Dokumentiert
„Streit um Wahlwerbung: Demokratie geht nur mit Zumutungen“
Prof. Dr. Matthias Friehe hat in einem Gastkommentar in der "Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht" über die Zensur von Wahlwerbesports geschrieben und dabei das Beispiel des Spots der Internationalistischen Liste / MLPD zur Europawahl aufgenommen. Die Rote Fahne Redaktion dokumentiert Auszüge:
Seit jeher wird der Wahlkampf von einem Streit nicht nur um politische Inhalte, sondern auch um ihre Verbreitung begleitet. Wahlwerbespots landen schon seit den Anfängen der Bundesrepublik regelmäßig vor Gericht. Matthias Friehe mit einem Überblick und einem Plädoyer.
(...)
Keine Ausstrahlung nur bei evidentem und schwerwiegendem Rechtsverstoß
(...)
Dass es auch Grenzen gibt, zeigt hingegen eine Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz zur Ablehnung eines Fernsehspots der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschland, die durch das BVerfG bestätigt wurde. Darin sollte eine Gewalt- und Sexorgie unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gezeigt werden (Beschluss vom 27.09.2005 – 2 B 11269/05 und Beschluss vom 06.03.2006 – 2 BvR 1545/05).
Kürzlich hat das BVerfG überdies einen Eilantrag der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) abgelehnt, die daraufhin ihren Wahlwerbespot für die Aussendung im Fernsehen abwandeln musste. In der ursprünglichen Fassung war die MLPD-Spitzenkandidatin für einen Augenblick mit ihrem Buch "Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!" zu sehen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg setzte sich vor Gericht mit seiner Auffassung durch, dass es sich um eine kommerzielle Werbung handele, die nicht gesendet werden müsse.
Letztere Entscheidung erscheint zweifelhaft. Warum sollte eine Partei ihre vermeintliche Umweltkompetenz nicht mit dem Verweis auf ein Buch ihrer Spitzenkandidatin untermauern dürfen? Zudem entsteht eine Schieflage, wenn harmlose Buchtitel in einem Wahlwerbespot zur Ablehnung führen, zugleich aber unschädlich sein soll, wenn ein Spot die Grenzen der Strafbarkeit nicht nur aus-, sondern sogar überreizt. (...)