8. Mai

8. Mai

Grußwort eines jungen Russen beim Gedenken in Walsum

In Duisburg-Walsum trug beim Gedenken an die Befreiung vom Hitlerfaschismus ein junger Russe, der in Wolgograd geboren und aufgewachsen ist und seit kurzem in Deutschland lebt, seine Gedanken vor.

In meiner historischen Heimat Russland wird der Tag der Befreiung nicht am 8. Mai sondern einen Tag später gefeiert. Für mich persönlich und für mein Volk ist der 9. Mai einer der wichtigsten Feiertage im Jahr. Und um ehrlich zu sein: als ich noch jung, naiv und dumm war, habe ich die grundlegende Bedeutung und Wichtigkeit dieses Tages in der Geschichte nicht nur des Landes, sondern auch der Menschheit nicht verstanden. Denn viele von unserer Elterngeneration, die die Kriegsjahre wirklich mitbekommen haben, haben versucht, uns die Schrecken jener Jahre zu verschweigen, und als Kind nimmt man militärische Konflikte und "spezielle militärische Operationen" um sich herum nicht wahr. Man war einfach nicht interessiert.

 

Doch mit jedem Tag, der vergeht, wird mir mit Verzögerung bewusst, was das sowjetische Volk mit Hilfe von Verbündeten aus der ganzen Welt damals geleistet hat. Was für eine unglaubliche Tapferkeit, was für eine unbegreifliche geistige Ausdauer, nicht nur physische Kraft, sondern auch moralische und willensmäßige Ressourcen "der Sowjetmensch" hatte. Er hat dazu beigetragen, nicht nur die Armee des Feindes, sondern den Weltaggressor und potentiellen Feind Nummer eins für jeden Bewohner der Erde zu jener Zeit zu vernichten.

 

Für jeden von uns, und für mich persönlich, ist dies nicht nur ein historisches Datum, das wir als ein weiteres Datum im Kalender markieren. Es ist immer eine persönliche Geschichte, eine persönliche Tragödie für jede Familie. Unsere Großeltern kämpften als Soldatinnen und Soldaten mit der Waffe oder an der Heimatfront, überlebten als Partisanen oder halfen der Roten Armee an der Front und sorgten für das Leben der Bevölkerung in den Städten, Dörfern und Ortschaften, die noch nicht vom Krieg verwüstet worden waren. Viele Familien wissen davon zu berichten. Auch meine ist da keine Ausnahme.

 

Der „Tag der Befreiung" ist in Russland nicht nur ein arbeitsfreier Feiertag. Sondern ein Geburtstag, ein Tag des Triumphs des Lebens, der Kraft und des menschlichen Willens. Und der moderne russische Staat, der nichts mit der Größe und den Heldentaten der Sowjets gemein hat, beschmutzt und besudelt heute die Ehre und die Größe der Verdienste jener Menschen, die damals gefallen sind, um uns und der Menschheit einen friedlichen Himmel über unseren Köpfen zu geben.