Demagogie
Die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz und die AfD
„Hoppla, leider konnten wir nicht finden, wonach Sie suchen!“ Mein Stichwort „Bergarbeiter“ ergab diese vielsagende Meldung auf den Webseiten der AfD-Landesverbände Thüringen oder Nordrhein-Westfalen. Auch „Bergbau“ brachte nichts. Was „Volkes Stimme“ zur Lage und den Problemen der Menschen in der Braunkohle- oder Kali- und-Salz-Region sagt? Nichts!
Oder besser: Fast nichts. Denn schließlich werde ich doch fündig. Im Bundestag hat die AfD am 12.5.2021 eine "Kleine Anfrage" gestellt unter dem Titel "AfD thematisiert die Situation des Bergbaus in Deutschland". Aufschlussreich ist, welche konkreten Fragen sie dabei aufwarf. Die ganze Anfrage war darauf ausgerichtet, eine "sichere und nachhaltige, verantwortungsvolle Rohstoffversorgung für Deutschland als Industrie- und Exportstandort zu sichern". Außerdem ging es der AfD um "Nutzungskonflikte mit Nachbarstaaten im unterirdischen Bereich", um "tiefseebergbaufähige Rohstoffvorkommen" oder darum, "wie mineralische Sekundärstoffe1 verklappt und anerkannt werden können". Sie fragte aber auch, ob "die deutsche Souveränität über die Rohstoffe ihrer Wirtschaftszone gesichert ist".
Um die Bergleute geht es nicht
Von den Interessen der Bergleute ist in der ganzen Anfrage nicht im entferntesten die Rede. Vielmehr geht es der AfD um die Interessen der im Bergbau tätigen deutschen Monopole. Bezeichnend ist hier auch ein Antrag der AfD vom 18.10.2022 zum Thema „Für eine erfolgreiche Politik der Außenwirtschaft und der Rohstoffsicherung ohne ideologische Scheuklappen“. Die ideologischen Scheuklappen der AfD treten im Antragstext allerdings deutlich zu Tage: „Hierdurch (gemeint sind die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen - Anm. d. Red.) wurde der deutschen Wirtschaft Schaden zugefügt. Es hat sich somit als notwendig erwiesen, dass in enger Abstimmung mit den Vertretern der Wirtschaft definiert wird, für welche Gewerbezweige der deutschen Wirtschaft welche Rohstoffe, Vor-, Zuliefer- und Endprodukte in welcher Menge erforderlich sind. … Es liegt außerdem im deutschen Interesse, im Rahmen dieser Partnerschaften langfristige Preis- und Absatzgarantien zu vereinbaren.“
Wenn das keine ideologischen Riesenscheuklappen sind! Die deutsche Wirtschaft bestimmt, sie ist das Maß aller Dinge und was der Wirtschaft in Deutschland gut tut, ist „deutsches Interesse“. Für die AfD gibt es keinen Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, wie er gerade offen zutage tritt: Riesenprofite für Energiekonzerne wie RWE oder für Kali+Salz, die durch Preissteigerungen und Steuerabzocke aus den Massen gepresst werden. „Weiter so“ mit der globalen Umweltkatastrophe, während die Massen mit teils unnötigen Umweltauflagen geschröpft werden.
Der "Trick der AfD"
Dazu die Parteivorsitzende der MLPD, Gabi Fechtner, in ihrer Rede zum diesjährigen Politischen Aschermittwoch in Gelsenkirchen: "Die AfD wendet den Trick an, mit der Verteidigung deutscher Monopolinteressen scheinbar die Interessen deutscher Arbeiter zu verknüpfen. Das ist nichts anderes als völkisch ausgerichtete Klassenzusammenarbeitspolitik. Diese Art der Propagierung von Klassenzusammenarbeit zielt auf einen Rückschritt um Jahrzehnte. Es ist doch gerade der größte Fortschritt der letzten Jahrzehnte in der Arbeiterbewegung - und sie ist immer noch dabei, ihn zu machen -, dass die Interessen von Kapitalisten und Arbeiterklasse unversöhnlich sind. ... Wenn sie keine Maximalprofite machen, interessieren die deutschen Monopole die deutschen Industriearbeitsplätze nicht im Geringsten. Was haben denn die Kohlekonzerne anderes gemacht, als die Kohle auch in Kolumbien abzubauen - mit Kinderarbeit, im Tagebau oder unter katastrophalen Sicherheitsvorkehrungen wie in Russland oder der Türkei. ... Da waren die ganzen Arbeitsplätze im deutschen Bergbau dann weg. ... Diese Neuauflage der Klassenzusammenarbeitspolitik der AfD in der völkischen Version ist nicht etwa 'modern' oder 'zukunftsweisend', sondern ein reaktionäres, längst gescheitertes Programm auf dem Rücken der Arbeiter." Hier gibt es das Video zum diesjährigen Politischen Aschermittwoch. Die Rede von Gab Fechtner beginnt ab Minute 2.27.
