Kampfkraft nicht voll entfaltet
Post: Kontroverse Diskussionen über das Verhandlungsergebnis
Bei der bis zum 8. März währenden Urabstimmung stimmten 85,9 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für einen unbefristeten Flächenstreik.
Mit einer solch beeindruckenden Streikbereitschaft hatte die Post AG nicht gerechnet. Die Kampfbereitschaft der Postler, das Urabstimmungsergebnis und die Aussircht auf einen unbefristeten gewerkschaftlichen Streik ist dem Postkonzern und der Regierung ganz offensichtlich in die Knochen gefahren. Umgehend setzte sie sich deshalb mit der ver.di-Führung in Verbindung und forderte diese zu einer neuen Verhandlungsrunde auf. „Dieser Forderung kommt ver.di nach“, reagierte daraufhin die stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.
Im Einzelnen sieht der Tarifvertrag, der eine Laufzeit von 24 Monaten bis 31. Dezember 2024 hat, folgende Regelungen vor: Die Tarifbeschäftigten sowie die Auszubildenden .. erhalten im April 2023 eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichssonderzahlung von 1.020 Euro, die in den folgenden 15 Monaten sich auf 3000 Euro summieren...; von Mai 2023 bis einschließlich März 2024 erhalten sie zudem eine monatliche steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichssonderzahlung in Höhe von 180 Euro ... Ab April 2024 erhalten alle Vollzeitbeschäftigten eine tabellenwirksame Festbetragserhöhung von monatlich 340 Euro, das entspricht in den unteren drei Entgeltgruppen einer Erhöhung von 16,1 bis elf Prozent. Zudem erwerben künftig neu eingestellte Beschäftigte bereits nach 30 Tagen Tätigkeit einen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt. [2]
Das wichtigste Zugeständnis der Post, das für die Postler wichtig ist, ist die tabellenwirksame Festbetragserhöhung von monatlich 340 Euro. Auch mit einer höheren „Inflationsausgleichssonderzahlung“ musste der Post-Vorstand Zugeständnisse an ver.di machen. Angesichts einer realen Inflation von 16-20% bei Arbeiterhaushalten bedeutet das aber weiterhin Reallohnverlust.
Unter den ver.di-Mitgliedern der Post, aber auch im öffentlichen Dienst der Kommunen wird das Verhandlungsergebnis kontrovers bewertet und diskutiert: Ein Teil der Kommentare [3] begrüßen das Verhandlungsergebnis: „Starker Abschluss! Herzlichen Glückwunsch!“, „Respekt“. Es kommt auch das Argument, dass in der heutigen Zeit nicht mehr zu erwarten war.
Andere stellen fest, dass das Verhandlungsergebnis nur „im ersten Moment tatsächlich gut klingt. Bei näherer Betrachtung allerdings nicht mehr. Anfangs ist nichts tabellenwirksam und dann die Laufzeit.“ „Bei dem Tarifabschluss für die Beschäftigten der Deutschen Post bleibt einem die Spucke weg. Mein Gott hat sich ver.di da über den Tisch ziehen lassen.“ „Echt schwacher Abschluss und das bei Milliardengewinnen“. Vor allem wird kritisiert: „Das Streikpotential wurde m. E. nicht genutzt. “Wie kann es überhaupt sein, dass sich ver.di über das Streikvotum hinwegsetzt? Und was passiert, wenn die Mitglieder dieses Angebot ablehnen (was ich wirklich hoffe).“
Das zeigt, dass Regierung und Monopolverbände mit Recht Angst haben, dass ein unbefristeter Streik bei der Post das gewachsene gewerkschaftliche und Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse und eine wachsende Kapitalismuskritik unter den Massen, weiter befeuern und auch in anderen Bereichen zu „richtige Streiks“ kommt. Die MLPD und ihre Betriebsgruppen und Mitglieder werden deshalb an der ver.di-Basis eine Kritikbewegung am Einknicken der rechten reformistischen Führung und die Ablehnung des faulen Verhandlungskompromisses in der Urabstimmung propagieren. Zugleich muss diese Diskussion zu neuen Impulsen in allen Gewerkschaften und Betrieben führen: Für die Vorbereitung und Organisierung von selbstständigen Streiks für einen monatlichen Lohnnachschlag als Festbetrag in der Höhe von 20 Prozent! Dazu braucht es auch die Positionierung für den aktiven Widerstands gegen die Weltkriegsgefahr und begonnene globale Umweltkatastrophe, sowie des revolutionären Kampfes für den echten Sozialismus.