Gelsenkirchen
6.500 demonstrieren gegen AfD - MLPD und Internationalistisches Bündnis Aktivposten im Kampf gegen Faschismus
Die Massenproteste am 27. Januar in Gelsenkirchen wurden mit einer kämpferischen Auftaktkundgebung des Internationalistischen Bündnisses eröffnet. In Sichtweite des Hans-Sachs-Hauses machten rund 200 Antifaschistinnen und Antifaschisten in verschiedenen Redebeiträgen deutlich, was sie vom „Bürgerdialog“ der AfD im Hans-Sachs-Haus halten: Sie forderten das Verbot der AfD!
Moderiert von Monika Gärtner-Engel von der MLPD und von Celina Jacobs vom Jugendverband REBELL zeigte die Kundgebung von Anfang an klare antifaschistische Kante. Dr. Willi Mast vom überparteilichen Kommunalwahlbündnis AUF Gelsenkirchen, der die Kundgebung angemeldet hatte, sprach sich vehement dagegen aus, dass die AfD von der Stadt das Hans-Sachs-Haus für Ihre Veranstaltung zur Verfügung gestellt bekommen hatte.
Stefan Engel, langjähriger Vorsitzender der MLPD und Redaktionsleiter des theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG, freute sich, dass so viele Menschen auf der Straße waren, um der Rechtsentwicklung in Gelsenkirchen wie in Deutschland entgegenzutreten. Er stellte heraus, dass es das Internationalistische Bündnis und die MLPD waren, die in einem Prozess in Thüringen juristisch feststellen ließen, dass Björn Höcke als „Faschist“ bezeichnet werden darf. Damit wurde die in den bürgerlichen Medien gängige Verharmlosung der Faschisten als „Rechtspopulisten“ etc. durchbrochen. Er stellte den Charakter des Faschismus deutlich heraus: Die Faschisten sind das reaktionärste, am meisten chauvinistische, am meisten imperialistische Element des Finanzkapitals. Er rief der Kundgebung zu, dass man sich über die terroristische Richtung, die mit dieser Rechtsentwicklung eingeschlagen wird im Klaren sein muss. Es geht hier nicht mehr nur um Rassismus und Migrantenhetze. Es geht um die demokratischen Rechte und Freiheiten und um eine andere Art und Weise, in diesem Land zu regieren. Diese Entwicklung ist international zu sehen. Sie zeigt sich an Leuten wie Donald Trump, Giorgia Meloni in Italien, Millei in Argentinien etc. Den Hintergrund für diese Rechtsentwicklung machte er in der Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion aus. Mit dem Entstehen von neuimperialistischen Ländern, in denen Entscheidungen schnell und undemokratisch ohne Parlament gefällt werden, bekam diese Rechtsentwicklung einen kräftigen Schub. Er stellte unter Beifall fest, dass es wichtig ist, dass sich die Arbeiterbewegung international gegen Faschismus, Rassismus und die Zerstörung der natürlichen Umwelt zusammenschließt. Denn es ist die Arbeiterbewegung, die den Faschismus vor allem bekämpfen muss. Er begrüßte es, dass das antifaschistische Bewusstsein, das tief in der Masse der Bevölkerung in Deutschland verankert ist und in der letzten Zeit etwas verschüttet war, jetzt wieder mit Macht hervorbricht. Er stellte fest, dass wir aktuell in Deutschland die größte antifaschistische Massenbewegung haben. Sie ist sogar dabei, noch größer zu werden, als die in den frühen 1990er-Jahren.
Monika Gärtner-Engel stellte heraus, dass in einer Stadt wie Gelsenkirchen, mit 167 Nationalitäten, der Satz „Hoch die internationale Solidarität!“ absolut relevant sei. Die Solidarität gehört hier im Alltag dazu.
Eine Demonstrantin aus Recklinghausen wandte sich in ihrem Beitrag gegen Rassismus und erklärte, dass jeder von uns irgendwo einen Migrationshintergrund hat.
Petra Müller, Ver.di-Vertrauensfrau, bezeichnete die AfD als das, was sie ist: rassistisch und frauenfeindlich. Weiter sprachen Vertreter der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International aus Griechenland, Spanien und aus dem Kongo. Ein 1938 geborener Gelsenkirchener mahnte, dass eine "Machtübernahme" an Faschisten, wie sie 1933 geschehen war, nicht noch einmal passieren dürfe und dass es an uns allen liege, das zu verhindern.
Eva Wanneck von der MLPD Gelsenkirchen-Gladbeck erinnerte an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die sozialistische Rote Armee der Sowjetunion. Das passte sehr gut zum am gleichen Tag stattfindenden Holocaust-Gedenktag.
Zwei Kinder der Kinderorganisation Rotfüchse erklärten am offenen Mikrofon, dass sie nicht wollen, dass die AfD gewinnt, denn sie wollen, dass ihre Freundinnen und Freunde aus verschiedenen Ländern in Deutschland bleiben dürfen.
