Nancy Faeser im Vorfeld der Hessenwahl

Nancy Faeser im Vorfeld der Hessenwahl

Müller, Meier, Schulze - alles Clans?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will bei den hessischen Landtagswahlen im Oktober Ministerpräsidentin werden und Boris Rhein von der CDU in Wiesbaden in die Opposition schicken.

Von vm

Man könnte erwarten, dass der Wahlkampf genutzt wird, dringende Probleme anzugehen: Wohnungskrise, Kita- und Schulkrise, Kinderarmut, Umweltschutz, um nur einiges zu nennen.

 

Stattdessen hat Faeser die vermeintliche "Clan-Kriminalität" für sich entdeckt. Damit wäre sie dann zumindest schon mal bei der berüchtigten hessischen Polizei und ihren rechten und faschistoiden Strukturen angekommen. Und wenn man schon nicht willens oder in der Lage ist, die drängenden Probleme in Angriff zu nehmen, dann soll wenigstens dem Kampf für eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse ein Riegel vorgeschoben werden.

 

Dazu bedient Faeser offene und latente rassistische Vorurteile und heizt eine faschistoide Stimmung gegen Migranten und Flüchtlinge an. Sie ist schon bekannt für ihre reaktionären Vorstöße in der Flüchtlingspolitik, obwohl sie angetreten ist, den Kampf gegen rechts zu führen. Jetzt will sie Mitglieder vermeintlicher Clans abschieben, auch wenn sie gar nicht straffällig geworden sind. Das geht selbst der liberaleren bürgerlichen Presse zu weit. "Seid ihr Volksvertreter noch bei Trost?" kritisiert völlig zurecht Bascha Mika, Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, diese politische Hetze gegen Zuwanderung und das Recht auf Asyl in einem engagierten und "wütenden Essay". (FR, 14.08.23)

 

Der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes weist nach, dass die vom Bundeskriminalamt geführte Statistik "keine Aussagekraft" bezüglich einer "Clan-Kriminalität" hat, weil z.B. bei Menschen gleicher türkischer oder arabischer Nachnamen - ähnlich wie bei uns Müller, Meier, Schulze - nicht differenziert und z.B. auch nicht zwischen Schwarzfahren und Mord unterschieden wird. "Stattdessen trägt sie dazu bei, eine Bevölkerungsgruppe zu stigmatisieren." (FR, 15.08.23)

 

Tatsächlich wird schon heute - in voller Kenntnis dieser Fakten- und Rechtslage - von den Hütern des "Rechtsstaats" mit Polizeigewalt gegen vermeintliche "Clan-Kriminalität" vorgegangen. Unter dem Titel: "Unschuldige im Visier" dokumentierte Monitor vom 23. März dieses Jahres einen Vorfall im Frankfurter Gallusviertel gegen Ismail Sahan, den Betreiber eines Kiosks, einer Trinkhalle und einer Shishabar, die auch ein Treffpunkt jugendlicher Migranten ist. Zu sehen ist ein martialischer Auftritt der Polizei, aufgezeichnet von einer Überwachungskamera. Ohne Durchsuchungsbeschluss und ohne konkreten Anlass wird in seine verschiedenen Lokalitäten eingedrungen. Und das ist kein Einzelfall, wie Ismail Sahan sagt. Er hat seit 2019 150 solcher Polizeieinsätze gezählt. Massive Geschäftsschädigung ist die Folge, wenn die Polizei kommt. Aber es gibt auch Solidarität - in kurzer Zeit wurden hier 10.000 Protestunterschriften gesammelt.

 

Solche Überfälle dürfen nicht hingenommen werden. Es gibt sie in ganz Deutschland. In einem anschließenden Interview rechtfertigt Herbert Reul, NRW-Innenminister, das Vorgehen der Polizei als "Politik der 1.000 Nadelstiche", wohlgemerkt gegen Unschuldige. In NRW waren es seit 2019 etwa 2500 solcher Überfälle.