AfD will Arbeiterbewegung schwächen und zerstören
Folgerichtig verkündet die AfD: „Unser Land zuerst!“2 Dieser Chauvinismus - als zentraler Bestandteil der völkischen Ideologie - tut so, als ob es auch nur einem Arbeiter in Deutschland besser ginge, wenn „Deutschland wieder groß" ist. Der Imperialismus kann nur existieren, wenn er die Arbeiterklasse im eigenen Land und andere Völker ausbeutet, bis hin zum Krieg, wie er vom neuimperialistischen Russland gegen die Ukraine - hinter der die westlichen imperialistischen Mächte stehen - vom Zaun gebrochen wurde. Geht es den Menschen in Russland jetzt etwa besser?
Hier setzt sich die AfD scheinheilig gegen die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine und für Friedensverhandlungen ein. Aber das Motiv der AfD ist nicht Völkerfreundschaft und internationale Solidarität unter den Völkern, sondern das Interesse des deutschen Kapitals an billigen Rohstoffen und billiger Energie. Eine Unterstützung der AfD würde unweigerlich zur Stärkung dieses Teils des Kapitals in Deutschland führen und würde die Arbeiterbewegung mit ihren internationalen Organisationsformen schwächen. Deshalb kommt der AfD in keiner ihrer Veröffentlichungen etwa die Losung: „Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter!“ aus dem Ticker. Die Arbeiter und die Menschen sind für sie nur politische Manövriermasse.
Wirkliche Vision der Bergarbeiterbewegung
Von ganz anderem Kaliber sind die Aussagen der internationalen Bergarbeiterkoordination, die zum 1. Mai unter anderem schrieb: „Wir haben die Vision einer weltweit zusammengeschlossenen Bewegung von Minenarbeitern, die für sich selbst und ihre Kinder kämpft, damit die Reichtümer der Erde, des Wassers und der Luft denen gehören, die sie durch ihre Arbeit ausbeuten, und für ein reiches, würdiges und gesundes Leben aller Menschen im Einklang mit der Natur, ohne Ausbeutung und Unterdrückung genutzt werden."
Hier stehen tatsächlich die Arbeiter und Menschen genauso im Mittelpunkt, wie auch der Weg zu wirklichen Verbesserungen: „Das internationale Finanzkapital greift die Errungenschaften der Arbeiterbewegung an, so dass diese sie verteidigen müssen und durch weitere Forderungen erweitern müssen. Es ist heute eine Tatsache, dass es nicht mehr ausreicht, seine Forderungen in einem einzigen Land und isoliert zu stellen. ... Wir wollen eine lebenswerte Zukunft für die Völker, für uns und unsere Kinder! … Unterstützt die Vorbereitung und Durchführung der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz vom 31. August bis 3. September 2023 in Thüringen / Deutschland.“ Das ist eine klare Absage an jede Ideologie des Nationalismus und Chauvinismus, insbesondere auch die der AfD.
Die MLPD unterstützt aktiv die Vorbereitungen und Durchführung dieser 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz. Sie setzt sich dafür ein, dass der zunehmenden Gefahr der Spaltung der internationalen Arbeitereinheit vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und des damit verbundenen Aufblühens von Sozialchauvinismus und Nationalismus in der Arbeiterbewegung mit diesem internationalen Austausch und der Koordinierung der Kämpfe der weltweit etwa 20 Millionen Bergarbeiter entgegentreten wird.
Mehr zur 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz gibt es hier