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Wer ist eigentlich Rheinmetall? - Am Pranger von Antikriegsprotesten

Letztes Jahr hat der Bundestag eine zusätzliche Ausrüstung der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro beschlossen [1]. Erste Frage: Wer hat schon mal mit einer 1 und 11 Nullen dahinter gerechnet? Oder ein Vorstellung, was man mit den Euros noch hätte machen können?

Von der Widerstandsgruppe Düsseldorf
Wer ist eigentlich Rheinmetall? - Am Pranger von Antikriegsprotesten
Messestand von Rheinmetall (shutterstock_441417229)

Zum Beispiel könnte man für die nächsten 555,5 Jahre die Lebensmittel bezahlen, die jährlich an den 2.000 Ausgabestellen von allen Tafeln in Deutschland verteilt werden. Allein 2021 waren das Lebensmittel im Wert von 180 Millionen Euro. [2]

 

Nicht alle Milliarden wird Rheinmetall allein kassieren, aber nach Airbus als zweitgrößter deutscher Rüstungskonzern, der auf Panzer, Flugabwehrsystem und andere Militärfahrzeuge samt der entsprechende Munition spezialisiert ist, sicher einen Großteil. Nur zwei Tage, nachdem Bundeskanzler Scholz das sogenannte 100-Milliarden-Euro Bundeswehr-Sondervermögen ankündigte, lieferte Rheinmetall eine aktuelle Lieferliste in Höhe von 42 Mrd. Euro zur Unterschrift bei der Regierung ab [3].

Wer oder was ist also Rheinmetall?

Rheinmetall wurde 1889 in Düsseldorf gegründet und ist heute ein internationaler Rüstungskonzern, der Waffen und Munition in 139 Länder liefert, die er weltweit an 133 Standorten mit rund 24.000 Beschäftigten produzieren lässt. Davon sind rund 12.000 an 42 Standorten in Deutschland beschäftigt [4].

 

In Düsseldorf ist weiterhin Sitz der Konzernzentrale, aber keine Waffenproduktion mehr. Ein Hauptgrund dafür ist, dass modernes Kriegsgerät aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten besteht, die meist technologisch sehr komplex und anspruchsvoll sind. Panzerschmieden die aus einem Stahlwerk mit angeschlossener Weiterverarbeitung  bestehen, gehören der Vergangenheit an. So zählt heute Rheinmetall im In- und Ausland über 200 Zulieferer bzw. Beteiligungen an anderen Konzernen.

 

Rheinmetall ist fest in der Hand des internationalen Finanzkapitals, welches 83% des Aktienkapitals besitzt. Den größten stimmberechtigten Aktienanteil besitzen so genannte institutionellen Investoren aus den USA. Unter anderem Black Rock, der größten Vermögensverwalter der Welt. Dessen Aufsichtsratsvorsitzender in Deutschland von 2016 bis 2020 der heutige CDU Vorsitzende Friedrich Merz war, mit engsten Verbindungen zu Rheinmetall. Insgesamt funktioniert Rheinmetall, wie andere Rüstungskonzerne auch, nur mit einem engen Geflecht von Konzern- und Finanzmanagern sowie bürgerlichen Spitzenpolitikern.

 

Rheinmetall Vorstandsvorsitzender Armin Papperger ist gleichzeitig Präsident des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, der wiederum Mitglied des Förderkreises Deutsches Heer ist. Ebenfalls „ehrenamtliches“ Mitglied im Förderkreis und mindestens drei weiteren Lobbyorganisationen der Rüstungsindustrie ist zum Beispiel die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Dass sie besonders lauthals und in den Medien allgegenwärtig die Wünsche und Forderungen der Rüstungsindustrie vertritt liegt wohl auch daran, dass die Rheinmetall-Konzernzentrale in ihrem Düsseldorfer Wahlkreis liegt. [5]

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist nur ein Beispiel von vielen

  • Vorstandsmitglied Philipp von Brandenstein war zuvor von 2007 bis 2009 persönlicher Referent des ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).
  • Im Mai 2017 wurde der ehemalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) in den Aufsichtsrat von Rheinmetall gewählt.
  • Leiter der Rheinmetall-Abteilung für „Internationale Strategieentwicklung und Regierungsbeziehungen“ ist der ehemalige Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) und gleichzeitig offizieller Vertreter von Rheinmetall in Berlin. Niebel war als Bundesminister Mitglied im Bundessicherheitsrat und hat mit über Waffenexporte entschieden.[6] usw., usf.

