Japan
Zum Tod des Nobelpreisträgers Kenzaburo Oe
Die Antikriegs- und die Anti-AKW-Bewegung verlor einen der ihren: Am 3. März 2023 starb der japanische Schriftsteller und Nobelpreisträger Kenzaburo Oe mit 88 Jahren. Ein herber Verlust, nicht nur für die japanische Antikriegs- und Anti-AKW-Bewegung.
Geboren 1935 auf der südjapanischen Insel Shikoku war er geprägt von den Auswirkungen des 2. Weltkrieges im Pazifik. Als Jugendlicher hatte er den den Abwurf der Atombombe erlebt. Das erschütterte ihn tief. Jahrzehnte später hält er fest: „Der Atombombenabwurf, den die Menschen in Hiroshima und Nagasaki erfahren haben, war die schlimmste – und das ist keine Übertreibung – Katastrophe des 20. Jahrhunderts.“ Aus den verheerenden Zerstörungen resultierte auch sein lebenslanger Protest gegen die Nutzung der Atomkraft. So nahm er nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 bis ins hohe Alter teil an Demonstrationen, die den Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft forderten.
Oe's schriftstellerisches Werk bezog politisch Stellung und verband Persönliches mit der gesellschaftlichen Entwicklung, verfolgte kritisch die Geschichte und Politik Japans. 1994 erhielt er den Nobelpreis für Literatur, was ihn im Westen erst bekannt machte.
Der Krieg spielte bis zuletzt eine zentrale Rolle in Oes Werk. Auch wenn er in ihm nicht die gesetzmäßige Folge imperialistischen Profit - und Machtstrebens erkannte, setzte er sich unablässig gegen die wachsende Aufrüstung und Militarisierung Japans ein. Oe verabscheute den japanischen Nationalismus, machte daraus öffentlich kein Hehl und zog sich deshalb die Anfeindungen der Rechten und Faschisten zu. Im fortgeschrittenen Alter veröffentlichte er seine "Okinawa-Notes", in denen er sich kritisch mit der US-Militärbasis befasste und ebenso japanische Kriegsverbrechen auf Okinawa verurteilte. Das brachte ihm und seinem Verlag einen Gerichtsprozess ein, der erst 2008 abgeschlossen wurde.
Doch er ließ sich weder einschüchtern noch beirren. Unermüdlich engagierte er sich gegen die Militarisierung Japans. Wohl deshalb bezeichnete er sich selbst einmal als "schwarzes Schaf" der japanischen Literatur und wurde gerade deshalb zu einem der wichtigsten Schriftsteller Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit ihm verstummte jetzt eine Stimme, die heute so dringend gebraucht wird. Sein Vermächtnis aber bleibt: "Ich mache mir um die Zukunft der Menschen Sorgen. In Japan, aber auch weltweit. Am meisten Angst habe ich aufgrund der Atomwaffen. Ich bin der Meinung, dass die verschwinden müssen."
Die Bücher von Kenzaburo Oe sind in deutscher Übersetzung im S.Fischer Verlag erschienen.