Internationaler Aktionstag
Fridays-for-Future: Wachsende Kritik an der Ampel, Interesse an Position der MLPD, aber auch antikommunistische Spaltung
Der gestrige Aktionstag der Fridays-for-Future-Bewegung wurde international durchgeführt. Hunderttausende gingen auf allen Kontinenten auf die Straße, allein in Deutschland demonstrierten mindestens 250 000 Menschen gegen die desaströse Umweltpolitik von Monopolen und Staat.
Vielerorts gab es wieder eine wachsende Beteiligung, die zum Teil auch verbunden war mit einer wachsenden Kritik an der Umweltpolitik der Ampel-Regierung. Allen Ernstes hatten ja die Grünen vor wenigen Tagen in ihrem Europawahl-Programm der gefährlichen CO2-Verpressung zugestimmt; selbst Grünen-Mitglieder räumen desillusioniert ein, dass die umweltpolitische Bilanz der Bundesregierung ein Desaster ist. Aber es gibt nach wie vor auch die Illusion, man könne von der Regierung Schritte zu verantwortungsvoller Umweltpolitik erwarten. Wenn es zu antikommunistischen Spaltungsversuchen und (versuchter) Ausgrenzung kapitalismuskritischer und revolutionärer Positionen kam, gingen diese von Drahtziehern im Hintergrund aus, die der Politik der Grünen und der SPD nahestehen. Auffallend war, dass es recht unterschiedliche Entwicklungen von Ort zu Ort gibt.
Die Forderung, dass mit der Verbrennung fossiler Energien Schluss sein muss, war auf allen Kundgebungen vertreten. Und der Protest gegen reaktionäre "Klimaleugner" und offene Verfechter der weiteren Umweltzerstörung einte so gut wie alle Demonstrantinnen und Demonstranten. Eine Million Jugendliche wie vor vier Jahren - und weltweit Demonstrationen in ähnlicher Größenordnung - waren es diesmal nicht, aber heute ist der Grund für den Protest vielen noch dringender und deutlicher geworden: Sie sehen, dass die Weltklimakatastrophe bereits begonnen hat. Die weltweiten CO2-Emissionen haben nach Zahlen der Internationalen Energie-Agentur 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Die Welt ist im Durchschnitt um 1,1 Grad, die BRD sogar um 1,6 Grad wärmer. Mit 65 Milliarden Euro bezuschusst die Regierung den fossilen Energieverbrauch in Flugzeugen, Dieselmotoren usw. Beschäftigte von rund 2.000 Unternehmen wollten daher am Freitag auf die Straße gehen, um diese Art der Subventionen zu beenden. Viele Familien beteiligten sich, viele Mütter und Großeltern mit kleinen Kindern, voller Sorge um die Zukunft und die Lebensgrundlagen der Menschen.
SPD und Grüne trauten sich in den allermeisten Städten nicht, Flagge zu zeigen, wobei es schon noch viele von diesen Kräften beeinflusste Illusionen gab. „Vegan essen rettet das Klima!“ Etliche ähnliche Parolen gab es öfter. „Unsere Stadt – klimaneutral machen!“ Klimaneutralität ist ein Mythos, mit dem die Herrschenden von ihrer Verantwortung ablenken. „RWE enteignen!“ - hörte man auch immer wieder. Aber was würde denn die Ampel als neuer RWE-Chef anders machen?
Oft hörte man Sprechchöre wie „A – Anti – Anticapitalista!“ Aus Leipzig berichtet eine Korrespondentin, das sich erfreulich viele Gewerkschafter beteiligten, was auch in anderen Städten der Fall war. "In den Reden", so der Bericht aus Leipzig, "wurde teilweise das internationale Kapital als Verursacher genannt und von einer mutwilligen Zerstörung unserer Lebensgrundlage gesprochen. Auch, dass das dies Fluchtursache ist. Gleichzeitig wurde dann wieder das 1,5-Grad-Ziel beschworen und an die Bundesregierung appelliert, dieses doch noch einzuhalten.“ „In Lübeck mit 750 Teilnehmern war auch die Umweltgewerkschaftsgruppe mit einem Transparent gegen Fracking und einem Flugblatt, das zur Organisierung mobilisierte“ – die Umweltgewerkschaft trat auch in vielen anderen Städten auf.
