Chemiemonopole und Regierungen sind verantwortlich

Chemiemonopole und Regierungen sind verantwortlich

Ausbreitung des "Jahrhundertgifts" PFAS

Schon lange ist bekannt, wie gefährlich PFAS-Chemikalien für Mensch und Natur sind. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung haben recherchiert, warum es dennoch bis heute keine Grenzwerte für Grund- und Trinkwasser in Deutschland gibt. Ebenso wenig gibt es Verbote.

Von wb
Ausbreitung des "Jahrhundertgifts" PFAS
Verseuchte Papierschlämme als Düngemittel

Die Abkürzung PFAS steht für „per- und polyfluorierte Chemikalien“, eine Gruppe von mehr als 10.000 künstlich hergestellten Stoffen. PFAS sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und werden fast überall eingesetzt: In Regenjacken, Teflon-Pfannen, Kettenfett, Zahnseide, Burgerpapier, Kosmetik oder Handys.

Schwerwiegende Gesundheitsprobleme

An mehr als 1500 Orten lässt sich inzwischen in Deutschland das Jahrhundertgift PFAS nachweisen. Bekannt sind PFAS-Hotspots, wie im badischen Rastatt, wo dekontaminierter Papierschlamm auf Feldern verteilt wurde. Oder über den Düsseldorfer Flughafen, wo bei einem Großbrand PFAS-haltiger Löschschaum in Boden und Grundwasser floss. [1]

 

Nach heutigem Stand der Forschung gibt es schwerwiegende Gesundheitsprobleme: Krebserkrankungen, Schädigungen des Immunsystems und der Leber, Unfruchtbarkeit, Schwangerschaftskomplikationen,  Diabetesrisiko, Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. "Auch Regen ist gefährlich hoch mit den Schadstoffen belastet. Durch den Wasserkreislauf gelangen die Chemikalien selbst in die entlegensten Regionen der Erde und wurden bereits in der Antarktis und der Tibetanischen Hochebene nachgewiesen.“ [2] Denn wenn PFAS einmal in die Umwelt gelangt, dann bleibt es dort, weil kaum abbaubar.

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Man muss es deshalb als Verbrechen an der Menschheit und an der Umwelt bezeichnen, wenn erst zum 31. März ein Gesetz zu PFAS-Grenzwerte für das Trinkwasser im Bundestag verabschiedet werden soll, das ab 2026 (!) gilt. Zwei Jahre später sollen Grenzwerte „für vier besonders bedenkliche Stoffe“ kommen. [3]

Spurenverwischung, um die Monopole aus der Schusslinie zu nehmen

In der Arbeitsgruppe, die auf Initiative des Bundesumweltministerium 2016 ihre Arbeit aufnahm, setzten v.a. Bayer, BASF und ihr Verband der Chemischen Industrie (VCI) “die freiwillige Umsetzung von Maßnahmen“ durch. Obwohl weitgehend wirkungslos, bewertet der VCI den sogenannten „Spurenstoffdialog als positiv“. Und „laut BASF seien 'umfassende und direkte Verbote nicht immer der richtige Weg zum Ziel", besonders, wenn es sich um Produkte mit einem "wertvollen Nutzen für den Menschen" handele.3 Darunter verstehen die  Monopolen den Einsatz des „Jahrhundertgiftes“ zum Nutzen für die Profitmaximierung!

Unsere Lebensgewohnheiten seien schuld

Nach Thomas Kullick vom VCI „sei nur konsequent, 'wenn der Bürger für seine Lebensgewohnheiten' und deren Folgen 'auch letztendlich finanziell' aufkomme.“. So kündigt das Bundesgesundheitsministerum an, dass durch die neue Trinkwasserversorgung die Wasserpreise drastisch steigen könnten. Das stößt z.B. bei Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) auf heftigen Widerspruch: „Die Industrie stehle sich aus der Verantwortung, indem sie sage: 'Wir kriegen weiterhin die Lizenz zur Verschmutzung und die anderen müssen sich darum kümmern, wie sie das Zeug wieder rausholen und haben es auch noch zu bezahlen.“'3

Monopole und Verbände laufen Sturm gegen Verbote

Vor allem der europäische Verband der Chemischen Industrie (CEFIC) unter der Leitung des BASF-Chefs Martin Brudermüller wollen das von der Europäischen Kommission und der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) angestrebte Verbot verhindern: nämlich das von den zwei Stoffgruppen der fluorierten Gase und der Fluorkunststoffe, die Fachleute "Fluorpolymere" nennen. Sie fürchten um die „Wettbewerbsfähigkeit“ und Weltmarktposition der Chemiemonopole. Natürlich verpackt in der angeblichen Sorge für die Arbeitsplätze. Doch diese werden, wie auch die Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, für die Profitmaximierung zerstört.

 

Die Monopolverbände berufen sich bei ihrem Widerstand gegen Verbote auf Studien zu Fluorpolymeren, die in sich wissenschaftlich dünkenden Magazinen veröffentlicht wurden - allerdings unter anderem finanziert von Unternehmen der PFAS-Branche. Auch behaupten sie, dass das Verbot der  ganzen PFAS-Gruppe „schlicht unwissenschaftlich“ sei:  "In der Anwendung sind Fluorpolymere nach OECD-Kriterien ‘products of low concern'. Das heißt, es sind sichere Substanzen, die keiner zusätzlichen Regulierung bedürfen."1

 

Dabei missbrauchen diese Monopolvertreter die bisherige Regel, dass ein Stoff erst verboten werden kann, wenn aufwendige Nachweise über seine Umwelt- und Gesundheitsgefährlichkeit erbracht werden. Die bisherigen Erkenntnisse reichen aber längst aus, um daraus Verbote für die gesamte Stoffgruppe abzuleiten - aus Vorsorge für die Gesundheit der Menschheit! Manche Wissenschaftler der Umwelt- und Medizinforschung gehen aufgrund der Verinnerlichung der kapitalistischen Ökonomie davor in die Knie: Verunreinigte Böden und Grundwasser von PFAS zu befreien sei ein schwieriges Unterfangen, extrem kostspielig und es gäbe noch nicht für jeden Einsatz unbedenkliche Ersatzstoffe. 

Die MLPD fordert [5]:

  • Allseitige Grundlagenforschung und umfassende Vorsorge bei der Einführung neuer Materialien und Technologien!
  • Entschiedener Kampf um höchste Standards in der Wasserwirtschaft!
  • Schnellstmögliches Verbot der Produktion, Verarbeitung und Freisetzung von PFAS!

 

Die zum Teil irreversible Schädigung der Menschen durch den jahrzehntelangen Einsatz von PFAS unterstreicht, dass der gesellschaftsverändernde Umweltkampf unter Führung des Industrieproletaraits weltweit an Fahrt aufnehmen muss!