 

Wen wundert es, dass die bürgerliche Politik in Berlin alles absegnet, was die Rüstungsindustrie fordert und macht. Denn das Wesen dieses undurchsichtigen Geflechts des staatsmonopolistischen Kapitalismus ist, dass sich die internationalen Übermonopole den Staat vollkommen untergeordnet haben, die Organe des Monopolkapitals ... mit den Organen des Staatsapparats verschmolzen sind und ihre allseitige Herrschaft über die gesamte Gesellschaft ... errichtet haben [7].

100 Milliarden sind ihnen zu wenig

So verwundert es nicht, dass sich das internationale Finanzkapital und die Rüstungsindustrie mit den 100 Extra-Milliarden nicht zufrieden geben. Für Rheinmetallchef Papperger sind sie lediglich ein Strohfeuer: „Wenn die 100 Milliarden Euro in den nächsten vier oder fünf Jahren zusätzlich zum regulären Verteidigungsbudget von rund 50 Milliarden Euro investiert werden, erreichen wir ja das Zweiprozent-Ziel. Aber wenn wir die zwei Prozent nach den vier (Jahren) nicht halten, droht ein Strohfeuer. Dann werden wir die Bundeswehr nicht so stark halten, wie es nötig ist.“ [8]

 

Nur ein halbes Jahr später hat der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in einem seiner ersten Interviews nichts anderes zu sagen als dem Rheinmetall Chef fast wörtlich nachzuplappern: "Die 100 Milliarden werden nicht reichen", sagte Pistorius der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf das im vergangenen Jahr eingerichtete Sondervermögen. Auch den regulären Verteidigungsetat in Höhe von derzeit jährlich etwa 50 Milliarden Euro hält er für zu wenig. "Ich gehe nicht davon aus, dass das reicht". (SZ vom 27.01.23)

 

Dass Rheinmetall nicht auf die Bewilligung von weiteren Rüstungsgeldern wartet, sondern Fakten schafft, berichtet bereits Willi Dickhut, der 1927/1928 bei Rheinmetall in Düsseldorf als Mechaniker arbeitete: „Bei Rheinmetall wurde aber bereits die Panzertürme für den Kreuzer gebaut, auch ohne Bewilligung durch den Reichstag.“ Ausführlich schildert Willi Dickhut in dem Buch „So war's damals" seine Arbeit in dem Rüstungsbetrieb und vor allem die verdeckte Arbeit der KPD unter den Arbeitern bis hin zu kurzen Streiks und als Grundlage für die Aufklärung breiter Bevölkerungsschichten über die damaligen Kriegsvorbereitung. Jedem, der heute den Dritten Weltkrieg erfolgreich verhindern will, ist das Buch zu empfehlen.

So war's damals...

563 Seiten

14 €

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Teil 2: Das geschah danach

„Stoppt die Kriegstreiberei! - Wir zahlen nicht für eure Kriege!“

Doeer Tage, in denen sich der Kriegsbeginn um die Ukraine zum ersten Mal jährt, ist Rheinmetall zu Recht Objekt von Protestkundgebungen. So hatte die Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland (ATIF) für den 11. Februar zu einer Kundgebung aufgerufen. Mit Transparenten und Plakaten in deutsch und türkisch brachten ca. 40 Teilnehmer ihren Protest gegen die Waffenexporte, gegen die Verlängerung und Verschärfung des Ukrainekriegs zum Ausdruck. Neben den Fahnen der ATIF und Frauen- und Jugendorganisationen war auch eine Fahne der MLPD und des Internationalistischen Bündnisses zu sehen. Wir machten den Aufruf der Neuen Friedensbewegung dort bekannt und warben für die nächste Protestkundgebung am selben Ort, die am Freitag, 24.02.2023 um 17:30 stattfinden wird. Neue Veröffentlichungen der MLPD, auch das Buch "Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft" fand interessierte Abnehmer.

 

Flyer für die Proteskundgebung am 24. Februar