Prozess von Alassa Mfouapon vor dem Bundesverwaltungsgericht
Die Rede, die vor Gericht nicht gehalten werden durfte
Gestern fand die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Sachen Klage von Alassa Mfouapon gegen das Land Baden-Württemberg statt. Als Ankläger hatte Alassa Mfouapon die folgende Rede vorbereitet (Auszüge) - gehalten werden durfte sie allerdings nicht vor Gericht, sondern erst außerhalb auf der Straße.
Sehr geehrte Herr Präsident, sehr geehrtes Gericht,
1. Ein geschützter Raum ist für uns Flüchtlinge sehr sehr wichtig!
Wir haben alle auf unserer Flucht Unmenschliches erlebt und viel gelitten: Die einen waren Zwangsprostituierte, andere haben Nacht für Nacht Bombeneinschläge erlebt, andere haben Hunger gelitten oder waren Tage in der Wüste ohne Wasser. Ich selber wurde auf meiner Flucht über Libyen sofort von einer kriminellen Miliz gefangengenommen und von meiner Familie getrennt. Ich war acht Monate in einen Raum gesperrt - mit mehreren Hundert Menschen. Kein Fenster, dafür ständig Neonröhren. Die Toilette ohne Abtrennung in der Ecke. Wir durften diesen Raum nur freitags zum Beten verlassen. In diesem Raum hatte man nie Ruhe: immer schrie jemand im Schlaf, weinte, hatte Schmerzen. Jede Minute konnte ein Wächter kommen und uns schlagen. Es war totaler Stress. Man braucht lange Zeit, das zu verarbeiten.
Das Land Baden-Württemberg sagt, eine Gemeinschaftsunterkunft in einer Flüchtlingseinrichtung hat nicht so einen hohen Schutz, wie im Grundgesetz gefordert. Die Argumente dafür sind hinterhältig. Sie erklären, dass Flüchtlinge dort nicht freiwillig, sondern wegen einer Anordnung der Behörde verpflichtet sind zu leben. Sie sagen, dass wir immer erreichbar sein müssen. Sie sagen, dass wir in Mehrbettzimmern leben - mit wechselnder Belegung. Sie sagen, das wäre nur für die Dauer des Asylverfahrens. Eigentlich wären das nur sechs Monate. Aber durch den Bürokratismus in Ihren (BaWü)-Behörden warten wir oft zwei Jahre und leben so. In Freiburg und anderen Unterkünften werden durch diese Meinung des Lands BaWü Regeln eingeführt, wie sie sonst in Gefängnissen gelten. Das wissen wir alles! Denn das macht unser Leben schwer. Doch, was ist das für eine Logik: Zuerst machen Sie die Gesetze für Flüchtlinge immer schlechter und uns das Wohnen immer schwerer – und dann sagen Sie: Na, wenn man so leben muss, das ist doch keine Wohnung!
Das ist so, wie wenn man einem Tiger die Zähne und die Krallen zieht und das Fell abschneidet und dann sagt: "Das ist doch kein Tiger mehr!" Wie gesagt: Diese Argumente sind hinterhältig und dadurch wurde alles immer schlimmer. Denn dann geht die Spirale weiter: Das sind keine schutzwürdigen Wohnungen? Dann nehmen wir ihnen das und jenes auch noch. Wir sind Flüchtlinge, keine Kriminellen, und haben Menschenrechte! ...