Die Grünen
Streit - nicht ob, sondern wie sehr man sich verbiegen will
Heute beginnt der kombinierte Bundes- und Europa-Parteitag der Grünen in Karlsruhe; 825 Deligierte, 4000 Besucher und harte Debatten werden erwartet. Vier Tage soll die Konferenz dauern. Die Führung der Grünen will offensichtlich weiter regieren – auf Teufel komm’ raus. In der Basis aber regt sich Widerstand gegen den offensichtlichen Ausverkauf aller Positionen, die die Grünen vor der Wahl noch in Anspruch genommen hatten.
„Machen, was zählt“ ist das Motto des Parteitags. Das klingt markig und ist schön vage, denn darüber, was das heißt, gehen die Meinungen bei den Grünen mittlerweile weit auseinander. An der Basis herrscht Unzufriedenheit, zumal die Grünen für ihre „Realpolitik“ in der Ampelregierung von den Wählern in Berlin und Hessen nicht gnädig behandelt wurden. 1500 Anträge wird der Parteitag in seinen vier Tagen zu behandeln haben – auch der Vorstand wird neu gewählt.
Im Kern der Auseinandersetzung steht insbesondere die Flüchtlingspolitik, die vielen Grünen an der Basis ein durchaus ehrliches Anliegen ist. Die Politik der Ampel ist mit dem Engagement, was viele Mitglieder an der Basis für Geflüchtete zeigen, objektiv unvereinbar.
Ein von mehr als 1000 Parteimitgliedern unterzeichneter offener Brief klagt, „dass die Grünen auf Bundesebene wie eine Partei wirken, die alles mitträgt – egal, wie sehr es eigenen moralischen und politischen Grundsätzen zuwiderläuft – um zu regieren.“ So würden „die Grünen von einer Partei für echte Veränderung zu einer Werbeagentur für schlechte Kompromisse“.
Das geht natürlich auch an der Realität vorbei, denn die Grünen „wirken“ nicht nur so, sie sind es auch. Schon in der Vergangenheit sind die Grünen immer eingeknickt, wenn es ernst wurde. Den Frieden als außenpolitisches Ziel haben die Grünen nicht zum ersten Mal in der Ukraine vergessen: Es war schließlich eine SPD-Grünen Regierung, die 1998/99 den ersten offenen deutschen Angriffskrieg befahl und deutsche Flieger Belgrad bombardieren ließ.
Da ist es nur folgerichtig, dass die Grüne Basis in ihrem Offenen Brief dann wieder erklärt: „Wir sind bereit für Kompromisse, wir sind aber nicht bereit, unsere Grundwerte aufzugeben.“ Es wird, bei allen Debatten, also am Ende nicht darum gehen, keine Positionen aufzugeben – sondern nur wie viele und wie weitgehend.