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Behörden versahen Webseite der "Letzten Generation" mit unzulässigem Warnhinweis

München – Bayerns Justizminister, Georg Eisenreich, hatte am vergangenen Donnerstag im Innenausschuss des Landtags ein bisschen ausgeholt, um den 24. Mai rekapitulieren zu lassen. An jenem Tag hatte die Polizei bundesweit Hausdurchsuchungen bei Angehörigen der „Letzten Generation“ durchgeführt, im Auftrag bayerischer Behörden. Neben Konten und Unterlagen wurde die Website der Klimaaktivisten beschlagnahmt – und mit einem Warnhinweis vor einer „kriminellen Vereinigung“ versehen.

Korrespondenz aus München
Behörden versahen Webseite der "Letzten Generation" mit unzulässigem Warnhinweis
Kriminalisierung, Vorverurteilung, Abhörmaßnahmen und Verstoß gegen die Pressefreiheit - das Vorgehen der Polizei gegen die "Letzte Generation" ist der eigentliche Skandal! (Bild: Pixabay)

„Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar!“, stand nach der Beschlagnahmung der Homepage dort zu lesen, versehen mit den Logos von Bayerischem Landeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft München. Und, „Achtung“: Spenden an diese Organisation stellten „ein strafbares Unterstützen“ dar. Für den irreführenden Warnhinweis soll die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) verantwortlich gewesen sein. Die Androhung der Strafverfolgung gegen Spender der Letzten Generation schadete nicht nur dem Ruf der „Letzten Generation“, sondern auch ganz unmittelbar ihrer Finanzierung – eine direkte Behinderung.

 

All das erweckte den Eindruck, die „Letzte Generation“ sei bereits verurteilt. Bayerns Behörden haben damit eine klare Vorverurteilung begangen. Da kann Eisenreich noch so oft schwören, dass „selbstverständlich“ die Unschuldsvermutung gelte, weil die Behörden nur wegen eines Anfangsverdachts ermittelten. Die Ermittlungen laufen weiter. Die beschlagnahmten Daten werden derzeit ausgewertet, nach Hinweisen, die den Anfangsverdacht auf „Bildung“ sowie „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ stützen könnten. Auch Klagen gegen die Durchsuchungen sind noch anhängig.

 

Ungeklärt bleibt auch nach der Sitzung des Innenausschusses, inwiefern die Klimaschützer die Merkmale einer kriminellen Vereinigung erfüllen sollen und „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ darstellen.

Auch Brandenburg und Berlin prüfen Einstufung als „kriminelle Vereinigung“

Neben Bayern ermitteln auch die Behörden in Brandenburg und Berlin, ob ein Anfangsverdacht besteht. Die Berliner Strafverfolgungsbehörden hatten dabei erst im November 2022 keinen Anfangsverdacht für die Einstufung der „Letzten Generation“ als „kriminelle Vereinigung“ erkennen können, wie Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, damals der Zeitung „WELT“ gegenüber erklärt hatte. Zuvor war die untergeordnete Berliner Staatsanwaltschaft nach einer Strafanzeige vom Juni 2022 zu dem gleichen Ergebnis gekommen und hatte ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingestellt.

Abhörung von Telefonen und Gesprächen mit Journalisten trifft die Pressefreiheit

Zwischenzeitlich wurde allerdings auch bekannt, dass das Landeskriminalamt Bayern auch Telefone hatte abhören lassen. Es geht um zwölf private Mobiltelefone und das Pressetelefon der „Letzten Generationen“, einen Berliner Festnetzanschluss. Das Amtsgericht München hat die Aktion vorab abgesegnet und mindestens einmal verlängert, so die Süddeutsche Zeitung. Die Anschlüsse wurden mindestens vom 13. Oktober bis zum 26. April überwacht – aber ob die Abhörung beendet wurde, ist indes nicht einmal sicher.

 

Insbesondere die Abhörung des Pressetelefons, im Zuge derer zwangsläufig auch Journalisten abgehört wurden, wird in der bürgerlichen Presse scharf kritisiert. Es ist anzunehmen, dass diese Aktionen auch ausgehend von dem aktuellen Recht nicht legal waren. Vor allen Dingen stellt sich die Frage, zu welchem Zweck das Pressetelefon der Gruppe abgehört wurde, denn auf Beweise für ihre Ermittlung konnten die Behörden hier kaum hoffen. Das Amtsgericht München betonte immer wieder „konspirative“ Strukturen der „Letzten Generation“ – dass Verschwörer in Pressegesprächen finstere Geheimnisse offen legen, kann niemand ernsthaft erwartet haben.

 

Die Spekulation, dass die Behörden allgemein auf Informationsgewinnung aus waren und den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung für ihre Spitzelei missbrauchten, um an Informationen auch über unliebsame Journalisten zu kommen, drängt sich förmlich auf. In jedem Fall spielte die Pressefreiheit bei den Abwägungen der Behörden und Gerichte offensichtlich eine bezeichnend untergeordnete Rolle.