Lebensgefahr in der Lausitz

Lebensgefahr in der Lausitz

Verbrechen an Mensch und Natur

"Sand wegbaggern, Kohle rausholen, Wasser rein"* - genau das geschieht seit vielen, vielen Jahren in der Lausitz.

Von Landesleitung Berlin-Brandenburg der MLPD
Verbrechen an Mensch und Natur
Bergleute der LEAG in der Oberlausitz bei einem Warnstreik

Jahrzehntelang wird der Braunkohletagebau und seine Sanierung nach dem gleichen Prinzip gemacht: Beim Ausbaggern der Kohle entsteht ein Restloch, das mit Wasser gefüllt wird. Die Reste der alten Tagebaue, die biologisch praktisch tot sind und die riesige Mondlandschaften bilden, werden so mit Wasserflächen bedeckt. Angepriesen wird das dann von den verursachenden Energiemonopolen und ihren Politikern in der Landesregierung als Freizeitparadies mit Seenlandschaft. Berechtigt freuen sich viele über Freizeitanlagen. Nur: Bei diesen "Seenparadiesen" ist es mit Entspannung weder für den Mensch noch für die Natur weit her. 

 

Alleine der Begriff "Lausitzer Seenlandschaft", wie das Ganze mittlerweile werbeträchtig verkauft wird, ist schon irreführend: Was ein natürliches Idyll aus Wasserflächen und Naherholungsgebieten nahelegt, ist nichts anderes, als das "Zudecken" völlig zerstörter und toter Natur mit Wasser. Wahrlich idyllisch... .

 

Wenn nach dem Ausbaggern der Kohle die Grundwasserpumpen abgeschaltet werden, steigt das Wasser und die Hohlräume im Sandboden der Lausitz füllen sich mit Wasser. Der Boden weicht regelrecht auf. Es kann zu großflächigem so genannten Setzungsfließen kommen und ganze Landstriche können abrutschen. "Bei Setzungsfließen besteht Lebensgefahr".*  Das ist selbstverständlich auch dem Tagebaubetreiber LEAG und der Landesregierung bekannt. Schließlich gab es in der Lausitz schon mehrere solcher Abrutsche (Knappensee 2021, Senftenberger See 2018, Felixsee 2018, Geierswalder See 1998, Hoyerswerda 1996 usw.). In Wales (Großbritannien) verloren sogar 144 Menschen ihr Leben (Aberfan-Katastrophe)*. Die schöne Vision eines Seenparadieses kann aber auch deshalb nicht Wirklichkeit werden, weil schlicht das Wasser fehlt: "7 Mrd. m³ Wasser, das Doppelte des Starnberger Sees, fehlen derzeit in der Lausitz"*. Das ist allerdings nur für den "Normalbetrieb" gerechnet. Was das Umweltbundesamt in seiner Studie nicht berücksichtigt: Die globale Klimakatastrophe hat begonnen und das bedeutet auch eine zunehmende Verdunstung.

 

Hinzu kommt, dass aus der 258 km² großen "Lausitzer Super-Seenplatte" (so groß wie der halbe Bodensee) in einem trockenen Sommer 195 Millionen m³ Wasser verdunsten. Aus diesem Grund musste im vergangenen Jahr der Zufluss in den riesigen Ostsee bei Cottbus gestoppt werden.


Für den Wassermangel in der Lausitz hat das Umweltbundesamt die gute Idee: Wasser aus Elbe, Oder und Neiße umleiten. Bei der Neiße sollte man sich beeilen, damit ihr Wasser nicht im Riesenloch des Braunkohletagebaus Turów in Polen verschwindet. Und bei der Oder sollte man sich überlegen, ob das eine gute Idee ist, denn: Dort gab es vor einem Jahr ein riesiges Fischsterben. An diesem Fluss potenzieren sich drei ökologische Krisen oder Katastrophen: die Klimakatastrophe, das Artensterben und die Vergiftung durch die Industrie. Und überhaupt: Die Klimakatastrophe macht vor den Ufern von Elbe und Neiße nicht halt. Wenn das Umweltbundesamt auf die Umleitung von Elbe, Neiße und Oder so großen Wert legt, dann nicht, um die Lausitzer glücklich zu machen. Es geht auch nicht darum, den ökologisch und touristisch einzigartigen Spreewald, ein UNESCO-Biosphärenreservat, zu erhalten, sondern es liegen hochfliegende - und vor allem Profit versprechende - Pläne in der Schublade, die Lausitz zu einer grünen Wasserstoffregion zu machen."Das könnte mit den milliardenschweren Fördermitteln des Bundes aus dem Strukturwandelfonds Wasser und der Wasserstoffstrategie"* des Umweltbundesamtes zusammenhängen. "Denn das Gold der Lausitz ist nicht mehr schwarz, sondern blau"*.


