Interview mit einem Fußball-Fan aus dem Ruhrgebiet
„Das ist nicht mehr Sport, das ist nur noch Vermarktung“
Die Rote Fahne Redaktion sprach mit einem Fußball-Fan aus dem Ruhrgebiet unter anderem zu den aktuellen Fanprotesten:
Rote Fahne Redaktion: Wie bewertest du den Teilerfolg gegen den Einstieg von Großinvestoren bei der DFL?
Fan: Das war erst mal ein Erfolg. Aber man sollte nicht erwarten, dass die DFL es es dabei belässt. Man weiß ja, wie schnell sich das Blatt wieder wenden kann.
Wer hat eigentlich den Rückzieher gemacht?
Meines Erachtens ist es so, dass in erster Linie die Investoren den Rückzieher gemacht haben. Die Funktionäre der DFL scheinen sich dann auch abgesprochen zu haben. Die stellen sich jetzt so hin, dass sie die Pläne jetzt begraben werden. Allerdings sehe ich das so, dass die keinerlei Chance hatten, auf Grund dessen, dass die Investoren wegen der Proteste abgesprungen sind.
Was haben die Fans auf die Beine gestellt?
Die Fanproteste gingen von der ersten bis zur dritten Liga, wenn nicht sogar noch weiter runter. Hauptsächlich wurden Spielunterbrechungen hervorgerufen, durch Tennisbälle, Schokotaler und weiteres auf dem Spielfeld. Das war ein mehr oder weniger friedlicher Protest, um Aufmerksamkeit zu erregen. Es gab auch das eine oder andere fahrende Spielzeugauto, das ferngesteuert über den Rasen gerast ist. Es haben sich viel mehr Leute beteiligt, als ich anfangs gedacht habe.
Und das war eine gemeinsame Fanaktion – ohne die übliche Konkurrenz, die man sonst im Fußball beobachtet?
Das kann man so sagen. Organisiert wurden die Fanproteste von Ultras deutschlandweit. Über verschiedene Fangruppierungen gab es einen Zusammenschluss und Absprachen, dass wirklich alle zusammen an einem Strang ziehen. Im Großen und Ganzen stand auf den Spruchbändern immer: “Nein zu Investoren in der DFL!“
Was sind die Kritikpunkte am Einstieg von Megainvestoren?
In erster Linie die weitere „Modernisierung“ und Vermarktung des Fußballs. Das ist schon in den letzten zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren deutlich geworden, mit welchen Geldsummen die da rumschmeißen. Vom Fandasein aus betrachtet, hat das nicht mehr viel mit Fußball zu tun. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass man hier im Ruhrgebiet ist, da ist man ja sowieso ein bisschen Fußballromantiker… .
Die größten Gefahren sind, wenn sich Fremde von außerhalb einkaufen. Das siehst du auch in anderen Sportarten, da ist mehr Werbung als der Sport selbst. Das ist für mich persönlich - und zum Glück auch für viele andere - einfach ein NoGo.
Fußball ist bereits ein Millionengeschäft. Aber: Der schöne Fußball existiert nur durch diese Masse der Fans. Das ist der Hauptpunkt, warum das einfach nicht sein muss, dass jetzt von außerhalb Gelder fließen, nur damit sie noch mehr im Ausland irgendwo erwirtschaften können. Das ist nicht mehr Sport, das ist nur noch Vermarktung. Und da bekommt anscheinend der eine oder andere Herr den Hals nicht voll.
Die Fans haben ja noch eine Reihe anderer Forderungen.
Die wichtigsten Punkte sind erstmal, dass die 50+1-Regel bestehen bleibt. Dann gibt es noch weitere Sachen: Fan-Utensilien, Anstoßzeiten, Spielterminierung vor allem, dass nicht Montagabends Spiele stattfinden, für die man bis nach Bayern fahren muss.
Zu den Fan-Utensilien gehört, dass das in den Stadien vereinheitlicht wird, dass du weißt, was darfst du mitnehmen und was nicht. Dann die Pyrotechnikdebatte, dass man sich da endlich mal zusammensetzt.
Polizei im Stadion ist auch ein Thema. Es ist nirgends in der Hausordnung festgelegt, dass im Stadion so ein Überlauf an Masse von Polizei sein muss.
Dabei passieren von der ersten bis zur dritten Liga genauso viele Verletzungen in einer Saison, wie bei einem Wochenende Oktoberfest. Und trotzdem wirst du kriminalisiert ohne Ende. Da werden Dateien angelegt über „Gewalttäter“ – und da bist du dann drin.
Die Palette ist einfach riesig, was man da noch ändern, zum Besseren drehen könnte. Aber da ist einfach wenig Gesprächsbereitschaft vorhanden. Da fällt mir noch ein: Willkürliche Stadionverbote, die verteilt werden. Da brennt noch viel auf der Seele. Der Protest jetzt war gut, aber ich denke, da gibt es noch einige andere Punkte, die man noch besprechen sollte.
Weiterhin viel Erfolg dabei!