Keine AKW-Renaissance!

Keine AKW-Renaissance!

Heute gehen die letzten drei AKWs in Deutschland vom Netz - Erfolg des Widerstands

Am heutigen Samstag gehen die drei verbliebenen Kernkraftwerke - Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg - vom Netz. Das sollte gemäß Atomgesetz eigentlich schon Ende 2022 geschehen. Doch die Bundesregierung beschloss eine Laufzeitverlängerung, genannt "Streckbetrieb".

Von gos/gis
Heute gehen die letzten drei AKWs in Deutschland vom Netz - Erfolg des Widerstands
(rf-foto)

Der Ausstieg aus der brandgefährlichen Nutzung der Atomkraft als Energiequelle ist ein Erfolg des jahrzehntelangen Widerstands der Anti-AKW- und Umweltbewegung. Die MLPD-Umweltgruppe Heilbronn schreibt anlässlich des heutigen Abschaltfests in Neckarwestheim: "Wir können stolz sein auf die Ausdauer in Kampf mit einem mächtigen Gegner. Weltweit betrachtet ist das Abschalten der deutschen Atomkraftwerke erst ein kleiner Schritt. Radioaktivität kennt keine Grenzen. Das wissen wir nicht nur durch Tschernobyl und Fukushima. Es ist bewiesen, dass die radioaktive Strahlung auch im „normalen“, unfallfreien Betrieb von AKWs zur Schädigung von Zellen und damit zu Krebserkrankungen führt. Atomstrom ist verantwortungslos gegenüber heutigen und künftigen Generationen. Atommüll strahlt Hunderttausende von Jahren. Er kann prinzipiell nicht beseitigt werden, weder im Weltall, noch im Erdinnern. Es gibt weltweit noch keine Lösung für ein Endlager. ... Wir blicken an diesem Tag nach vorn: Für die Stilllegung aller Atomanlagen – weltweit – sofort! Aktiver Widerstand gegen die globale Umweltkatastrophe! Für 100 % erneuerbare Energie!"

Erfolg des Widerstands

1958 wollte CSU-Atomminister Franz Josef Strauß die neue Bundeswehr atomar bewaffnen. Hunderttausende Arbeiter gingen dagegen auf die Straße. Oft in Viererreihen, im Gleichschritt marschierten sie aus den Betrieben zu den machtvollen Kundgebungen. Diese Stärke war so beeindruckend, dass seither – bis zu den Tagen der Ampel – niemand mehr über dieses Thema sprach. Dies befeuerte auch die junge Anti-AKW-Bewegung. Ab Ende der 1960er Jahre gab es örtliche Proteste gegen jedes neu geplante AKW.

 

Whyl am Kaiserstuhl. Jahrelange Proteste gegen einen Neubau gipfelten 1975 in der Besetzung des Baugeländes durch 28.000 Demonstranten. 1977 wurde der Bau eingestellt. Es folgten in den 1970er Jahren weiter große Proteste in Brokdorf, Grohnde, Gorleben. 1979 kam es zu einer Kernschmelze in dem Reaktor Three Mile Island in Harrisburg/USA – in Gorleben demonstrierten 100 000 Atomkraftgegner. Ebenso viele kamen im Oktober 1979 in den Bonner Hofgarten. Gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf gab es 880.000 Einsprüche. Durch den aktiven Widerstand steckte die CSU-Regierung von Bayern eine solche Klatsche ein, dass sie die WAA Wackersdorf aufgeben musste. Und dann kam die Katastrophe von Tschernobyl im April 1986: Ein Aufschrei ging durch die BRD. Kanzler Kohl musste die Reduzierung der Atomkraft um 50 % verkünden. Gegen die Castor-Atommülltransporte durch die BRD gab es Proteste von Zigtausenden; auch der REBELL beteiligte sich damals am „Schottern“, der Blockade der Bahngleise. Großproteste gab es auch erfolgreich gegen den schnellen Brüter in Kalkar. Er wurde zwar fertig gebaut, aber nie in Betrieb genommen. Die MLPD beteiligte sich aktiv an den Protesten.