Christian Link von der Bergarbeiterinitiative Kumpel für AUF wandte sich in seinem Redebeitrag gegen den ehemaligen Bergmann und Betriebsrat Guido Reil aus Essen, der seinerzeit von der SPD zur AfD gewechselt war, heute im Europaparlament sitzt und dort nicht einen einzigen Beitrag für die Bergleute geleistet hat – eben typisch arbeiterfeindlich, wie die AfD von ihrem Wesen her ist.
Lisa Gärtner vom Zentralkomitee der MLPD deckte die Umwelt- und Klimafeindlichkeit der AfD auf. Diese will komplett aus erneuerbaren Energien aussteigen und auf Atomkraftwerke umsteigen. Es war nicht das erste Mal, dass die AfD von dieser Kundgebung laute Buh-Rufe zu hören bekam. Applaus gab es dann für die Ansage, dass es nicht nach rechts und zurück gehen kann, sondern dass es nach vorne gehen muss - und nach vorne ist der echte Sozialismus, damit die Ursachen dieser kapitalistischen Politik überwunden werden.
Gerd Labatzky, langjähriger Betriebsrat bei Küppersbusch und IG-Metaller sprach sich in seinem Redebeitrag für ein Verbot der AfD aus, damit die Jugend in dieser Stadt und in diesem Land eine antifaschistische Zukunft hat.
6500 Antifaschistinnen und Antifaschisten auf den Beinen
Im Anschluss begann die Kundgebung des „Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung“. Hier waren bis zu 6500 Menschen auf dem Heinrich-König-Platz zusammengekommen. Gelsenkirchen zeigte an diesem Tag das es trotz hoher Umfragewerte für die AfD immer noch eine antifaschistisch geprägte Arbeiterstadt ist. Auf dieser Kundgebung sprachen Vertreter von SPD, Grünen, Linkspartei, der AWO und Klimaschützer. Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) sprach ebenfalls, musste sich aber aus dem Publikum durchaus die Frage gefallen lassen, wie es sein kann, dass die AfD ihre Hetze im Hans-Sachs-Haus verbreiten darf. Auf der Demonstration sah man dutzende, meist witzige, selbstgemalte Schilder gegen die AfD. Die vielen AP-Trupps der MLPD und des REBELL trafen auf großes Interesse. Viele nahmen zum ersten Mal antifaschistisches Material der MLPD. Viel Interesse erregte auch das neue Buch von Stefan Engel, Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner, "Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!". Adressen wurden getauscht und Besuche für die nächste Zeit ausgemacht. Eine ganze Reihe Jugendlicher wollen im Jugendverband REBELL mtimachen.
Kundgebung vor dem Hans-Sachs-Haus
Parallel entstand eine weitere Kundgebung vor dem Hans-Sachs-Haus. Hier machten bis mindestens 200 Antifaschistinnen und Antifaschisten bis in den späten Abend hinein deutlich, was sie von der AfD und dem Faschismus halten: „Nazis raus“-Chöre, Parolen wie: „Hinter dem Faschismus steht das Kapital“, „Nie wieder 1933“, „AfD-Verbot“, und andere kreative Sprechchöre waren zu hören. Es waren viele junge Leute da und die Stimmung war sehr kämpferisch.
Polizei ignorierte Hitlergrüße und kriminalisiert Antifaschistinnen
Als unmöglich muss das Verhalten der eingesetzten Polizei beurteilt werden. Nicht nur, dass sie martialisch ausgestattet vor dem Hans-Sachs-Haus aufmarschiert war, nein, die anwesenden Polizisten ignorierten zweimal vor ihren Augen in Richtung Antifaschisten gezeigte Hitlergrüße von Besuchern des AfD-"Bürgerdialogs", unter denen auch stadtbekannte Faschisten waren. Die Polizei wurde erst tätig, als aus der Kundgebung heraus Anzeige gegen die Betreffenden erstattet wurde.
Zum Abschluss der Kundgebung kesselte sie Lisa Gärtner, die mit einem Lautsprecher des Internationalistischen Bündnisses nach der Demonstration die Proteste vor dem Hans-Sachs-Haus aktiv unterstützt und mitmoderiert hatte, ein und erstattete gegen sie Anzeige wegen einer „illegalen Versammlung“. Ulja Serway, vom Internationalistischen Bündnis, die die spontane Kundgebung auf Drängen der Polizei angemeldet hatte, bekam die gleiche Anzeige. Dieses skandalöse Vorgehen gegen Antifaschistinnen, während die AfD von ihnen geschützt wird und Faschisten offen Hitlergrüße zeigen dürfen, ist völlig inakzeptabel. Die MLPD Gelsenkirchen-Gladbeck fordert die sofortige Rücknahme der Anzeige, Bestrafung der Verantwortlichen und eine Entschuldigung bei Lisa Gärtner und Ulja Serway. Das konnte den großen antifaschistischen Erfolg dieses Tages in Gelsenkirchen aber nicht trüben. Während sich im Hans-Sachs-Haus ein paar 100 Leute verirrten, machte eine große Mehrheit von tausenden von Menschen in der Stadt klar: Die AfD hat in Gelsenkirchen nichts verloren. Im Gegenteil sie gehört verboten!