Bericht der Süddeutschen Zeitung
Ist Hubert Aiwanger der Verfasser eines faschistischen antisemitischen Flugblatts von 1987?
Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Vorsitzende der ultrareaktionären "Freien Wähler" steckt möglicherweise tiefer und seit längerer Zeit im faschistischen Sumpf als bisher bekannt war. Zuletzt wurde er deswegen auf der sogenannten "Erdinger Heizungsdemo" bekannt, wo er wie ein Reichsbürger gegen die Bundesregierung wetterte und indirekt zu ihrem Sturz aufgefordert hat.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kritisierte dieses Auftreten im Juni sehr zurückhaltend und machte gleich noch eine neue Koalitionszusage an Aiwanger für die Zeit nach der Landtagswahl am 8. Oktober 2023. Aiwanger und die "Freien Wähler" holten 2018 bei der letzten Landtagswahl 11,6 Prozent der Stimmen und wollten dieses Ergebnis heuer übertreffen. Für Söder sind die Freien Wähler ein "Staubsauger", der AfD-Wählerstimmen aufsaugt. Söder gibt deshalb auf Bundesebene gewaltig damit an, dass die AfD in Bayern weniger Zuwachs hat als in anderen Bundesländern. Mit der Staubsaugerfunktion der Freien Wähler und von Hubert Aiwanger könnte es allerdings bald vorbei sein.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet in ihrer heutigen Ausgabe - online am gestrigen Abend - in einem vielbeachteten Artikel, dass Aiwanger vermutlich eine widerliches faschistisches Hetzflugblatt von 1987 an seiner damaligen Schule im niederbayerischen Mallersdorf nicht nur verbreitet, sondern selbst verfasst hat. Aiwanger behauptet natürlich, die Geschichte stimme nicht. Die bald schon ultrareaktionäre Neue Züricher Zeitung hofft, dass nicht Aiwanger, sondern die Süddeutsche ein Problem kriegen wird. Söder reagierte umgehend und verlangt lückenlose Aufklärung vonseiten seines Stellvertreters. SPD und Grüne im bayerischen Landtag verlangen Aiwangers Rücktritt.
In dem Flugblatt, das als Faksimile in der SZ abgedruckt ist, wird über den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung durch die Hitlerfaschisten in einer so abstoßenden und widerwärtigen Weise gespottet, dass man es kaum fassen kann. Der Verfasser ruft zu einem Wettbewerb auf, wer der größte Vaterlandsverräter sei. Zu gewinnen gab es "einen Freiflug durch den Schornstein von Auschwitz" oder einen "lebenslänglischen Aufenthalt in einem Massengrab."
Unter den Zeugen, die das Flugblatt Aiwanger zuschreiben, ist ein Lehrer, der dem damaligen Disziplinarausschuss angehörte. Er sagte aus, dass Aiwanger überführt und sogar bestraft worden sei. Die Süddeutsche sprach nach eigener Aussage mit rund zwei Dutzend Personen, die das weitgehend bestätigten. Zu einer Veranstaltung heute in Augsburg, wo er hätte für die Freien Wähler sprechen sollen/wollen, ist Aiwanger nicht erschienen.
Aiwanger ist schon 2012, als es die AfD noch nicht gab, mit Beatrix von Storch auf dem Münchner Marienplatz aufgetreten und hat zum Sturm auf den Euro aufgerufen.