Flüchtlingspolitik
Stoppt die Berliner Regierung Geld für Seenotrettung?
Seit Wochen steigert sich die üble Hetze gegen Flüchlinge, die angeblich Deutschland überschwemmen, unberechtigt Krankenversorgungsleistungen ergattern und Wohnungen belegen. Folgt jetzt die nächste Stufe des menschenverachtenden Vorgehens der Bundesregierung gegen Flüchtlinge?
Die italienische Ministerpräsidentin startete einen Erpressungsversuch: Deutschland müsse alle Flüchtlinge aus Rettungseinsätzen aufnehmen, wenn diese staatlich unterstützt werden. Eilfertig sagt Kanzler Olaf Scholz, er habe das nie beantrag. Gleichzeitig wurde bekannt, dass im Bundeshaushalt 2024 keine Mittel für die private Seenotrettung vorgesehen sind.
Das löste empörte Proteste aus, bis zu Jusos und in die Grüne Partei. Schließlich hatte man im Koalitionsvertrag geschrieben: „Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Die zivile Seenotrettung darf nicht behindert werden.“ [1]
Empört äußerte sich der Bundessprecher des Freundkreises Füchtlingssolidarität, Alassa Mfouapon: "Es ist zutiefst beunruhigend, dass selbst humanitäre Hilfsorganisationen wie die Seenotrettung nicht mehr ausreichend finanziert werden. Diese Schließung gefährdet nicht nur das Leben von Menschen, sondern zeigt auch ein besorgniserregendes Versagen unserer Weltgemeinschaft." Sein Stellvertreter Azumah Bilpit ergänzt: "In einer Zeit, in der die Zahl der Flüchtlingen auf gefährlichen Fluchtrouten weiter steigt, muss die internationale Gemeinschaft alles in ihrer Macht Stehende tun, um Leben zu retten."
Auch Hilfsorganisationen wie „sea-eye“ wandten sich an das zuständige Außenministerium. Im Laufe des Samstag musste das von Annalena Baerbock geführte Ministerium zurückrudern: Dass die Mittel im Bundeshaushalt fehlen, sei ein „technisches Versehen“.[2] So ein Zufall! Bereits im Juni hatte der SPIEGEL gemeldet: Baerbocks Ministerium „hält die versprochene Zahlung an zivile Seenotretter zurück – aus Rücksicht auf die italienische Regierung?“ [3]
Jedenfalls hatte der Protest Wirkung! Das Auswärtige Amt lenkt ein, die Unterstützung sei bis 2026 gesichert. Insgesamt geht es um zwei Millionen Euro: Für die christliche Gemeinschaft Sant'Egidio zur Versorgung an Land, für die Seenotrettungsorganisationen SOS Humanity und Sea-Eye - jeweils zwischen 300.000 und 800.000 Euro. Die meisten Hilfsorganisationen bekommen nichts. Das ist angesichts der gigantischen Aufgabe der Seenotrettung ohnehin nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Mit der Rechtsentwicklung vieler Regierungen in Europa werden die Rechte für Flüchtlinge und Migranten immer mehr abgebaut. Im Seevölkerrecht ist festgehalten, dass jeder Mensch unabhängig vom Fluchtgrund in Seenot gerettet werden muss. Seit Anfang 2023 sind mehr als 57.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Allein in den ersten Monaten des Jahres sind dabei 983 Menschen ums Leben gekommen oder gelten als vermisst. Das ist die höchste Zahl seit 2017.
Im 11-Punkte-Programm der MLPD für eine fortschrittliche Flüchtlingspolitik heißt es: „Die latente Existenzkrise der Menschheit die der Imperialismus verursacht hat, wird in den nächsten Jahren Millionen Menschen in die Flucht treiben. Sie werden sich ihre Wege bahnen, weil Elend und die Unmöglichkeit zu Leben immer größer wird. Niemand wird sie mit Grenzzäunen oder Abkommen aufhalten können. Das hat sich in den letzten Jahren erwiesen.“
Gefordert wird unter anderem ein „Verbot aller flüchtlingsfeindlichen Hetze und Propaganda!“ Und „Fluchtursachen müssen konsequent bekämpft werden und nicht die Flüchtlinge!“
„All diese Forderungen können im Einzelnen erkämpft werden. In ihrer Gesamtheit ist dafür eine sozialistische Gesellschaftsordnung, befreit von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung nötig. Wer die Fluchtursachen bekämpfen will, der muss für die Überwindung des Imperialismus kämpfen.“
[1] „Mehr Fortschritt wagen“, Zeile 4781
[2] Www.faz.net 7.10.23
[3] SPIEGEL 14.6.23