Bergbau
Thüringen: Einstapelung von Salzlauge im Bergwerk Springen muss verhindert werden
Im August 2022 wurde wegen Bedenken die begonnene Einstapelung von Salzlauge durch den Kali&Salz-Konzern im Bergwerk Springen durch das Regierungspräsidium Kassel vorläufig gestoppt, aber „… nicht grundsätzlich untersagt“.¹ Es geht, laut K+S, um zig Millionen Liter „gesättigte“ Produktionslauge und Haldenwasser, die über Jahre in 40,9 Millionen m³ Stapelhohlraum eingeleitet werden sollen.
Vorausgegangen war die Änderung des Staatsvertrags zwischen Hessen und Thüringen. Die Landesregierung Thüringen unter Bodo Ramelow erhofft sich von der Einstapelung in Springen pragmatisch eine Reduzierung der Kosten für die sogenannten Altlasten des DDR-Bergbaus, die 1999 mit einem Vertrag auf Thüringen abgewälzt wurden. Die dafür einmalig aus der Bundeskasse gezahlten 443 Millionen DM sind längst aufgebraucht. Lachender Dritter war und ist der Kali&Salz-Konzern.
Der Konzern will die Einstapelung unbedingt, weil die massiven Salzeinleitungen in die Weser und Werra und die Belastung des Grundwassers seit Jahren in der Kritik stehen. 2021 musste K&S die Verpressung von Lauge im Zechdolomit aufgeben. In der Gemeinde Gerstungen sind drei von acht Trinkwasserbrunnen gesperrt. Anwohner von Tiefenort berichten, dass sie das Apfelernten aufgegeben haben, weil die Äpfel salzig schmecken.
Proteste und Gerichtsverfahren setzen den Konzern unter Druck. Nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ sollen die massiven Umweltbelastungen durch ein noch größeres Umweltverbrechen kaschiert werden. Dabei werden Umwelt und die „Sicherheit der Arbeitsplätze“ gegeneinander ausgespielt. Tatsächlich geht es gleich doppelt um die Lebensinteressen der Kumpel – unter Tage und als Anwohner mit ihren Familien. Dr. Ralf E. Krupp (Mitglied im Sachverständigenrat des BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz) warnt in einem Gutachten eindringlich:
"1. Der 150 bis 200 Meter mächtige Sicherheitspfeiler, der entlang der Markscheide die Gruben in Hessen und Thüringen trennt, soll zwei weitere Male durchbohrt ('durchörtert') werden. Zusammen mit einem bereits bestehenden sogenannten 'Rollloch' von 1 m Durchmesser konterkariert dies das Sicherheitskonzept der weltgrößten Giftmüll-Untertagedeponie Herfa / Neurode. K&S argumentiert, dass die Durchbrüche bei Bedarf wieder geschlossen werden könnten. '...Sicherheitsvorrichtungen werden aber nicht für den Normalbetrieb, sondern für den Havariefall benötig. … Ein relevantes Notfall-Szenario wäre beispielsweise ein Gebirgsschlag durch Systemversagen von Stützpfeilern...'².
2. Modellrechnungen und Laborversuche von K&S leugnen die innere Widersprüchlichkeit der Grubenbedingungen. K&S argumentiert, dass sich an den Stützpfeilern Salzkrusten bilden, die eine weitere Reaktion mit der Lauge verhindern. '...Der entscheidende Unterschied ... ist die Vernachlässigung der Wechselwirkungen (durch K&S) mit mechanischen Schädigungen der Stützpfeiler (Konturabschalungen, Rissbildungen, Dilatanz), wodurch immer wieder frische und reaktive Mineraloberflächen freigelegt werden und der Aulösungsprozess daher nicht zum Stillstand kommen kann, sondern eskaliert…“.'
3. Eine Salzlauge aus unterschiedlichen Salzen kann grundsätzlich keine 'gesättigte Lauge' ergeben. Umlöseprozesse können nicht verhindert werden.
4. Es gibt einen massiven Wassereintritt am 'Querort 23' in Springen (ca. 100.000 m3/a), der seit Jahrzehnten nicht gestoppt werden kann. Die ständig neu entstehende ungesättigte Lauge würde den Pfeilerangriff potenzieren. '...Nun sollen die Zuflüsse durch Überstauung mit Kaliabwässern angeblich gestoppt werden können. … Die Vorstellung, dass man durch die Einstapelung von Lauge bis auf -140 mNN (entsprechend rund 2 MPa) einen Druckausgleich erzielen und die Zuflüsse damit stoppen könnte, (wie Kali&Salz uns glauben machen will, Am. d. Red.) ist daher abwegig…'.⁴"
Dr. Krupp prognostiziert, dass ohne vorherigen, nachhaltigen Stopp des Wassereintritts die Grube Springen vollständig absaufen wird.
Gebirgsschläge durch den Kali-Abbau sind keine Fiktion, sondern im Revier zwischen 1953 und 1989 bereits fünf (!) Mal eingetreten. Dr. Krupp sieht das zukünftige Gefahrenpotential als sehr real, mit folgendem Szenario: "Auslaugung und Schwächung der Tragpfeiler – Sprödbrüche der ersten Pfeiler und wachsende Decklast auf den Bestehenden – Domino-Effekt einbrechender Pfeiler – Absturz der Deckgebirgsschwebe (Gebirgsschlag) – Verpressung der eingestapelten Lauge mit hohem Druck durch die Durchörterungen der Markscheide und Überschwemmung der Untertagedeponie Herfa/Neurode (immerhin die weltgrößte Giftmülldeponie unter Tage, Anm. d. Red.) !"
Arbeiterbewegung und Umweltbewegung zusammen: Im Interesse der Gesundheit und des Lebens der Bergleute und der gesamten Bevölkerung wie einer intakten Umwelt muss dieses wahnwitzige Projekt gestoppt werden! „Der Kampf der Bergleute um angemessene Lebensbedingungen muss Hand in Hand gehen, mit dem Schutz unserer Lebensgrundlagen. Wir leisten Widerstand gegen das Ausspielen der Arbeitsplätze gegen den Schutz der natürlichen Umwelt und die Spaltung, die damit einher geht. Wir brauchen beides zum Leben.“ So sagt es das Kampfprogramm der internationalen Bergarbeiterkoordination, die vom 31. August bis 3. September zur 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz mit Delegationen aus bisher 17 Nationen nach Thüringen einlädt.
Im Vorfeld trifft sich am Freitag, 16.Juni, 17 Uhr, in der „Kulturwerkstatt EA“, Katharinenstraße 42, Eisenach die Vorbereitungsgruppe Kali-Werra-Revier zum Thema „Arbeitsplätze und Umweltschutz – für einen umweltverträglichen Kali-Abbau statt Umweltzerstörung durch den K&S-Konzern“