Ukraine
Antikommunismus gerät in Kritik
Der ukrainische Kulturminister Tkatschenko hat nach Aufforderung von Präsident Selenskyi seinen Rücktritt eingereicht.
Als offizieller Grund wird genannt, dass der Kulturminister umgerechnet rund 12 Millionen Euro für die Fertigstellung eines nationalen antikommunistischen Museums rund um das Narrativ des Holodomors mit einer entsprechenden Verleumdung von Stalin wollte. Der ukrainische Präsident Selenskyi hatte dies abgelehnt mit der Begründung, dass alle staatlichen Ressourcen für den Krieg gebraucht würden. Doch warum deshalb ein Rücktritt?
Seltsam daran ist, dass die ukrainische Rada (Parlament) noch am 13. Juli die Bereitstellung von Mitteln für das Museum beschlossen hatte (Gesetzentwurf Nr. 3473). Meldungen lassen darauf schließen, dass sich Unmut über verschiedene antikommunistische Maßnahmen des Kulturministers entwickelt hat.
Erst kürzlich wurden in Lemberg vier sowjetische Statuen abgerissen, Statuen in Kiew der Status des Denkmalschutz entzogen und in Odessa eine Lenin-Statue abgerissen. Ebenfalls am 13. Juli wurde dann folgender Beschluss bekannt gegeben: "Das Staatliche Inspektorat für Architektur und Stadtplanung der Ukraine hat erlaubt, das Wappen der UdSSR durch einen Dreizack auf dem Mutterland-Denkmal in Kiew zu ersetzen, berichtete das Kulturministerium des Landes." (https://ria.ru/amp/20230713/kiev-1883973397.html, Online-Übersetzung) (siehe Foto) Die 100 m große Statue in Erinnerung an den Sieg der Roten Armee gegen Nazideutschland soll die fünfthöchste der Welt sein. Das Tilgen des sowjetischen Wappens auf dem Schild der Mutter Heimat ist antikommunistische Geschichtsfälschung par excellence.
Die Prawda schreibt, diese Beschlüsse hätten "die Gesellschaft empört", ihrer Lesart nach, weil es in Kriegszeiten wichtigere Aufgaben gäbe. Die ukrainische Ausgabe der Deutschen Welle schreibt, die Ersetzung des sowjetischen Wappens durch den ukrainischen Dreizack "rief in der Öffentlichkeit gemischte Reaktionen hervor. Obwohl es sich nicht um Haushaltsmittel, sondern um private Gelder handelte, wurde in den ukrainischen sozialen Medien lebhaft darüber diskutiert." (https://www.google.com/amp/s/amp.dw.com/ru/ministr-kultury-ukrainy-aleksandr-tkacenko-podal-v-otstavku/a-66304187, online Übersetzung)
Die Informationslage ist aufgrund der weitgehenden Gleichschaltung der Medien in der Ukraine schwierig. Doch offensichtlich hat das Kulturministerium in seinem antikommunistischen Wahn über die Stränge geschlagen, so dass die schlichte Ablehnung seines Antrags nicht mehr ausreichend gewesen wäre. Offenkundig war er vor der Bevölkerung nicht mehr tragbar und musste abgesetzt werden.
Die Redaktion freut sich, wenn ukrainische Leserinnen und Leser Genaueres in Erfahrung bringen können.