Nullemissions-Strategie ist grüner Lack

Nullemissions-Strategie ist grüner Lack

Bericht von der Betriebsversammlung bei MAN in Nürnberg

Am 22. März 2023 feierte der MAN-Vorstand in Nürnberg Richtfest für die neue Halle M 17, in welcher der neue 13-Liter-Dieselmotor CBE (common-base-engine) gebaut wird. Im Anschluss fand die Betriebsversammlung statt.

Von Korrespondenten
Bericht von der Betriebsversammlung bei MAN in Nürnberg
An verschiedenen Standorten von MAN, wie hier in Salzgitter, wurde schon 2020 gegen die Arbeitsplatzvernichtung protestiert (rf-foto)

Es ist der erste Motor, der im Baukastensystem mit Traton hier nur gebaut wird und von Scania entwickelt wurde. 160 Arbeitsplätze sollen im 3-Schicht-Betrieb entstehen. Aber viel mehr Teile als bei bisherigen Motoren werden zugekauft. So dass unterm Strich Arbeitsplätze abgebaut werden. Das betrifft die Schließung der Gießerei Mitte August und der Halle M2 Ende 2023.

 

Alle Kolleginnen und Kollegen aus den betroffenen Bereichen sollen Ersatzarbeitsplätze bekommen. Viele berichten aber von einem hohen Druck bis zur Einschüchterung: „Wenn du nicht mitmachst, alle Schichten, usw., sieht es für dich schlecht aus“. Davon spricht der Vorstand, Alexander Vlaskamp (Vorstandsvorsitzender von MAN Truck&Bus), welcher an diesem Tag extra nach Nürnberg gekommen ist, nicht. Er stellt die neuesten Strategien vor: „Wir verfolgen bei MAN Truck & Bus eine klare Zero-Emission-Strategie. Schon 2023 sollen 50% unserer Fahrzeuge … über lokal emissionsfreie Antriebe verfügen.“ Eine Halle für die Batteriepack-Fertigung wurde bereits 2022 eröffnet. Ab 2024 sollen LKWs beider Antriebsarten, Diesel und Batterie, vom Band laufen. 2022 lief es für MAN gut.

 

Doch so widerspruchsfrei, wie uns versichert wird, läuft das nicht.

  1. Die Nullemissionstrategie grüner Lack! In Wirklichkeit bleibt der Fokus der Antriebe auf Verbrenner. Neben einem geringen Anteil an E-Antrieben, werden vor allem Dieselaggregate gebaut, welche später mit der neuen Kategorie der E-fuel-Antriebe fortgesetzt werden. Das sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Im Idealfall wird der Sprit ohne Rohöl und mit dem Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt. Das Verfahren ist ineffizient, teuer und lohnt sich, wie man munkelt, für Porsche, weniger für Nutzfahrzeuge. Egal, wie man es nennt, die Verbrennung von Kohle, Öl, Gas ist einfach zu schade. Eine sozial-ökologische Transformation ist im Kapitalismus mit seiner Profitwirtschaft eine Illusion.

  2. Das alles wird auf Kosten der Belegschaft ausgetragen. Kollegen berichten, wie die Ausbeutung intensiviert wird. Dazu werden auch die rund 300 Leiharbeiter genutzt, von denen nun 20 fest übernommen wurden. Viele Kollegen packen die Arbeit nicht bis zum vollen Rentenalter und nehmen mit der Altersteilzeit einen finanziellen Schaden hin. Die ständige Flexibilisierung auf Grund von Lieferproblemen baden die Kollegen aus. Das ist eine enorme physische und psychische Belastung. Die Inflation betrug im Januar offiziell 8, 7%. Das Ergebnis unserer Tarifrunde wird umgehend aufgefressen. Da muss ein Lohnnachschlag her.


    Aber auch das gesamte Entgeltsystem war Thema dieser Versammlung. Der Betriebsrat protestierte gegen die massive Kürzung ihres Entgelts durch die MAN-Geschäftsleitung. Z.B. wurde der BR-Vorsitzende aus Nürnberg, Markus Wansch, von EG 10 auf 6 abgruppiert, weil er das zu Beginn seiner BR-Tätigkeit auch verdiente. Dagegen klagt der BR vor dem Arbeitsgericht. MAN beruft sich auf ein BGH-Urteil, nach dem den VW-Betriebsräten zu hohe Gehälter gezahlt wurden. Bekanntes Beispiel ist der ehemalige BR-Vorsitzende Bernd Osterloh. Die Aussage eines BRs: „65 Jahre lang habe die Entlohnung bei MAN gepasst. Lasst uns in Ruh!“, ließ einige Kollegen aufhorchen und sie machten ihre eigene Rechnung auf. Sie erzählten, was alles schon sehr lange an der Entlohnung nicht passt. So arbeiten ehemalige Leiharbeiter noch in der EG 4, usw. Doch die Frage der Entlohnung ist angesichts des ständigen Reallohnverlusts für Beschäftigte noch viel weiter zu stellen. Bereits in der Tarifrunde diskutierten wir die Forderung von Karl Marx: Nieder mit dem Lohnsystem! Weil er nachwies, dass der Kapitalismus auf der Ausbeutung beruht und es hier keinen fairen Lohn gibt.


  3. Angesichts der ganzen Krisenhaftigkeit müssen wir uns auf härtere Auseinandersetzungen einstellen. Nicht zur Sprache kam die gewachsene Weltkriegsgefahr, an der Betriebe wie MAN verdienen. MAN hat, obwohl die Produktion unter dem Vorjahresstand blieb, ihren offiziellen Gewinn leicht gesteigert. Sie lassen sich auch immer mehr Kosten vom Staat subventionieren. Die Bundesagentur für Arbeit könne der MAN künftig fünf zusätzliche Azubis in Nürnberg bezahlen. Die Selbstbedienungsmentalität großer Konzerne ist dreist, ebenso die Willfährigkeit der bürgerlichen Politiker, Steuergelder zu verschenken. Um aus der Weltwirtschaftskrise herauszukommen, wird überschüssiges Kapital vernichtet. Das wird Bereiche wie Entwicklung, Einkauf und Fertigung betreffen. Dabei stecken sie in einem Dilemma, denn schon jetzt ist der Fachkräftemangel auch bei MAN enorm. Der BR versucht, dem entgegenzuwirken. Er fordert die Einstellung weiterer Azubis und pocht darauf, die Zahl der 3.100 Beschäftigten nicht zu unterschreiten. Das ist alles noch sehr defensiv. Um Beschäftigte zu halten und neue Arbeitsplätze zu schaffen, müssen wir mit den Arbeitszeiten runter. Die Debatte um die Arbeitszeit hat längst begonnen. 30 Stunden bei vollem Lohnausgleich sind durch den gesellschaftlichen Fortschritt längst erwirtschaftet. Die Arbeiterklasse muss in die Offensive kommen.