VW-Abgasaffäre

VW-Abgasaffäre

Neun Jahre später: Prozess gegen Ex-VW-Chef Winterkorn beginnt

Mit gehörigem Verzug begann am Dienstag, dem 3.9., vor der Wirtschaftsstrafkammer in Braunschweig der Prozess gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von VW, Martin Winterkorn. Der war 2015 zurückgetreten, nachdem die umfassenden Manipulationen bei den Zulassungsprüfungen von Volkswagen-Modellen zum Schaden von Natur und Kunden aufgedeckt wurden.

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Mit diesem Rücktritt wollte Winterkorn allerdings stets nur die politische, keinesfalls irgendeine persönliche Verantwortung übernommen haben. Er behauptete und behauptet weiterhin, weder von irgendetwas gewusst, noch je gelogen zu haben.

 

2021 stand er schon mal vor Gericht – aber sein Verfahren wurde aus Rücksicht auf seine Gesundheit damals ausgegliedert. Nun wird Winterkorn dennoch – und endlich – gewerbs- und bandenmäßiger Betrug, Marktmanipulation und (uneidliche) Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages vorgeworfen. Winterkorn soll VW-Käufer getäuscht, den Kapitalmarkt vorsätzlich nicht rechtzeitig informiert und dann 2017 vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags falsch dazu ausgesagt haben.

 

Sein Verteidiger Felix Dörr erklärte zur Prozesseröffnung: „Unser Mandant weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschieden zurück“. Winterkorn habe „nicht betrogen“ und „niemanden geschädigt“. Er hat’s halt nicht besser gewusst!

 

Dabei stützt sich die Verteidigung sehr offensichtlich vollständig auf den Rechtsgrundsatz „In dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten – denn nach neun Jahren ist es schwierig, nachzuweisen, wer wann was gewusst hatte und was in welchen Sitzungen hinter verschlossener Tür besprochen wurde. Und so hält der Kapitalist Winterkorn einfach daran fest, dass er als Chef keine Ahnung hatte, was seine bösen Angestellten hinter seinem Rücken taten, um die Profite des Konzerns auf Kosten von Mensch und Umwelt noch weiter zu vergrößern.

 

Aber nur für den Fall der Fälle: Die Verteidigung könnte sich eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage durchaus vorstellen. Dafür müsste Winterkorn dann jedoch einräumen, dass er es doch besser gewusst hatte. Das ging aus den Ausführungen des vorsitzenden Richters zu dem im Vorfeld geführten Gesprächen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hervor.

 

Vor dem Gericht demonstrierten Mitglieder der Umweltgewerkschaft, die an dem Bekanntwerden des Umweltskandals seinerzeit erheblich mitgewirkt hatte, und forderten Winterkorns Bestrafung. Für den Strafprozess hat das Landgericht 89 Termine bis September 2025 angesetzt. Zehn Jahre nach dem Auffliegen der Dieselaffäre könnte es also, theoretisch, zu einer Verurteilung des mittlerweile 77-Jährigen kommen.