Weltweite wirkungsvolle Kampagne und Massenwiderstand in Deutschland

Fukushima hat endgültig das Märchen von der sicheren Atomenergie zunichte gemacht. 18.000 Menschen starben durch den Tsunami, 165.000 Menschen mussten evakuiert werden. Der Super-GAU in Fukushima löste eine weltweite gewaltige Protestwelle aus. Am 26. März 2011 forderten 250.000 Demonstranten in Berlin, Hamburg, Köln und München den sofortigen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie. In Japan waren es Hunderttausende, die die Regierung dazu zwangen, alle 54 Atomkraftwerke in Japan abzuschalten. Die beiden internationalen revolutionären Organisationen ICOR und ILPS ergriffen die Initiative für eine weltweite Kampagne zur Stilllegung aller Atomkraftwerke. In Deutschland waren vor allem die Montagsdemonstrationen Zentren des aktiven Widerstands. Unter dem Druck der Massen setzte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Kehrtwende in der Bundesregierung durch. Entgegen der noch 2010 beschlossenen Verlängerung der Laufzeiten für die AKWs wurde der Atomausstieg beschlossen, dessen Schlusspunkt wir heute erleben.

Oder etwa doch nicht?

Seit Tagen und Wochen hämmern die Befürworter der Renaissance von Atomkraftwerken durch alle Kanäle auf die Leute ein, bis in Umfragen 59 Prozent der deutschen Bevölkerung die Abschaltung der AKWs falsch finden. Markus Söder, Christian Lindner, AKW-Betreiber; auch Ricarda Lang von den Grünen ist keineswegs grundsätzlich gegen die Weiternutzung von Atomenergie. Eric Gujer von der Neuen Züricher Zeitung schreibt: "Die Folge des irrationalen Entscheids: Die deutsche Klimabilanz verschlechtert sich. Nicht nur wegen des Verzichts auf russisches Gas, sondern auch wegen des seit einigen Jahren forcierten Atomausstiegs nimmt der Anteil des Kohlestroms zu. Der Grund hierfür ist pure Ideologie. ... Atomkraft ist CO2-arm, und sie steht im Gegensatz zu Wind- und Sonnenstrom Tag und Nacht zur Verfügung." Da hat der Mann Tomaten auf den Augen.

 

  • Aktuelle Zahlen des Fraunhofer-Instituts bestätigen, dass Deutschland im Jahr 2022 mit neun Terawattstunden deutlich mehr Strom ins Ausland exportiert hat als überhaupt Kernenergie erzeugt wurde (sechs Terawattstunden).
  • Der Anteil des Kohlestroms muss überhaupt nicht zunehmen, wenn eine volle Konzentration auf Produktion und Vertrieb erneuerbarer Energien, insbesondere auch dezentral, erfolgt.
  • Atomenergie ist nicht CO2-arm. Für ihren Betrieb braucht man: Uranbergwerke, Urantransport, Uranerz-Aufbereitungsanlagen, AKW-Baustellen (oft 10 Jahre lang und mehr), AKW-Abriss-Baustellen, Atommüll-Transporte usw. Atomstrom ist nicht billlig. Er ist für die Steuerzahler und Haushalte sehr teuer: Sie bezahlen Atomstrom dreifach mit den Kosten für Forschung und Entwicklung, im laufenden Betrieb und beim Rückbau.
  • Parallel zum Ausbau der Energiegewinnung aus Wind und Sonne kann man - wenn man will! - neue Energiespeichersysteme und netzbildende Umrichtersysteme entwickeln.
  • Die vielgepriesenen Mini-Reaktoren sind keine Lösung. Unfälle seien unwahrscheinlicher; ausgeschlossen sind sie nicht. Die Menge des allein durch ausgebrannten Brennstoff verursachten Atommülls läge - gemessen an der erzeugten Leistung - fünfmal höher als bei den herkömmlichen Reaktoren. „Umfassende Erfahrungen mit Atomkraftwerken aus 60 Jahren belegen, dass eine fehlerfreie Handhabung nicht möglich ist. Seit den frühen 1950er Jahren kam es weltweit zu 20 Kernschmelzen in militärischen und kommerziellen Reaktoren" - so Stefan Engel in "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?"

Wird vertuscht: Unentbehrlich für die Herstellung von Atomwaffen

In Deutschland ist man stets bemüht, den Zusammenhang zwischen ziviler und militärische Nutzung zu vertuschen. Warum wird der Reaktor in Garching mit hoch angereichertem und waffenfähigem Uran auf unbestimmte Zeit betrieben? In Büchel sind amerikanische Atomwaffen stationiert. Die Ampel-Regierung schafft sich noch F-35 Tarnkappenbomber an, welche als Trägerwaffen für Atombomben dienen können. Deutschland will zur militärischen Führungsmacht in Europa werden. Ohne Atomwaffen ist das nicht möglich. Daher die geplante Renaissance der Atomindustrie.

 

  • Umwelt- und neue Friedensbewegung gemeinsam: Weltweite Stilllegung aller Atomkraftwerke!
  • Verbot und die Vernichtung aller atomaren, biologischen und chemischen Waffen!
  • Aktiver Widerstand gegen Umweltkatastrophe und Weltkriegsvorbereitung!