Metall-Tarifrunde
Delegiertenversammlung der IG Metall Stuttgart im heftigen Gegenwind
Die Versammlung der IG Metall begann damit, dass 200 Delegierte aus 57 Betrieben in Stuttgart und Sindelfingen den Kolleginnen und Kollegen bei VW in Deutschland sowie bei Audi in Brüssel ihre Solidarität aussprachen.
Überhaupt war der Generalangriff bei VW das Thema. Zum einen, weil dieser als „Sanierungsfall“ von Monopolverbänden und den bürgerlichen Medien gegen unsere Forderung von sieben Prozent mehr Lohn ins Feld geführt wird. Zum anderen waren sich alle mehr oder weniger einig, dass wir es hier mit einem Kurswechsel des Gegners zu tun, der sich gegen alle Metaller und Gewerkschafter richtet. Etliche Kollegen zogen den Schluss, dass jetzt auch die IG Metall eine härtere Gangart einschlagen sollte.
Ein Delegierter sagte, dass damit die grundsätzliche Frage aufgeworfen wird: Haben wir Verständnis für die Probleme der Konzerne und machen diese zum Ausgangspunkt unserer Gewerkschaftsarbeit – oder kämpfen wir für höhere Löhne und unsere Arbeitsplätze. Viele Redner begründeten die 7-Prozent-Forderung mit der Inflation und dem Reallohnabbau und riefen zum Aktionstag am 15. Oktober in Ludwigsburg auf. Viel Beifall gab es für Beiträge, dass Lohnverzicht keinen einzigen Arbeitsplatz sichert.
Ergun Lümali, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Mercedes, sieht mit Verweis auf die „völlig veränderte Wirtschaftslage eine Gratwanderung bei der Tarifrunde“. Er erwartet vom Autogipfel am Montag, dass Maßnahmen zur "Stärkung des Industriestandortes Deutschland" und der Autoindustrie besprochen werden. Darunter zählt er eine Wiederauflage der Kaufprämie für Elektroautos – letztlich ein Geschenk für die hiesigen Autokonzerne, bezahlt aus unseren Steuergeldern. Lümali, wie auch andere Betriebsräte sprachen sich für die Produktion des klimaschädlichen Verbrennermotors aus, „solange das der Kunde möchte“. Er forderte den DGB auf, alle Gewerkschaften zu einem bundesweiten, ganztätigen Protest für den Wirtschaftsstandort aufzurufen. Der VW-Vorstand würde sich bei dieser Stoßrichtung bedanken – denn damit wäre er aus der Schusslinie der Gewerkschafter.
Natürlich beschäftigt die Delegierten auch der Wahlerfolg der AfD und die Polarisierung in den Betrieben. Dazu gab es einleitend ein Statement von Klaus Stein, dem kommissarischen 1. Bevollmächtigten. Ein Delegierter griff das so auf: wir können als IG Metall sehr wohl Einfluss gegen die Wirkung der faschistischen Demagogie nehmen. Er sprach sich gegen eine verharmlosende Darstellung der faschistischen Gefahr aus, mit Bezeichnungen der AfD als „rechtsextrem“ oder „rechtspopulistisch“. Dies verkenne den tatsächlichen Charakter der AfD und des faschistischen „Zentrum Automobil“. Dazu sollte die IG Metall konsequent ihre Stimme erheben und gegen Faschisten in Gewerkschaft und Betrieben vorgehen. Ein entschiedenes Nein zum Faschismus muss zur Grund-DNA der IG Metall gehören. Von einer anderen Delegierten wurde auch in der Frage des Kampfes gegen den Ukrainekrieg das „gesellschaftspolitische Mandat“ der IG Metall eingefordert.
Die Delegiertenversammlung machte damit deutlich, dass wir es in Betrieben und Gewerkschaften mit einer Politisierung zu tun haben, die für die Entwicklung des des Kampfes der Arbeiterklasse genutzt werden sollte.