Hintergrund Japan

Hintergrund Japan

Der Tradition des chauvinistischen Kaiserreichs verpflichtet

In den vergangenen Monaten hat Japan massiv aufgerüstet. Dabei handelt es sich nur zum kleineren Teil um eine Reaktion auf die akute militärische Krise im imperialistischen Weltsystem, denn die japanischen Regierungen arbeiten schon lange auf die Wiederherstellung ihres Großmachtstatus hin.

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Der Tradition des chauvinistischen Kaiserreichs verpflichtet
Die japanischen "Selbstverteidigungsstreitkräfte": Unter alten Fahnen bereit für neue Eroberungen. (Bild: MIKI Yoshihito)

Das „pazifistische Land“, wie in in bundesdeutschen Medien dieser Tage betont wird, mache, so sagen sie, eine „Zeitenwende“ nach dem Schema des BRD-Imperialismus durch. Unter dem Vorwand der Reaktion auf Chinas Taiwan-Politik will Japan bis 2027 seine Militärausgaben auf 2 Prozent des BIP steigern – NATO-Standard, allerdings ohne, dass Japan in der NATO Mitglied wäre. Dazu kommt, dass sich Japan nun das Recht zu „Gegenschlägen“ nimmt.

 

Das künftige Rüstungsbudget entspräche 80 Milliarden Euro. Damit hätte Japan den drittgrößten Militärhaushalt weltweit. Bereits seit dem letzten Jahr hat Japan mehrere Pazifikinseln befestigt und neue Militärbasen errichtet.

Gefährliche Manöver

 

China hatte in den vergangenen Tagen ein großangelegtes Militärmanöver durchgeführt, bei dem ein Konflikt mit Taiwan durchgespielt wurde.

 

Montag und Dienstag vergangener Woche fand allerdings auch ein Militärmanöver der Streitkräfte Japans, der USA und Südkoreas auf hoher See südlich der südkoreanischen Insel Jeju statt. Daran war auch der atomar betriebene US-Flugzeugträger Nimitz (im Bild) beteiligt.

 

Bereits im Januar hatte es gemeinsame Übungen Japans mit Indien gegeben.

 

Die Vorarbeit des Chauvinisten Shinzō Abe

 

Nachdem Japan über viele Jahre ein Vorreiter der wirtschaftlichen Durchdringung mit erheblichen Kapitalexporten war, wurde ab 2006 der Weg für verstärkte militärische Mittel frei geräumt. Damals versuchte der ultra-reaktionäre und geschichtsrevisionistische Premier Shinzō Abe, die japanische Verfassung mit dem Ziel zu ändern, Japan wieder militärische Optionen bei der Durchsetzung seiner imperialistischen Interessen zu verschaffen. Abe selbst stand in der Tradition der japanischen Chauvinisten – politisch wie familiär. Sein Großvater Kishi Nobusuke war nach dem 2. Weltkrieg als mutmaßlicher Kriegsverbrecher der Klasse A (sozusagen höchster Qualität; wäre Hitler lebend gefangen worden, wäre auch er ein Kriegsverbrecher der Klasse A gewesen) im Sugamo-Gefängnis inhaftiert und wurde im Rahmen der Weihnachtsamnestie am 24. Dezember 1948 freigelassen.

 

Eine wirkliche Aufarbeitung des 2. Weltkriegs hat es in Japan nie gegeben. Während japanische Regierungen Greueltaten und Kriegsverbrechen niemals anerkannt haben, verteidigte Abe Japans Rolle im 2. Weltkrieg offen und leugnete jeden Beweis japanischer Verbrechen. Dabei vertrat er eine weiterhin starke, revanchistische Tendenz unter den japanischen Konservativen.

 

Das vermeintlich „pazifistische Land“ auf Kriegskurs

 

2015 setzte die LDP, Abes Partei, die Änderung der Verfassung zur Abkehr von der reinen Verteidigungspolitik schließlich durch. Sie trat mit mehreren Jahren Verzug in Kraft. Sie hatte auch das konkrete Ziel, dass sich japanische Truppen an "kollektiver Selbstverteidigung" beteiligen könnten - also gemeinsam mit Verbündeten wie den USA Auslandseinsätze durchführen dürfen. Direkt durchgesetzt hatte er, den Verteidigungsetat um zwei Prozent auf damals 4,98 Billionen Yen (36 Milliarden Euro) zu erhöhen.

Schon 2018 schaffte Japan Angriffswaffen an. Im Juli 2021 verkündete der damalige Vizepremierminister Taro Aso, dass Japan im Konfliktfall militärisch zu Taiwan halten würde. Shinzō Abe äußerte sich im Dezember ähnlich.

 

Die Aufrüstung Japans ist ein fortgesetzter Prozess: Es ist der neunte Rekordetat für das Verteidigungsministerium in Folge.

Dieser Prozess der Militarisierung und Rechtsentwicklung Japans ist um so ernster, als dass das Land sich schon davor nicht einmal formal von dem japanischen Kaiserreich abgrenzte, sondern sich in dessen Tradition sieht.