Im Korruptions-Ranking direkt hinter Russland

Im Korruptions-Ranking direkt hinter Russland

Ukraine: Welch Musterland der Demokratie!

Annalena Baerbock, grüne deutsche Außenministerin, war dieser Tage zum vierten Mal seit Kriegsbeginn in der Ukraine. Sie sicherte wieder "langanhaltende Unterstützung" zu, darunter neue Waffenlieferungen, und mahnte Richtung Bundeskanzler: "Die Ukraine braucht jetzt den Taurus."

Von gis
Ukraine: Welch Musterland der Demokratie!
Ukraine: Millionen fließen in die privaten Taschen korrupter Politiker, Staatsdiener und Oligarchen (shutterstock_2190133675)

Richtung EU erging die Mahnung, zügiger einen Stuhl für die Ukraine an den EU-Tisch zu stellen. Mahnende Worte richtet sie aber auch an Wolodimir Selenskyj: "Bei der Umsetzung des Anti-Oligarchen-Gesetzes und dem Kampf gegen Korruption gilt es noch einen Weg zu gehen".

Selenskyj unter Druck

Der ukrainische Präsident gerät wegen der Korruption von verschiedenen Seiten unter Druck. Gitanas Nauseda, der Präsident Litauens, äußerte Bedenken, dass die anhaltend gras­sie­ren­de Kor­rup­ti­on in der Ukrai­ne ernst­haft Ent­schei­dun­gen über Waf­fen­lie­fe­run­gen und Finanzunterstützung beeinträchtige. Verbreitet gibt es die Annahme, dass die Hälfte der Gelder, die die Ukraine aus dem Ausland bekommt, keineswegs für die Kriegsführung ausgegeben werden. Sondern in die Taschen korrupter führender Politiker und Oligarchen fließt. Auch im eigenen Land regt sich immer mehr Kritik daran, dass Selenskyj großspurig vom Kampf gegen Korruption tönte, aber nichts geschah. Im Gegenteil, seit Kriegsbeginn und in Verbindung mit dem Krieg feiert die Korruption fröhliche Urständ. Jetzt legte Selenskyj sein Veto gegen ein Gesetz ein, das das Parlament verabschieden wollte: Ein weiteres Jahr Geheimhaltung der Vermögensverhältnisse von Staatsbediensteten. Diesen Aufschub wird es laut Selenskyj jetzt nicht geben. "Hier geht es nicht nur um die politische Verantwortung des Parlaments, sondern auch um unsere Beitrittsverhandlungen mit der EU“. Die öffentliche Darlegung der Vermögen ranghoher Staatsdiener galt als wichtiger Schritt gegen die Korruption. Sie wurde 2022 wegen des Kriegs ausgesetzt, was jetzt offenbar beendet werden soll. Nicht, weil Selenskyj vom Saulus zum Paulus geworden wäre, sondern wegen der Empörung der Bevölkerung. Von der deutschen Bundesregierung kommt im Gegensatz dazu nur das leise bedenkliche Raunen von Frau Baerbock.

Ein Korruptionsskandal nach dem anderen

Korruption grassiert beim ukrainischen Zoll, in den Fi­nanz­äm­tern, bei Ge­rich­ten bis hin­auf zum Obers­ten Ge­richt, des­sen Prä­si­dent im Mai we­gen der An­nah­me von fast drei Mil­lio­nen Dol­lar Be­stechungs­geld ver­haf­tet worden war. Vor wenigen Ta­gen wurde der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Olek­si­j­ Res­ni­kow gefeuert. Hintergrund ist eine Recherche zu überhöhten Einkaufspreisen für Lebensmittel, die an Soldaten an der Front gehen sollten – sowie weitere Berichte über Ungereimtheiten bei Einkäufen im Verteidigungsministerium. Das Nachrichtenportal „Dserkalo Tyschnja“ meldete etwa den Einkauf von Jacken für die ukrainische Armee zu dreifach höheren Preisen als marktüblich. Berichte über mangelhafte Erste-Hilfe-Kästen für die medizinische Versorgung von Soldaten an der Front brachten Resnikow endgültig in Erklärungsnot. In Wehrämtern hat sich ein schwunghafter Handel mit Un­taug­lich­keits­be­schei­ni­gun­gen oder Streichung aus dem Wehr­re­gis­ter entwickelt. Dafür fließen Bestechungsgelder von bis zu 15 000 Dollar. Selenskyj musste alle 16 Wehrkommissionen, die es im Land gibt, komplett entlassen. Die Empörung der Massen ist zu Recht enorm. Wer Geld hat, kann sich oder seine Söhne vom lebensgefährlichen Wehrdienst freikaufen. Die Arbeiter und ärmere Leute müssen ihren Kopf hinhalten und werden als Kanonenfutter verheizt! Selenskyj fordert jetzt von Deutschland, Polen und Tschechien, dass sie wehr­pflich­ti­ge Ukrai­ner ausliefern, wenn sie sich in diesen Ländern aufhalten. 650.000 Deserteure, wie er sie nennt. In der Ukraine wie in Russland haben die Herrschenden größte Probleme, neue Soldaten zu rekrutieren. In beiden Armeen haben Zehntausende ihr Leben verloren.

Ein riesiger Sumpf - kein wesentlicher Unterschied zu russischen Verhältnissen

Der für Justiz und Kor­rup­ti­ons­be­kämpfung zuständige Oleh Ta­ta­tow steht selbst un­ter Kor­rup­ti­ons­ver­dacht. Ei­ne ent­spre­chen­de Er­mitt­lung wur­de vom In­lands­ge­heim­dienst, der Selenskyj direkt unterstellt ist, und der Ge­ne­ral­staats­an­walt­schaft nach Kriegsbeginn still­schwei­gend be­er­digt. Allein in den vergangenen Monaten und allein in Odessa deckten die nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine und ihre Kollegen der Sonderstaatsanwaltschaft Sapo Korruptionsschemata auf, bei denen es um Grundstücksgeschäfte und die Privatisierung des Flughafens von Odessa ging. Daran sollen führende Unternehmer ebenso wie der Bürgermeister, seine Stellvertreter und sein Amtsvorgänger beteiligt gewesen sein. Andere Ermittler und Staatsanwälte verhafteten eine Richterin bei der Annahme von Bestechungsgeld sowie Anfang September eine Finanzbeamtin nach einer Forderung von 5000 Dollar Bestechungsgeld. Anfang August flog auf, dass der Chef des militärischen Wohnungsamtes Bestechungsgeld gefordert hatte, damit die Reparatur einer Stromleitung für ein Militärobjekt ohne Hindernisse vorangehen könne. Immer wieder gibt es Nachrichten über Entlassungen oder Verhaftungen korrupter Staatsbeamter, jedoch folgt in den seltensten Fällen eine Anklage. Jetzt musste Selenskyj seinen einst wichtigsten Förderer, Ihor Kolomojskyj, verhaften lassen. Ein Gericht in Kiew hat gegen ihn wegen Betrugsverdacht Untersuchungshaft angeordnet. Zunächst bis 31. Oktober.

 

 

Dieser Artikel steht Leserinnen und Lesern von Rote Fahne News kostenfrei zur Verfügung. Die Erstellung von Rote Fahne News ist jedoch nicht kostenlos. Hier erfahren Sie / erfahrt ihr, wie man bequem für Rote Fahne News spenden kann!