundlicher Schützenhilfe der bürgerlichen Medien eine reaktionäre bis rassistische Kampagne voran. Dass die Fakten der Silvesternacht eine andere Sprache sprechen? Geschenkt. Offensichtlich steckt bewusstes Kalkül hinter dieser Kampagne.

Von ro
Reaktionäre Kampagne von CDU und AfD
Französische Jugendliche mit internationalem Hintergrund gemeinsam mit Rentnern beim Protest gegen Macron (Foto: UPML)

Die Berliner Silvesternacht

Am 10. Januar zieht Friedrich Merz bei Talkmaster Markus Lanz die Verbindung von der Gewalt in der Silvesternacht zu den Schulen in Berlin. Ein trauriger Mut als Millionär vor einem Millionen Publikum migrantische Schüler als „kleine Paschas“ zu beschimpfen. Es ist kurz vor der Klausurtagung der CDU und Merz setzt das Thema für die nächsten Wochen. Alle Kritik lässt er an sich abprallen. Es sei nötig „diese Debatte“ zu führen. In das gleiche Horn bläst die AfD. Ihr innenpolitischer Sprecher Dirk Nockemann: „Benennen wir doch endlich die Ursachen. … im Regelfall ist hier eine überwiegend migrantisch geprägte Szene am Werk.“

 

All das bleibt nicht ohne Wirkung. Ein Teil der Massen folgt der Logik, dass die Gewalt in der Silvesternacht ihre Ursachen in der Migration hätte. Im Berliner Senat fragt die CDU nach den Vornamen der Verhafteten in der Silvesternacht. Es soll sich schließlich kein Ali damit rausreden, er sei hier geboren und habe einen deutschen Pass. Hier blitzt kaum noch verhohlener Nationalismus auf. Bei der wiederholten Wahl in Berlin wird die CDU stärkste Kraft. Bei Umfragen steht die AfD bundesweit bei 14 Prozent.

 

Funktioniert hat das nur, weil die Fakten willentlich verdreht wurden. Noch in der Silvesternacht verkünden die Pressesprecher der Berliner Polizei 145 Personen wären verhaftet worden, die Mehrheit Migranten. Ab dann läuft die Kampagne an. Erst auf penetrante Nachfrage des Tagesspiegel „präzisiert“ die Polizei am 8. Januar: „nur“ 38 Personen wurden im Zusammenhang mit Angriffen auf Rettungskräfte festgenommen, davon hatten zwei Drittel einen deutschen Pass. Das alles weiß Friedrich Merz längst, als er zwei Tage später bei Markus Lanz sitzt. Es stört ihn nicht. Im Gegenteil, er will offensichtlich rassistische Vorbehalte bedienen und fördern. Die Süddeutsche Zeitung nennt die ganze Debatte im Nachhinein einen „Punktgewinn gegen die Wahrheit“ [i] und räumt selbstkritisch ein, sich daran beteiligt zu haben.

Zusammenarbeit CDU und AfD

Vor Amtsantritt als CDU-Vorsitzender versprach Friedrich Merz: "Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an" [ii]. Dessen ungeachtet mehren sich Fälle der offenen Zusammenarbeit. Am 12. Dezember 2022 verhalfen 19 CDU-Abgeordnete im Kreistag von Bautzen einem Antrag der AfD zur Mehrheit. Im Oktober gab es dort noch einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Von der CDU hörte man danach aber kein konsequentes Vorgehen gegen die Straftäter, keine mutige Debatte in Talkshows. Stattdessen beschloss man gemeinsam mit der AfD, freiwillige Integrationsleistungen wie Sprachkurse für sogenannte ausreisepflichtige Flüchtlinge zu streichen. Ausschlussverfahren gab es deshalb kein einziges. Im Thüringer Landtag schloss sich die CDU einem Antrag der AfD gegen das Gendern an. Bei einem Antrag der CDU zu größeren Abständen für Windräder von Wohnhäusern wurde die gemeinsame Abstimmung mit der AfD nur knapp verhindert.

Worum geht es mit dieser Kampagne?

Diese Kampagne dient eindeutig der Rechtfertigung einer weiteren Rechtsentwicklung in der Innen- und Außenpolitik. Als vor einigen Jahren die Bundesländer neue Polizeigesetze verabschiedeten, sahen sie sich großen Protesten gegenüber. Mit der Kampagne soll dagegen unter den Massen eine Zustimmung für Drohnen, Bodycams, für mehr Rechte und härtere Einsätze von Polizei und Co. geschaffen werden. Unter dem Strich eine Faschisierung des Staatsapparates. Besonders soll die Kampagne die immer reaktionärere Flüchtlingspolitik der EU rechtfertigen und verstärkte Abschiebungen aus Deutschland vorbereiten. In demagogischer Weise wird dazu eine systematische Täter-Opfer-Umkehr betrieben. So deckte die Neuauflage „Schwarzbuch Pushback“ anhand von 1.600 dokumentierten Fällen massenhaften Rechtsbruch und faschistoide Gewalt gegen Flüchtlinge durch europäische Staaten und den EU-Grenzschutz Frontex auf. Tagtäglich finden menschenverachtende Szenen an Europas Außengrenzen statt, werden Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, gezwungen, sich nackt auszuziehen, mit Schlagstöcken und Elektroschocks malträtiert oder es werden gar Scheinexekutionen durchgeführt. Die rassistische Hetze im Innern soll Akzeptanz für eine solche Politik schaffen.

 

Im Interview mit der Roten Fahne sagt Gabi Fechtner: „Warum wird eigentlich immer die Nationalität eines Gewalttäters betont? Der Informationsgehalt wäre viel höher, wenn in den Nachrichten über die Klassenzugehörigkeit von Kriegstreibern oder die weltanschaulich faschistische Gesinnung der meist als »verwirrte Einzeltäter« verharmlosten Attentäter informiert würde. Es wäre dann schnell auszumachen, dass der größte Anteil der Gewalt auf der Welt von imperialistischen, reaktionären und faschistischen Kräften ausgeht.“

 

Gegen die reaktionäre Kampagne von CDU und AfD braucht es systematische Aufklärungsarbeit und eine Offensive des proletarischen Internationalismus. Statt sich nach Herkunft spalten zu lassen, müssen die Arbeiter und Unterdrückten gemeinsam den Kampf um eine befreite Gesellschaft aufnehmen.