Hektische Diplomatie und offene Kriegsvorbereitung
Niger: Akute Kriegsgefahr in Afrika!
In der Nacht vom 26. auf den 27. Juli putschte in dem westafrikanischen Land Niger, das ca. 26 Millionen Einwohner hat, das Militär. Es stürzte den bisherigen Präsidenten Bazoum und setzte die Verfassung außer Kraft.
Unter Bazoum, so die Frankfurter Rundschau, sei Niger "einer der letzten strategischen Partner des Westens im Kampf gegen den Vormarsch islamistischer Terroristen in der Sahelzone gewesen". Mehr als für den Kampf gegen faschistische Terroristen interessieren sich die westlichen Imperialisten sowie die neuimperialistischen Länder Russland und China für Niger als Basis, ihren jeweiligen Einfluss in Westafrika zu erhalten bzw. auszudehnen, die wichtige geostrategische Bedeutung des Landes und die reichhaltigen Rohstoffvorkommen zu nutzen. Deutschland war es besonders wichtig, dass Niger sich "verlässlich um die Abriegelung einer der Hauptmigrationsrouten durch die Sahara" kümmere. Mit der Ankündigung der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas, in Niger militärisch einzugreifen, spitzen sich die Widersprüche unter den Staaten des Sahel dramatisch zu. Gleichzeitig verschärft sich das zwischenimperialistische Ringen um Niger. Es droht akut die Eskalation zu einem Stellvertreterkrieg, der ganz Westafrika erfassen, auf den gesamten afrikanischen Kontinent ausstrahlen und weltpolitische Bedeutung bekommen würde. Seit 2020 war der Putsch im Niger der achte Militärputsch in einem Gürtel von Ländern, der inzwischen vom Atlantik bis ans Rote Meer führt: von Guinea über Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad bis zum Sudan. Alle diese Putsche stärkten den Einfluss des neuimperialistischen Russland.
NATO-Kampfflugzeuge in Dakar, Wagner-Söldner auf dem Weg in den Niger?
Das zwischenimperialistische Ringen äußert sich auch in hektischer Diplomatie, verbunden mit offener Kriegsvorbereitung. Die geschäftsführende stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland traf sich eigenen Angaben zufolge mit Militärvertretern in Niger. Sie habe eine „Reihe von Optionen“ genannt, wie der Staatsstreich rückgängig gemacht werden könne, sagte Nuland. Offenbar äußerten die Putschisten kein großes Interesse an dem Angebot. Die neue Junta hat die militärische Zusammenarbeit mit der einstigen Kolonialmacht Frankreich aufgekündigt. Frankreich ist die wichtigste imperialistische Macht in Westafrika. Auch für Deutschland bedeutet der Putsch im Niger den Verlust eines wichtigen Ankers in Westafrika. Russland hat sich offiziell vom Putsch in Niger distanziert. Jedoch hat Putin letzte Woche ein Gipfeltreffen mit afrikanischen Staaten durchgeführt und gesagt: "Wir werden die Freiheit in Afrika organisieren - gegen Frankreich und Belgien. Und wir werden Afrika helfen". Die jeweilige "Hilfe" der Imperialisten kann man sich vorstellen: Jeder will die Sahelländer weiter ausplündern, sie als Militärbasen nutzen und die Völker im Zweifelsfall in einen blutigen Stellvertreterkrieg hetzen. Die Militärjunta in Niger hat ja Prigoschin, der den Putsch gefeiert hat, um Unterstützung gebeten. Inzwischen wurde bekannt, dass der ehemalige nigrische Generalstabschef und Junta-Mitglied Salifou Mody während eines Besuchs in Mali in der vergangenen Woche auch mit einem führenden Vertreter der russischen Söldner-Truppe „Wagner" zusammengetroffen sein soll. Ein entsprechender Bericht des TV-Senders France 24 sei von einem französischen Diplomaten und mehreren malischen Quellen bestätigt worden. Die von Jewgeni Prigoschin geführte Truppe wolle die Bitte der nigrischen Junta „wohlwollend prüfen".Ein Revolutionär aus dem Senegal wiederum berichtet in einem Video, dass Militärflugzeuge der NATO in Dakar/Senegal gelandet sind, um eine militärische Intervention vorzubereiten. Die Entwicklung ist brandgefährlich!
Putschisten haben Regierungschef benannt und den Luftraum über Niger gesperrt
Gestern abend gab ein Sprecher der neuen Militärjunta in Niger bekannt, dass sie Ali Mahaman Lamine Zeine als Regierungschef eingesetzt habe. Lamine Zeine war vor 2010 schon mal nigrischer Wirtschafts- und Finanzminister. Zuletzt war er für die Afrikanische Entwicklungsbank im Tschad tätig. Das Ultimatum der Ecowas, das am 6. August abgelaufen ist, verlangte, dass Bazoum wieder als nigrischer Präsident eingesetzt wird. Das geschah nicht. Die Militärs haben den Luftraum über Niger gesperrt. Die Staats- und Regierungschefs der Ecowas-Mitgliedsstaaten wollen übermorgen in Abuja, der Hauptstadt Nigerias, das weitere Vorgehen beraten. Auch innerhalb der Ecowas gibt es große Widersprüche. Die Mitgliedsländer Burkina Faso und Mali würden nach eigener Aussage einen Ecowas-Militärschlag in Niger als Kriegserklärung gegen sich auffassen. Senegal hingegen würde Truppen beisteuern. Nigeria steht an der Spitze der Staatengemeinschaft Ecowas, die mit den westlichen Imperialisten verbunden ist. Frankreich sagte schon vor Tagen, es stünde voll hinter den Ecowas-Plänen.
Neokoloniale Ausplünderung des Landes
Der Abbau von Uran in Niger ist ein gutes Beispiel für neokoloniale Verflechtungen bei der Ausbeutung von Bodenschätzen. Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann Frankreich in seinen Kolonien nach Uran zu suchen. Erste Vorkommen wurden 1956 in Gabun gefunden, bald darauf auch in Niger, wo vor fünf Jahrzehnten die systematische Förderung einsetzte. Niger erhielt nur etwa zwölf Prozent vom Wert des geförderten Urans, das zugleich zeitweise ein Drittel zur Stromerzeugung Frankreichs beigetragen hat. In den Produktionsgebieten hat der Areva-Konzern eine riesige Umweltzerstörung hinterlassen, Verseuchung von Luft, Boden und Wasser durch Radon, Grundwassermangel, massive Erkrankungen von Bergleuten und Bevölkerung durch Radioaktivität. Frankreich ist in Niger verhasst. Das ist mit ein Hintergrund, dass ein Teil der Bevölkerung den Putsch begrüßt und russische und chinesische Einflussnahme nicht grundsätzlich ablehnt. In Paris demonstrierten am Wochenende zahlreiche Afrikaner gegen eine mögliche militärische Intervention der Ecowas mit eventueller Rückendeckung durch Frankreich. Vor allem Senegalesen, aber auch Nigrer protestierten auf der Place de la République. Macron behaupte immer, er wolle Afrika helfen. In Wahrheit denke Frankreich nur an sich.
Die afrikanischen Parteien der revolutionären Weltorganisation ICOR kämpfen schon seit Jahrzehnten gegen den Imperialismus in Afrika, insbesondere den französischen. Dabei warnen sie aber auch davor, dass die Menschen unter eine neue imperialistische Knute kommen. Die antiimperialistische Einheit ist in Afrika das Gebot der Stunde.