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Selenskyj gestaltet die Regierung um - für "mehr Energie"

Bereits im Juli hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine größere Kabinettsumbildung geplant. Schon im Mai hatte er Rostislaw Schurma als stellvertretenden Leiter des Präsidialamtes der Ukraine entlassen und durch Andrij Sybiha ersetzt. Am Dienstagabend hatte aber dann nicht Selenskyj, sondern der Fraktionschef der ukrainischen Regierungspartei „Diener des Volkes“, David Arachamia, die Öffentlichkeit über den Rücktritt von mindestens sechs hochrangigen Ministern informiert - darunter auch Außenminister Dmytro Kuleba.

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Selenskyj gestaltet die Regierung um - für "mehr Energie"
In der Werchowna Rada finden die Minister-Rücktritte und die Methoden, mit denen sie herbei geführt wurden, nicht nur Billigung. (Bild: Yuri Perohanych)

Darunter waren auch der Minister für strategische Industrie, Olexander Kamyschin, Justizminister Denys Maljuska, Umweltminister Ruslan Strilets, die stellvertretende Ministerpräsidentin für europäische und euro-atlantische Integration, Olga Stefanischyna, sowie die stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für Wiedereingliederung besetzter Gebiete, Irina Wereschtschuk.

 

Kuleba reichte am Mittwoch als (vorläufig?) letzter Minister sein Rücktrittsgesuch ein. Es hatte die Form eines handschriftlichen Schreibens ohne jede Begründung. Eine Begründung kam dann von Selenskyj, zusammengefasst: „Wir brauchen neue Energie“ – ah ja. Das klingt nett, aber weder dieser Kernsatz, noch irgendetwas sonst von dem, was Selenskyj sagte, erklärt wirklich, warum erfahrene und lang gediente Ministerinnen und Minister mitten in der schwersten militärischen Krise des Krieges gehen.

Gehen? Gegangen werden!

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich auf Elon Musks Plattform X betrübt, denn es habe wenige Menschen gegeben, mit denen sie so eng zusammengearbeitet habe, wie mit Kuleba. Da war ihr wohl noch nicht bekannt, dass dieser seinen Rücktritt gar nicht freiwillig eingereicht hatte. Als das gestern bekannt wurde, unterbrach die Werchowna Rada, das Parlament der Ukraine, die Abstimmungen. Davor hatten die Abgeordneten bereits mehrheitlich den Rücktritt von Wereschtschuk abgelehnt.

 

Nun heißt es, Kuleba sei bei der Bevölkerung im eigenen Land äußerst beliebt. Im Kabinett habe es große Streitigkeiten und „Unstimmigkeiten“ zwischen Außenministerium und Präsidialamt gegeben.

 

Jedenfalls darf man sich nicht der Illusion hingeben, das Kabinett Schmyhal (wie üblich benannt nach dem Regierungschef der Ukraine, Ministerpräsident Denys Schmyhal) sei bis dato ein Hort der Stabilität gewesen: Von den insgesamt 22 Posten in der Regierung haben 19 seit der letzten Wahl gewechselt, fünf sind nur kommissarisch neu besetzt worden. Kuleba war einer der wenigen im jetzigen Kabinett, der von Anfang an dabei war. Es bleiben neben dem Ministerpräsidenten selbst aus der ursprünglichen Regierungsmannschaft nur der Minister für Digitale Transformation, Mychajlo Fedorow, und der Minister des Ministerkabinetts, Oleh Nemtschinow, übrig. Und ukrainische Quellen berichten, weitere Entlassungen in der Regierung würden vorbereitet.

 

Kulebas Stellvertreter Andrij Sybiha soll nun dessen Nachfolger werden – eben derselbe, der Schurma als stellvertretenden Leiter des Präsidialamts ersetzte. Zumindest kann man sagen, dass Selenskyj seinen direkten Einfluss auf die Regierung mit den Umbesetzungen nicht gerade schwächt.