Am 29. Oktober 1923 Republik ausgerufen

Am 29. Oktober 1923 Republik ausgerufen

Vor hundert Jahren wurde die Türkei gegründet

Zur Gründung des türkischen Nationalstaates schrieb Willi Dickhut im ersten Band seines Buches "Proletarischer Widerstand gegen Faschismus und Krieg":

Von hi

"Der Friedensvertrag von Sèvres 1920 sah eine Aufteilung der Türkei in französische, griechische und italienische Einflußsphären vor, rief aber einen national-revolutionären Widerstand der Türken unter Mustafa Kemal Pascha hervor. Die Griechen, die, von England ermuntert, zuerst erfolgreich in Kleinasien eindrangen, wurden 1922 vernichtend geschlagen und aus dem Land verdrängt. Dadurch erzwangen die Türken die Unabhängigkeit, erhoben Ankara, früher Angora genannt, zur Hauptstadt und riefen am 29. Oktober 1923 die Republik aus. Das Kalifat wurde offiziell abgeschafft, die Politik von religiösen Vorurteilen befreit, das Land modernisiert und das Schulwesen mit allen Mitteln gefördert, weil 95 Prozent der Bevölkerung Analphabeten waren." (Seite 53f)

 

Auf Seite 323 im gleichen Buch heißt es: "Das Ende des I. Weltkriegs brachte das Ende des Großtürkischen Reiches. Während der allgemeinen Balgerei der imperialistischen Mächte und ihrer Trabanten um die türkische Beute entflammte plötzlich der nationale Widerstand der Türken unter Führung Kemal Paschas, unterstützt von der Sowjetunion, die 1921 einen Vertrag mit der neuen Türkei abschloß, in dem es hieß: 'Die beiden Vertragsstaaten stellen die Gemeinsamkeit der nationalen Freiheitskämpfe im Orient mit dem Kampf der Werktätigen Rußlands für eine neue Ordnung fest und verkünden nachdrücklichst das Recht der islamischen Völker auf Freiheit, Unabhängigkeit und eine Regierungsform, die ihren Wünschen entspricht.'

 

Die Sowjetunion förderte den türkischen Widerstand gegen den Imperialismus, unterstützte jeden Versuch der Heraushebung aus dem halbkolonialen Zustand und beschleunigte durch Kredite und wirtschaftliche Beihilfe die kapitalistische Entwicklung der Türkei. Der Sieg des bürgerlichen Nationalismus in der Türkei war der Beginn der kapitalistischen Phase des Landes. Die industrielle Entwicklung der Türkei, wie auch anderer aus dem halbkolonialen Zustand herausgewachsener Länder, mußte die wirtschaftlichen Möglichkeiten der imperialistischen Länder einengen, die Allgemeine Krise des Weltkapitalismus vertiefen und die Gegensätze untereinander verschärfen.

Proletarischer Widerstand gegen Faschismus und Krieg

2 Bücher zusammen 796 Seiten

25,50 €

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Darum unterstützte die Sowjetunion die industrielle Entwicklung der Türkei. So stieg die Anzahl der Betriebe von 1929 bis 1936 von 342 auf 1 595. Die Sowjetunion lieferte zum Beispiel ganze Fabrikanlagen für Textilkombinate. Zellstoff-, Glas- und Chemieindustrie und Bergbau zur Förderung der reichen Bodenschätze (Kohle, Eisen, Schwefel und Buntmetalle) entstanden. Eine eigene Schwerindustrie soll gegründet werden."

 

Mustafa Kemal Atatürk verfolgte eine Politik im Interesse der nationalen Bourgeoisie: für nationale Unabhängigkeit, kapitalistische  Industrialisierung, Modernisierung und Säkularisierung des Landes und zur Einschränkung imperialistischen Einflussnahme. Diese gegen den Imperialismus gerichtete Politik wurde von der Sowjetunion unterstützt.

 

Innenpolitisch nahm die Türkei allerdings bald Kurs auf die reaktionäre Unterdrückung  der kommunistischen und Arbeiterbewegung, gegen den Kampf des kurdischen Volkes um nationale und soziale Befreiung. Der kommunistische Dichter und Schriftsteller Nazim Hikmet, der 1924 aus der Sowjetunion zurückkehrte, wurde schon ab Anfang 1925 politisch verfolgt. Ein kurdischer Aufstand im Februar1925  diente als Vorwand für das „Gesetz zum Schutz der öffentlichen Ordnung“, mit dem u.a. linke und revolutionäre Zeitungen verboten wurden. Hikmet wurde am 23. Januar 1928 In Abwesenheit zu Gefängnis verurteilt. Einziger Grund: Er habe am Parteitag der türkischen kommunistischen Partei in Wien teilgenommen.

 

1952 wurde die Türkei Mitglied der NATO und geriet in neokoloniale Abhängigkeit vor allen vom US-Imperialismus. 1960, 1971 und 1980 putschte das Militär im Auftrag von reaktionärer Großbourgeoisie und des Imperialismus, gefördert von NATO und CIA. Die Putsche 71 und 80 gingen einher mit der blutigen Unterdrückung der erstarkten Arbeiterbewegung und der revolutionären Linken.

 

Heute ist die Türkei eine aggressive neuimperialistische Macht, die ihre geopolitische Schlüsselrolle für den Kampf um eine Vormachtstellung vor allem im Nahen und Mittleren Osten nutzt. 2017 wurde unter Erdogan die offene faschistische Diktatur errichtet, mit der die letzten bürgerlich- demokratischen Rechte beseitigt wurden. Doch auch mit brutaler Unterdrückung konnte der antifaschistische Kampf für Freiheit und Demokratie,  konnten Kämpfe der kampferprobten Arbeiterklasse und der Widerstand des kurdischen Volkes nicht erstickt werden.

 

Der Kampf gegen den Faschismus, der Klassenkampf der Arbeiterklasse und der Kampf für nationale und soziale Befreiung des kurdischen Volkes sind mit ihren Kamperfahrungen und revolutionären Traditionen wichtige und unverzichtbare Bausteine im Aufbau der internationalen antiimperialistischen Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung.