Lampedusa
Bevölkerung versorgt Flüchtlinge - Menschenrechtsorganisationen prangern EU-Flüchtlingspolitik an
Am 12. September kamen auf der italienischen Insel Lampedusa mehr als 5.000 Menschen und 112 Boote an. Die Flüchtlingsboote kamen aus Libyen und Tunesien.
Obwohl seit langem bekannt ist, dass Lampedusa für viele Flüchtlinge aus Nordafrika die erste Anlaufstelle ist, unternimmt die italienische Regierung nichts, um dort für eine ausreichende Infrastruktur zu sorgen, was - in Verbindung mit Sizilien und Süditalien - durchaus möglich wäre. Ganz abgesehen davon, dass das Recht auf Flucht bedeutet, den Menschen sichere Routen und Ausreise in die Länder ihrer Wahl zu ermöglichen, um dort Asyl zu finden. Die italienische Regierung unter der Faschistin Giorgia Meloni tut bekanntlich das Gegenteil. Sie lässt die Situation auf Lampedusa sich zuspitzen, holt dazu den Segen der EU-Kommissionspräsidentin ein und versucht, zwischen Flüchtlingen und Einheimischen zu spalten, wo es nur geht. Aber ihre Rechnung geht nicht so auf, wie sie und andere Reaktionäre sich das vorstellen!
In einer gemeinsamen Erklärung von über 70 Flüchtlingshilfe- und Menschenrechtsorganisationen in Europa heißt es: "Mehrere Stunden lang saßen hunderte von Menschen ohne Wasser und Nahrung auf der Pier fest, bevor sie in den Hotspot von Lampedusa gebracht wurden. Der Hotspot ist ein Aufnahmelager, in dem die Neuankommenden von der lokalen Bevölkerung ferngehalten werden. Sie werden dort vorab identifiziert und ausgewählt, bevor sie auf das Festland verlegt werden. Das Lager verfügt mit seinen nur 389 Plätzen über keinerlei Kapazitäten, um die täglich auf der Insel ankommenden Menschen würdevoll aufzunehmen. Das Rote Kreuz und Mitarbeiter weiterer Organisationen wurden aus 'Sicherheitsgründen' daran gehindert, die Einrichtung zu betreten.
Am Donnerstagmorgen begannen viele Menschen aufgrund der unmenschlichen Situation, aus dem Hotspot zu fliehen, indem sie dessen Zäune überwanden. Angesichts des Versagens der italienischen Behörden, den Menschen einen würdevollen Empfang zu bereiten, hat die lokale Solidarität die Oberhand gewonnen. Viele lokale Bewohner engagieren sich, um Lebensmittel für die Menschen, die in der Stadt Zuflucht gefunden haben, zu organisieren und zu verteilen.
Darüber hinaus prangern verschiedene Organisationen die politische Krise in Tunesien sowie die humanitäre Notlage in der Stadt Sfax an, von der aus die meisten Boote nach Italien fahren. Derzeit schlafen etwa 500 Menschen auf dem Beb Jebli-Platz, die kaum Zugang zu Nahrungsmitteln oder medizinischer Versorgung haben. Die meisten von ihnen waren gezwungen, aus dem Sudan, Äthiopien, Somalia, Tschad, Eritrea oder Niger zu fliehen. Seit den rassistischen Äußerungen des tunesischen Präsidenten Kais Saied sind viele von ihnen aus ihren Häusern und von ihren Arbeitsplätzen vertrieben worden. Andere wurden in die Wüste deportiert, wo einige sogar verdursteten.
Im Andauern dieser Massenabschiebungen und während sich die Lage in Sfax weiter verschlechtert, hat die EU vor drei Monaten ein neues Migrationsabkommen mit der tunesischen Regierung geschlossen, um 'wirksamer in den Bereichen Migration', Grenzschutz und 'Kampf gegen den Schmuggel' zusammenzuarbeiten, wofür über 100 Millionen Euro bereitgestellt wurden. Die EU stimmte diesem neuen Abkommen zu – in voller Kenntnis der Gräueltaten, die die tunesische Regierung verübt hat, einschließlich der Angriffe der tunesischen Küstenwache auf Boote mit Fliehenden. Wir beobachten mit Besorgnis, wie die verschiedenen europäischen Regierungen ihre Grenzen verschließen und das Recht auf Asyl und grundlegende Menschenrechte nicht gewährleisten."