Russland
Streik beim Online-Handelskonzern Wildberries
Wildberries, früher ein Online-Magazin, heute der größte Online-Handelskonzern in Russland, führte neue Methoden regelrechter Abzockerei der Angestellten und Schein-Selbständigen (Eigentümer von Auslieferungspunkten) in seinen Auslieferungsstellen ein. Die Neuste war, dass sie Waren nicht zurückgeben können, wenn sie kaputt oder falsch geliefert werden. Der Wert wurde ihnen voll von ihrem Lohn abgezogen.
Dazu muss man wissen, dass hier Kleider, Schuhe, Schmuck, technische Geräte bis hin zu Nahrungsmitteln online gehandelt werden. Eine Ware kann den Wert von 1000 und mehr Euro haben. Es gab keine Möglichkeit, darüber zu streiten und das Geld vom Konzern zurückzufordern. Schon im Jahr davor hatte Wildberries verlangt, auf alle Waren 25 Prozent Rabatt zu geben. Damit war aber in den Auslieferungsstellen kein Plus mehr zu machen. Viele kamen ins Minus.
Die Angestellten und Eigentümer der Verkaufspunkte konnten den Aufträgen nur nachkommen, wenn sie 15 bis 16 Stunden am Tag arbeiteten, und auch das reichte nicht, wenn sie zu viele Strafen bekamen. Am 2. März protestierten 40 Verkäufer im Büro von Wildberries in Moskau. Der Konzern wies die Aktion als einen „Versuch, den Bürobetrieb zu stören“ ab.
Im März beschwerten sich die Verkäufer von 160 Verkaufspunkten, nachdem sie zusammen Geldbußen in Höhe von 600 Millionen Rubel (ca. 690.000 Euro) erhalten hatten. Wildberries weigerte sich weiterhin, sein Strafsystem zu ändern. Am 14. März begann der Streik, indem an 50 Auslieferungsstellen nicht gearbeitet wurde, obwohl die Verkäufer anwesend waren, um keinen Vorwand für Entlassung zu liefern. Hochmütig erklärte Wilberries, es habe ja nur ein kleiner Teil teilgenommen. Am nächsten Tag waren die Verkaufsstellen im ganzen Land, bis auf wenige in Moskau und anderen Städten in Zentralrussland geschlossen.
Von 33.000 Auslieferungspunkten gehören 13.000 Eigenverkäufern. Auch sie schlossen ihre Läden. Am 16. März gab Wildberries klein bei. Mehr als 10.000 Strafen wurden aufgehoben. Die blockierten Konten wurden von Wildberries entblockiert und das Monopol erklärte sich bereit, ein anderes System für Rückgaben und Umtausch zu erarbeiten. Die Organisation mittlerer und kleiner Geschäftsleute „Stütze Russland“ gründete eine Schiedskommission zur Lösung der Streitfragen zwischen Wildberries und den Verkäufern.
Das war ein großer und schneller Erfolg – und das gegen einen Riesen unter den internationalen Online-Handelskonzernen.
Die Eigentümerin von Wildberries, Tatjana Wakaltschuk, ist laut Forbes die reichste Frau Russlands mit einem Vermögen von 13,1 Mrd. US-Dollar. Sie ist mit dem Vizepräsidenten des internationalen Öl-Übermonopols Rosneft verwandt und hat beste Beziehungen zur Putin-Regierung. Der Konzern Wildberries hat Niederlassungen in elf Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, Italien, USA, Israel und die Ukraine.