Weiteres Megaprojekt
Wiederholt sich "Stuttgart 21" in Frankfurt?
Das Desaster von Stuttgart 21 ist zum Synonym unnützer Großprojekte geworden. Zudem ist es ein unrühmliches Beispiel für die Krise des bürgerlichen Ingenieurwesens im Dienste der Kapitalverwertung der internationalen Monopole. (1)
Mit der Planung eines Fernbahntunnels unter dem Frankfurter Hauptbahnhof verfolgt die Deutsche Bahn (DB) ein weiteres Megaprojekt. Sie behauptet zwar, es habe nichts mit Stuttgart 21 zu tun. Doch Umfang und manipulative Planungsmethoden ähneln sich frappierend.
Bereits in den 1990er Jahren waren Pläne aufgekommen, den Frankfurter Hauptbahnhof komplett unter die Erde zu verlegen. Bundesregierung, DB und die Stadt Frankfurt ließen aber rechtzeitig die Finger davon. Das auf 1,5 Milliarden Euro geschätzte Projekt schien nicht finanzierbar. Doch dann kam Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU und legte nach - mitten im Desaster von Stuttgart 21.
Im Verkehrswegeplan der Merkelregierung wurde dem Fernbahntunnel Frankfurt höchste Priorität zugewiesen. Das Projekt wurde als ausschlaggebend für den sogenannten "Deutschlandtakt" (stündliche ICE-Verbindung) begründet. Angeblich fehlten zu dessen Realisierung genau die errechnete Zeitersparnis von 8 Minuten. Dafür sollte nun der Frankfurter Hauptbahnhof in 40 Meter Tiefe - unter den vorhandenen U- und S-Bahnröhren der Innenstadt - mit zwei 10 km langen Tunnelröhren unterfahren werden. Der oberirdische Kopfbahnhof soll bleiben. Dafür wurden nun 3,5 Mrd Euro veranschlagt, der Löwenanteil der für die gesamte Sanierung des Bahnknotenpunktes angesetzten 5,5 Mrd. Das dürfte allerdings nur der "Eintrittspreis" sein, wie wir von Stuttgart 21 wissen. Bauzeit 10 Jahre, die Frankfurter Innenstadt eine Großbaustelle. Am 28. Juni 2021 war die "Machbarkeitsstudie" der DB vom damaligen Bahnvorstand Ronald Pofalla als "großer Wurf für den Bahnverkehr" der Öffentlichkeit präsentiert worden. (TAZ, 29.06.21)
In einer Anfang April vorgestellten Studie mit dem Titel "Fachtechnische Bewertung des Brandschutzes in der Machbarkeitsstudie der Deutschen Bahn zum Fernbahntunnel Frankfurt" kritisieren nun Karl-Heinz Peil, Hans Heydemann und Christoph Engelhardt, dass die Personenzahl in den Zügen zu niedrig angesetzt und daher der Brandschutz und das Rettungskonzept zur Evakuierung der Fahrgäste bei einem Tunnelbrand völlig unzureichend ist. Eine ähnliche Kritik hatten die Autoren bereits beim Projekt Stuttgart 21 veröffentlicht, wo bis heute die groben Sicherheitsmängel nicht behoben sind.
"Die Bahn sollte lieber oberirdisch Gleise bauen", sagt Viola Rüdele, die Sprecherin des Bündnisses Verkehrswende Frankfurt. Den Tunnel bezeichnete sie als Milliardengrab und fordert einen Planungsstopp (FR, 05.04.23). Dazu muss das Projekt allerdings vor allem Gegenstand einer kritischen Öffentlichkeit werden.
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