All diese Pläne und Planungen gehen zurück auf die Studie des Umweltbundesamtes mit dem Projekttitel: "Folgen des Braunkohleausstiegs", die seit 2021 läuft. Das verwendete Wasserhaushaltsmodell bezieht sich auf das Referenzklima zwischen 1951 und 2006, womit die rasante Klimakatastrophe der letzten zehn Jahre mutwillig und bewusst ignoriert wird.

 

Was für eine Überraschung: Im Konsortium der Studie des Umweltbundesamtes sitzt federführend eine Firma namens GMB, eine hundertprozentige Tochter der LEAG.


Das wirft die Frage auf, wer hinter der LEAG steht. Die Mutter der LEAG ist die EPH (Energeticky a Prumyslovy Holding). Die EPH ist ein undurchschaubares Firmengeflecht, an dem der berüchtigte tschechische Milliardär Kretinsky 51 Prozent hält. Eine Studie der tschechischen Nichtregierungsorganisation Re-Set bezeichnet das Firmenimperium zusammenfassend als "Spekulationsobjekt: Abfindung". "Denn die Art und Weise, wie Kretinsky hier sein Firmenimperium aufgebaut hat, lässt befürchten, dass er sich aus dem Staub macht, sobald es nichts mehr zu holen gibt - etwa mit den angesparten Milliarden für die Rekultivierung der ostdeutschen Landschaften!"*. Die LEAG hat rechtzeitig dafür gesorgt, dass sie von den "Ewigkeitskosten" verschont bleibt: Ihre Entschädigungssumme wurde offiziell auf 26.000 Euro begrenzt. Ein Witz angesichts milliardenschwerer Renaturierungskosten und unbezahlbarer Umweltschäden.


Die Bergleute werden seit Jahren mit dem Ausstieg aus dem Tagebau hingehalten, ohne dass auch nur minimale Anstrengungen für gleichwertige Ersatzarbeitsplätze unternommen werden, weder von der Landesregierung noch von der Bundesregierung oder der Gewerkschaftsführung. Die LEAG lacht sich ins Fäustchen über ihre Milliardengewinne und das vergoldete Risiko und macht sich aus dem Staub. Zurück bleiben die Bevölkerung, die Bergleute und ihre Familien in ihrer Mondlandschaft mit Abraumgiften wie Nickel, Kupfer, Quecksilber, aber auch radioaktiven Stoffen. Sie wollen Arbeit und Umweltschutz. Die Kumpel aus Bischofferode haben es auf den Punkt gebracht: »Um uns selber müssen wir uns selber kümmern«.

 

Es ist gut, dass sich vor kurzem in der Lausitz eine Stadtgruppe der Bergarbeiterbewegung Kunpel für AUF gegründet hat. Sie ist Teil der internationalen Bergarbeiterbewegung, die im September dieses Jahres die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz (IMC) in Thüringen durchgeführt hat. In ihrer Abschlussresolution hat die IMC festgehalten: "Insbesondere der Ausbau des Tagebaus zerstört die Natur und vertreibt die Menschen aus ihrem angestammten Lebensraum. Diese kapitalistische und imperialistische  Herrschaft, unterstützt von der staatlichen Politik, führt nicht zuletzt in kriegerische Auseinandersetzungen mit unendlichem Leid und in eine globale  Umweltkatastrophe mit der Gefahr der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit. ... Aber diese Kämpfe stehen oft noch alleine. Das muss sich ändern! ... Kein Kampf darf mehr allein stehen!".