Ukraine

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Verwirrspiel mit dem Begriff „Banderismus“

Bekannt ist, dass der ehemalige Botschafter der Ukraine, Andrij Melnyk, in München am Grab von Stepan Bandera1 niederkniete. Viele waren empört, dass er überhaupt Botschafter in Deutschland sein konnte. Aber viele waren auch unsicher, wie Bandera und damit auch Melnyk einzuschätzen sei.

Von dj

Stepan Bandera gehörte seit Anfang der 1930er-Jahre zur Führung der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Ihr Ziel war ein ukrainischer faschistischer Staat, und dazu gehörte dessen Säuberung von Juden, Polen und Russen. Nach dem Einmarsch der Hitler-Faschisten in der westukrainischen Stadt Lviv wurde ihnen teilweise die Polizeigewalt übertragen. Mit ihrer Organisation unterstützten sie Hitler als Hilfspolizei bei der Ermordung von 800.000 Juden und über 60.000 Polen in der Ukraine.

 

Ein Teil dieser Organisation rief – unter Führung Banderas - eine eigene westukrainische Regierung aus, weswegen Bandera festgenommen wurde und im KZ Sachsenhausen einsaß. Deswegen wird er teilweise als Gegner von Hitler und somit als angeblicher „Nicht-Faschist“ verharmlost. Doch wenn zwei Faschisten um die Beherrschung desselben Landes konkurrieren, bleiben sie doch beide Faschisten, auch wenn einer von ihnen unterliegt. Die OUN erfüllte auch nach der Gefangennahme Banderas Hitlers Massenmordaufträge, die sie für ihre Ziel als dienlich ansah.

 

Stepan Bandera war zugleich ein fanatischer Antikommunist. Die OUN und ihr bewaffneter Arm, Ukrainische Aufstandsarmee (UPA), zu denen Bandera nach Kriegsende zurückgekehrt war, kämpften gegen den sozialistischen Wiederaufbau, der gleich nach dem Ende der faschistischen Okkupation, noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs, mit voller Kraft aufgenommen wurde. Sie brandschatzten und terrorisierten die Bevölkerung, wenn auch in rivalisierende Gruppen zersplittert, bis sie Mitte der 1950er-Jahre besiegt und vertrieben wurden.

 

Bandera wurde noch unter der Regierung Poroschenko zum „Held der Ukraine“ ernannt. Sein Geburtstag, der 1. Januar, ist nationaler Feiertag. Straßen werden nach ihm und nach anderen Führern der OUN, wie Roman Schuchewytsch, benannt. Auch in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia wird Banderea als „Nationalist“ bezeichnet. Doch das ist eine vollkommene Verharmlosung. Die Nationen entstanden durch die Entwicklung der Produktivkräfte und durch Migration. Gerade die ukrainische Nation besteht aus vielen Nationalitäten. Das Ziel Banderas war dagegen ein antikommunistischer, antisemitischer, antipolnischer und antirussischer faschistischer Staat. Dass er als „Held der Ukraine“ auch vom Selinskyj-Regime geehrt wird, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Gegenwart und die Ziele des Regimes.