Argument

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Von wegen "Wohlstand ohne Ende"

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Thorsten Frei ließ es sich wieder einmal nicht nehmen, die Menschen in seinem Wahlkreis auf seine Sicht der Dinge einzustimmen.

Von ka

Der gute Mann macht sich Sorgen, denn seiner Meinung nach ist Deutschland das einzige Industrieland der Welt, dessen Wirtschaft schrumpft. Und er hat auch gleich die Verantwortlichen im Blick. Wir Arbeiterinnen und Arbeiter, wer denn sonst? Wir wollen immer mehr, ohne entsprechend mehr zu leisten. Denn, so Frei: „Die Idee vom anstandslosen Wohlstand funktioniert nicht. Wir können nicht mit weniger Arbeit gleich viel Wohlstand erreichen“. Deshalb will er steuerfreie Überstundenzuschläge, eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit, ebenfalls garniert mit Steuererleichterungen. Frei spricht hier von der „Aktivrente“. Erhöhung der Ausbeutungsrate durch längere Arbeitszeiten, verbunden mit einer intensiveren Ausbeutung auf dem heutigen Stand der Technik. Mit der Folge, dass Arbeitsplätze abgebaut bzw. nicht neu geschaffen werden.


Das belehrt uns ausgerechnet einer, der noch nie in einer Fabrik gearbeitet hat, von Akkord- und Schichtarbeit ganz zu schweigen. Oder ist er selbst Nutznießer eines „anstandslosen Wohlstands“?


Wie ist das mit dem Wohlstand im Kapitalismus? Marx hat herausgearbeitet, dass das Gesetz der kapitalistischen Akkumulation (also der Anhäufung von Kapital) an einem Pol Wohlstand hervorbringt. Bei denen, die über die Produktion herrschen und sich den Profit aneignen. Und wer wollte das leugnen angesichts der horrenden Profite, der wachsenden Zahl von Milliardären, die auf die steigende Produktivität der Arbeiter zurückzuführen ist? Reichtum auf der einen Seite bedeutet Verelendung auf der anderen Seite für einen immer größer werdenden Teil der Arbeiterklasse. Die globale Realität mit Hunger, Armut, Flüchtlingsströmen zeigt das deutlich.

 

Und auch der hier in den alten imperialistischen Ländern zeitweilig erkämpfte Wohlstand wird für große Teile der Gesellschaft systematisch abgebaut. Inflation, horrende Lebensmittel- und Grundversorgungspreise. Senkung des Rentenniveaus von 60 auf heute 48% mit weiter fallender Tendenz, Anstieg der von Armut betroffenen Rentner auf heute über 20%, zunehmende Zerrüttung der Familien, Kinderarmut, drohende Massenentlassungen, Verschlechterung des Gesundheitssystems usw. usf. Ganz zu schweigen von der mutwilligen Zerstörung der Umwelt, der Untergrabung unserer Lebensgrundlagen.

 

Das Gesetz der Anhäufung von Reichtum auf der einen Seite und der gleichzeitigen Verschlechterung der Lage der arbeitenden Massen kann im Kapitalismus nicht aufgehoben werden. Marx hat darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz durch vielfältige Umstände ständig modifiziert wird. Und diese Umstände bestehen in der Art und Weise, wie wir uns organisieren, wie wir den Kampf um unsere Rechte führen und damit die Kapitalisten zu zeitweiligen Zugeständnissen an uns zwingen. Das hat nicht zuletzt die Tarifrunde gezeigt. Im Kapitalismus kann es keinen Wohlstand für alle geben, genauso wenig wie es allen gleich schlecht geht. Jeder Wohlstand, jedes Recht ist erkämpft und wird von den Kapitalisten immer wieder in Frage gestellt. Nichts ist von Dauer. Wohlstand für alle setzt voraus, dass es keinen Kapitalismus gibt.