In dieser Lage stießen REBELL und MLPD großteils auf Aufgeschlossenheit und Interesse. „Dass wir am Beginn einer umfassenden Umweltkatastrophe stehen und das Gerede vom 'Klimawandel"' absolut verharmlost, bestätigten einige. Auch eine deutliche größere Zustimmung, dass sich die Umweltfrage im Kapitalismus nicht lösen lässt und Offenheit zur Alternative des echten Sozialismus. Eine Ernüchterung über die Ampel war spürbar. „In Gelsenkirchen hatte der Jugendverband REBELL mit seiner Sprecherin Celina Jacobs zu einer Kundgebung auf dem Heinrich-König-Platz aufgerufen. Es war ein großer Stand mit umweltpolitischer Literatur aufgebaut. Celina Jacobs interviewte die zahlreich vorbeikommenden Kinder und Jugendlichen. Ins Zentrum der Redebeiträge rückte die Debatte darüber, wie wir zu einer Gesellschaft ohne Umweltzerstörung, Kriege und Ausbeutung und Unterdrückung kommen. ... Am Ende trugen sich 4 Jugendliche beim Rebell ein, die mitmachen wollen.“ Die einstige FFF-Gruppe rief in Gelsenkirchen gar nicht auf.
Wo breite Werbung gemacht wurde für das Buch der MLPD „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!", das am 8. Oktober erscheint, stieß dies auf Interesse und Nachdenklichkeit. Dass es mit dieser Regierung nicht geht, war weitgehend Konsens - aber vielleicht mit einer anderen? MLPD und REBELL traten für die gesellschaftliche Perspektive des Sozialismus ein. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren interessiert an einer Auseinandersetzung darüber. In Essen, in Bremen und in Stuttgart war dieses Interesse einigen selbsternannten Führern von FFF ein Dorn im Auge. In Essen hetzten die Versammlungsleiter die Polizei auf das Internationalistische Bündnis. Das Demonstrationsrecht wurde erkämpft, andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer solidarisierten sich.
In einem Bericht aus Leverkusen heißt es: „Auf der Demo trafen wir einen Mitarbeiter des ‚Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung‘. Naturgemäß pflegt dieser Think-Tank engsten Kontakt zu Vorständen der Konzerne. Der Kollege berichtete: ‚Bis vor kurzem haben die Chefetagen vor allem diejenigen Wissenschaftler und Meinungsmacher gepampert, die breit erzählt haben: ‚Es gibt keine Klimakrise, und wenn, dann ist sie nicht schlimm.‘ Aber vor kurzem fand ein radikaler Kurswechsel statt. Dieselben Herren lassen jetzt die Meinung verbreiten: ‚Die Katastrophe hat begonnen, dagegen kann man nichts tun, Schicksal, leider unausweichlich, - deshalb lasst uns das beste daraus machen und noch so lange wie möglich das Leben genießen!‘ Aber ich will kämpfen und nicht kapitulieren! Die Ankündigung der Neuerscheinung "Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen" interessierte ihn.
Nicht nur ihn! Der Aktionstag zeugt von Kampfbereitsschaft, Aufgeschlossenheit und Interesse - und von großem Klarungsbedarf über die ganz Dimension der begonnenen globalen Umweltkatastrophe und dem notwenigen gesellschaftsverändernden Umweltkampf.
Die Rote-Fahne-Redaktion bedankt sich herzlich für die Berichte und Korrespondenzen vom Aktionstag und die vielen schönen Fotos. Wir werden die Korrespondenzen in den nächsten Tagen alle veröffentlichen.