Das Links-Rechts Problem der Bild-Zeitung
Wenn das Volk nicht so will wie die Bildzeitung
So haben sich das die Macher der Bildzeitung sicher nicht vorgestellt. Seit Monaten forcieren sie mit ihrem traditionellen Kampfblatt der Monopole eine Hetzkampagne gegen alles, was links von der CDU/CSU steht, um Stimmung zu machen für einen Regierungswechsel Richtung rechts.
Doch jetzt demonstrieren Millionen Menschen in bisher nicht gekanntem Ausmaß nicht im Sinne der Wunschphantasien der Bildzeitung, sondern ausgerechnet gegen Rechts. Tja, irgendwie dumm gelaufen ...
Entsprechend betreten und abstrus wirkt ein Online-Kommentar* des Bild-Redakteurs Peter Tiede. Zu Beginn lobt er noch brav einen berechtigten Protest gegen solche Leute wie den Faschisten Höcke (ohne ihn natürlich als Faschisten zu bezeichnen). Doch dann mokiert er sich über Demonstrationsaufrufe wie „Gegen Rechts zusammenstehen!“. Das sei für ihn ein „typisch linker Kampfbegriff“. Denn für Herrn Tiede steht auch die CDU eindeutig rechts - und das zu Recht. Und ihre Politik sei ja nun überhaupt nicht der richtige Adressat für diese Demonstrationen ...
Dem Scharfsinn eines Herrn Tiede ist nämlich nicht der Widerspruch entgangen, dass Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU mit seiner Teilnahme in Görlitz bei „#zusammengegenrechts“ quasi gegen sich selbst demonstriert hat. Da hat der Mann unbedingt Recht! Dass sich bürgerliche Politiker an einer solchen Demonstrationen beteiligen, die in der Vergangenheit vor allem damit auffielen, den faschistoiden Sprachgebrauch der AfD gegen Geflüchtete zu übernehmen, hat schon sehr, sehr viel mit Heuchelei zu tun. Wobei wir nicht ausschließen, dass sie angesichts ihrer Umfragewerte auch von quälenden Existenzsorgen geplagt werden.
Doch für die Oberschlauen bei Bild ist das natürlich nicht einem Herrn Kretschmer anzukreiden, sondern den “falschen Kampfbegriffen von Links“. Deswegen hier noch mal, explizit für Herrn Tiede, eine kurze historische Nachhilfe, woher der Links-Rechts Begriff eigentlich kommt und welche Bedeutung er hat. Im Sommer 1789 tagte die französische Nationalversammlung. Rechts saßen die Vertreter des Adels und der Aristokratie, links die Anhänger der französischen Revolution. Die rechte Seite verteidigte die Priviligien, die unerträgliche Machtausübung der feudalen Klasse. Die linke Seite kämpfte für den gesellschaftlichen Fortschritt, für die Interessen der Bauern und der arbeitenden Bevölkerung.
Auch wenn die heutige Klassengesellschaft komplizierter ist als damals, hat sich an diesem Prinzip grundsätzlich nichts geändert. Links zu sein entsteht aus den Bedürfnissen des Volkes heraus, rechts zu sein aus den Bedürfnissen der herrschenden Klasse, ihre Herrschaft und ihre Privilegien mit allen Mitteln zu verteidigen. An dieser Tatsache kann auch die abgefeimteste Hetzkampagne einer Bildzeitung auf Dauer nichts ändern. Und das wurmt einen Herrn Tiede natürlich außerordentlich - zu Recht!