Kindergrundsicherung

Kindergrundsicherung

200 Milliarden für die Bundeswehr – aber 12 Milliarden für Kinder sind zu viel?

Der aktuelle Streit um die Kindergrundsicherung, die im Koalitionsvertrag der Ampel festgeschrieben ist, zeigt die sich vertiefende latente Krise dieser Bundesregierung.

Von ffz
200 Milliarden für die Bundeswehr – aber 12 Milliarden für Kinder sind zu viel?
Die Jugend ist die Zukunft und muss entsprechend gefördert werden (rf-foto)

Sie zeigt auch, wie wenig den Monopolpolitikern – auch denen von SPD und Grünen, auch wenn sie im Moment noch so laut Kritik an FDP-Finanzminister Christian Lindner äußern – an Kindern, vor allem aus armen Familien liegt.

Um was geht es?

Die Kindergrundsicherung ist im Koalitionsvertrag der Ampel-Bundesregierung festgeschrieben. Ihr Zweck ist der, für Kinder aus armen Familien bzw. aus Familien die Bürgergeld erhalten, unbürokratischere Zuschüsse bereitzustellen. Bei der Kindergrundsicherung sollen mehrere Leistungen zusammengefasst werden: das Kindergeld und der Kinderfreibetrag, der Kinderzuschlag, Teile des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets sowie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch. Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung aus zwei Teilen bestehen. Der eine Teil ist ein fixer Grundbetrag, der andere ein flexibler Zusatzbetrag. 250 Euro monatlich ist die Höhe des fixen Grundbetrags. Familien mit geringem Einkommen sollen einen Zusatzbeitrag, der aus einer Pauschale für Bildung und Teilhabe in Höhe von derzeit 15 Euro sowie einer Kinderwohnkostenpauschale, aktuell 150 Euro, besteht, erhalten.

 

Dieses Projekt hat Bundesfinanzminister Lindner jetzt erst mal auf Eis gelegt. Er verweist auf die Erhöhung des Kindergelds auf 250 Euro. Zu Recht wird das von Gewerkschaften und Sozialverbänden kritisiert. Was Lindner verschweigt: Während die 250 Euro Kindergeld alles sind, was arme und Bürgergeld-Familien erhalten, erhalten Spitzenverdiener über den Kinderfreibetrag monatlich 354 Euro (www.tagesschau.de, 4.4. 2023). Abgesehen davon: Die betroffenen Familien haben gar nichts vom höheren Kindergeld, weil es mit dem Bürgergeld für ihre Kinder voll verrechnet wird bzw. auch der höhere Kinderzuschlag bringt ihnen nichts, wenn sie das dafür nötige Mindesteinkommen nicht haben (ebenda). So viel zu Lindners Erklärung, mit der Erhöhung des Kindergelds sei „das Wesentliche für die Kindergrundsicherung getan“. Was Lindner auch verschweigt: Der Staat ist immer auch ein Profiteur einer so hohen Inflation, wie wir sie aktuell haben, da er nun relativ problemlos seine jetzt wertlos gewordenen Schulden tilgen und Investitionen finanzieren kann. Im Klartext: Als Inflationsgewinnler hat er sogar noch Überschuss erwirtschaftet, erklärt jetzt aber, für arme Kinder und ihre Familien sei kein Geld da. Unverschämt schlägt Lindner dann auch noch vor, dass „insbesondere Spracherwerb und Bildung bei den Eltern“ gefördert werden müssten, „damit sie auf dem Arbeitsmarkt ein eigenes Einkommen erzielen können“ (ebenda). Heißt nichts anderes als: Die Eltern sind selber schuld daran, wenn sie arm sind, da sie "ungebildet" seien bzw. die Sprache nicht richtig könnten.

 

Das bedient auch die aktuell laufende Hetzkampagne gegen Flüchtlinge. So schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Artikel „Kindergrundsicherung: Die Ampel scheitert an der Sozialpolitik“, das seit 2015 mehr als eine halbe Million Kinder aus Asylherkunftsländern und der Ukraine neu ins Bürgergeld hineingekommen seien. Dies soll deutsche und migrantische Massen spalten. Die eigentlichen Gründe für die hohe Armutsquote von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sollen verschleiert werden.

Für was will Lindner stattdessen Geld ausgeben?

Der Bundesfinanzminister erklärt als Prioritäten für den Haushalt 2024 „die Erneuerung der Infrastruktur aller Verkehrsträger, Digitalisierung des Staates, Ertüchtigung der Bundeswehr, Stärkung von Bildung und Forschung, Modernisierung von Handwerk, Mittelstand und Industrie“. Also alles Projekte, die im Sinne der herrschenden Monopole sind. So erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner, im vergangenen März, dass die EU Planungs- und Genehmigungsverfahren für alle Sektoren beschleunigen müsse. „Dauerhaft wettbewerbsfähige Energiepreise, der unbürokratische Zugang zu Fördermitteln und Investitionsprogrammen sowie der Zugang zu den notwendigen Rohstoffen im Übergang zur Netto-Null-Wirtschaft seien von zentraler Bedeutung“ (www.mdr.de, 23.3.2023). Das dabei keine 12 Milliarden Euro für arme Kinder auf Lindners Rechnung auftauchen, ist praktisch logisch. Im Auftrag des deutschen Imperialismus muss ja schließlich die Bundeswehr mit 200 Milliarden Euro kriegseinsatztauglich gemacht werden.

 

Die Kritik an Lindner ist natürlich berechtigt, aber wenn sich jetzt vor allem die SPD und die Grünen als Wahrer von Kinderinteressen zu Wort melden, ist das mehr als zynisch. Schließlich waren sie es, die unter dem Kanzler Gerhard Schröder, seinerzeit mit dem Schandgesetz Hartz IV die Verarmung großer Teile der Massen - und damit auch der Kinder - aktiv beschlossen hatten - unter Beteiligung des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD).

 

Derselbe steht aktuell wegen seines latenten Gedächtnisverlusts in Sachen Cum-Ex-Skandal rund um die Hamburger Warburg-Bank doppelt unter Druck. Menschen durch Hartz IV in die Armut stoßen, Banken Gelder zuschanzen und die Bundeswehr als Instrument des deutschen Imperialismus aufrüsten, das ist die Agenda des SPD-Kanzlers.

 

Die Forderung nach der Kindergrundsicherung ist berechtigt, aber sie greift selbst noch viel zu kurz. Wie wäre es, wenn das Vermögen der in Deutschland bekannten 213 Milliardäre drastisch besteuert würde? Wie wäre es mit einer Erhöhung der Unternehmenssteuern? Wie wäre es mit der Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, damit endlich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können und mehr Menschen in Arbeit kommen? Der Kampf für die Kindergrundsicherung und die anderen Forderungen muss geführt werden, eine richtige Alternative für eine Zukunft der Kinder und gegen die  Verarmung breiterer Teile der Massen in Deutschland ist allerdings der echte Sozialismus, in dem der Armut endgültig der Kampf angesagt werden wird. Dafür gilt es sich einzusetzen.

 

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