Brief an den Zentralrat der Juden in Deutschland

Brief an den Zentralrat der Juden in Deutschland

Fall Gil Ofarim: Ich hatte keine Zweifel daran, dass er das erfunden hat

Der Musiker hatte in einem Video-Post öffentlich gemacht, dass er aufgrund eines Davidsterns als Schmuckstück nicht in ein Hotel hätte einchecken dürfen. Gelogen: Wie er nun vor Gericht gestehen musste. Dazu dokumentiert "Rote Fahne News" den Brief eines Lesers an den Zentralrat der Juden in Deutschland:

Korrespondenz

Ich stimme Ihnen vollständig zu, wenn Sie aktuell angesichts des Geständnisses von Gil Ofarim, das zeigt dass seine Antisemitismusvorwürfe aus kleinbürgerlicher Eitelkeit und Rachsucht frei erfunden waren, schreiben: „Damit hat Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt.“ (https://www.zentralratderjuden.de/aktuelle-meldung/artikel/news/statement-zum-gestaendnis-von-gil-ofarim/)
Ich bin konsequenter Gegner jedes Antisemitismus und Herr Ofarim hat diesem Kampf einen Bärendienst erwiesen.


Ich bin aber nicht mit Ihrer folgenden Aussage einverstanden: „Es ist richtig, bei einem Antisemitismusvorwurf auf der Seite des Betroffenen zu stehen, ihm beizustehen und die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht in Frage zu stellen“. Ich hatte vom ersten Bericht von Herrn Ofarim an keinen Zweifel daran, dass seine Darstellung ganz oder in weitesten Teilen erfunden ist.

 

Dass jemand in einer gefüllten Hotel-Lobby ruft, dass man nur ohne Davidstern Zutritt zum Hotel erhält, das Hotel mit internationalem Publikum das sanktioniert und niemand (!) dagegen protestiert oder das auch nur mitbekommen haben will – das ist angesichts des immer noch ausgeprägten antifaschistischen Bewusstseins in Deutschland mehr als nur unwahrscheinlich. Wer sich seine Story ungeprüft zu eigen machte, ritt doch nur auf der medialen Welle einer Fehleinschätzung der Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen.


Im Grunde rechtfertigen Sie doch nur, dass Sie sich vorschnell auf die Seite Ofarims gestellt haben. Wieso hat denn Ihr Herr Dr. Schuster im Oktober 2021 mal eben so getwittert: „Dr. Schuster: ‚Die antisemitische Anfeindung gegen @GilOfarim ist erschreckend. So wie zu hoffen ist, dass das @westin personelle Konsequenzen zieht, hoffe ich ebenso, dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden.‘ #Antisemitismus“. Ihr Herr Dr. Schuster hat selbst grundlos „personelle Konsequenzen“ gefordert, ohne jede Prüfung der Sache.


Wieso bitte schön darf man übrigens keine angebliche persönliche „Erfahrung“ in Zweifel ziehen? Und wieso soll man dies gerade in Fragen des Antisemitismus nicht tun dürfen? Indem man sich dermaßen subjektivistisch verhält, leistet man selbst Antisemitismus Vorschub (ohne dass dieser dadurch entschuldigt würde). Oder würden Sie jeder Erfahrung palästinensischer Menschen mit reaktionärem Zionismus schon mal vorab Glauben schenken? Hier wäre allerdings sicherlich mehr Empathie angebracht.


Es ist doch typisch, dass ohne Prüfung heute auch jedwede Kritik an der reaktionären Netanjahu-Regierung als „antisemitisch“ verunglimpft wird, während der tatsächliche Antisemitismus tendenziell heruntergespielt wird.


Im Kampf gegen Rassismus jedweder Art sollte man immer Vertrauen mit Wachsamkeit paaren.

 

Mit freundlichen Grüßen