Hersfeld-Rotenburg

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Kaligrube Hattorf-Wintershall: 85.000 Tonnen Giftmüll unter Tage bei K+S – Staatsanwaltschaft ermittelt

Wie die "Hessische/Niedersächsische Allgemeine" (HNA) aus Kassel berichtet, sind in der Kaligrube Hattorf-Wintershall des Bergbaumonopols K+S (früher Kali und Salz) 85.000 Tonnen giftiger Abfall aus Müllverbrennungsanlagen "außerhalb zugelassener Bereiche der Untertageverwertung" eingelagert worden.

Von ffz / ew
Kaligrube Hattorf-Wintershall: 85.000 Tonnen Giftmüll unter Tage bei K+S – Staatsanwaltschaft ermittelt
Christian Link - hier bei einer Solidaritätsaktion mit griechischen Kumpeln im Jahr 2022 (foto: Kumpel für AUF)

Das Kalibergbaumonopol K+S verfüllt - genauso wie die ehemalige Ruhrkohle AG (RAG) im Ruhrgebiet - Teile seiner Gruben mit Giftmüll und macht damit ein hochprofitables Geschäft. Am bekanntesten ist die ehemalige Grube Herfa-Neurode, die weltgrößte Giftmüll-Untertagedeponie. Dabei handelt es sich um ein riesiges Umweltverbrechen: um eine Gefährdung der Menschen in der thüringisch /hessischen Grenzregion - und das alles für den Maximalprofit von K+S! Egal, ob "zugelassene Bereiche" oder nicht: Giftmüll hat unter Tage nichts verloren! Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch, zu erfahren, wie viel und welche Art von Giftmüll in den "zugelassenen Bereichen" eingelagert worden sind … . Wie ebenfalls bekannt wurde, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen vier leitende Mitarbeiter.

Die Rote Fahne Redaktion sprach zu diesem Skandal mit Christian Link, Gelsenkirchen, seit 41 Jahren im Bergbau im Ruhrgebiet beschäftigt und einer der Sprecher der kämpferischen Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF:

Rote Fahne: Christian Link, du hast 2014 den Skandal der Giftmülluntertagelagerung der Ruhrkohle-AG aufgedeckt und wurdest deshalb von der RAG mit Anfahrverbot abgestraft. Was sagst du zu der offenbar illegalen Mülleinlagerung in der Kaligrube Hattorf-Wintershall durch K+S?

Christian Link: Egal ob legal oder illegal – Giftmüll gehört grundsätzlich nicht unter Tage! Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis das nach über Tage kommt – entweder durch Wasser oder sonstige geologische Prozesse. Bestes Beispiel ist doch gerade Asse, wo das Wasser immer näher an den Atommüll vordringt. Bisher weiß man ja bei K+S nicht, wer da konkret beschuldigt wird. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass 85.000 Tonnen ohne das Wissen des K+S-Vorstandes eingelagert wurden. Das ist ja kein Pappenstiel. Ein nicht unerheblicher Teil des Profits von K+S kommt ja aus dieser Mülleinlagerung. Der ganze Vorgang wirft aber auch die Frage nach der Arbeit der Bergbehörde auf. Wie kann es sein, dass die Sache erst jetzt auf einen anonymen Hinweis hin aufkommt? Wie arbeitet diese Bergbehörde eigentlich, wenn das vorher nicht auffiel?

 

K+S spricht von „weniger stark belasteten Filterstäuben aus der Müllverbrennung“ und von „stark belasteten, umweltgefährdenden Abfällen“, die sie in der Untertagedeponie Herfa-Neurode einlagern, um sie „von der Biosphäre zu isolieren“. Was ist davon zu halten?

Man muss wissen, dass K+S allergiftigste Stoffe wie Arsen usw. einlagert. In einem WDR-Bericht wurde vor einiger Zeit gezeigt, dass von jeder Einlagerungscharge Proben genommen werden. Die wissen also genau, was sie tun! Da ist von entscheidender Stelle die Hand draufgehalten worden, dass das nicht rauskommt. Jetzt sollen „leitende Angestellte“ zur Verantwortung gezogen werden. Ich hoffe nicht, dass hier nur Bauernopfer gesucht werden, die alles auf sich nehmen und die, die die Hauptverantwortung tragen, ihre Hände reinwaschen.

 

Was empfiehlst du den Kali-Kumpeln und ihren Familien angesichts dieses Umweltskandals und der Ankündigung, die Kali-Förderung in Unterbreizbach 2027 zu beenden?

Der erste Schritt muss sein, dass sofort eine Betriebsversammlung stattfindet, wo die Geschäftsleitung Rechenschaft ablegen muss. Da wird die Gesundheit der Kumpel gefährdet! Nötig sind ärztliche Untersuchungen und eine ärztliche Begleitung. Aus Erfahrung im Ruhrgebiet wissen wir, dass die Kumpel oft erst, wenn sie in Rente sind, Krebs kriegen. Dafür müssen sie natürlich entschädigt werden, aber deine Gesundheit kannst du nicht zurückkaufen.

 

Dann soll ja jetzt der giftige Müll nur umgelagert werden. Wie sollen sich die Kumpel das vorstellen? Da geht es um die Arbeitssicherheit und besondere Schutzmaßnahmen. Die Leute dürfen höchsten bei verkürzten Arbeitszeiten – bei vollem Lohnausgleich natürlich – dieser Gefahr ausgesetzt werden. Ständig müssen Blutproben gemacht werden.

 

Unsere Erfahrung mit der Ruhrkohle AG ist, dass sie Gutachten machen lassen, die die Stoffe - bezogen auf die Gesundheit der Kumpels - alle als unbedenklich erklären. Eine selbstorganisierte und -finanzierte Studie von Kumpel für AUF hat allerdings durch wissenschaftliche Analyse das Gegenteil bewiesen. Die K+S-Kumpel müssen auf unabhängige Gutachten bestehen, die sie auch kontrollieren können.

 

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wer bei K+S kritische Fragen stellt, sofort mit Repressionen zu rechnen hat. Das muss sofort aufhören! Wo leben wir denn, wenn Leute sich nicht mal trauen können eine offene Straftat anzuzeigen und das anonym passieren muss?

 

Es zeigte sich, dass diese Repressionen nur organisiert zu Fall gebracht werden konnten – gemeinsam mit Kumpel für AUF haben die Kumpel durchgesetzt, dass kritische Kumpel wieder bei K+S arbeiten und dass Abmahnungen zurückgenommen werden mussten. Sich bei Kumpel für AUF organisieren ist das A und O!

 

Vielen Dank, Christian – willst du im Zusammenhang zur Landtagswahl in Thüringen noch etwas sagen?

Also mich würde brennend interessieren, was die AfD eigentlich zu diesen Vorgängen sagt. Sie will ja alle Umweltauflagen rückgängig machen, wenn sie an der Regierung ist. Sie hat im Betrieb gegen Kollegen, die sich für Umweltschutz und die soziale Frage einsetzten, übelst gehetzt. Daran kann man einmal mehr sehen, dass die AfD in keinster Weise Vertreter des kleinen Mannes ist! Kein Kumpel sollte ihnen seine Stimme geben!

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Hier geht es zum Artikel der HNA zum Thema

 

Kumpel für AUF führt morgen zusammen mit der Bundesweiten Montagsdemonstrationsbewegung eine große Demonstration in Eisenach durch. Alle Informationen gibt es hier.