Seminar »Lenins Lehren sind lebendig«
Die Frage von Krieg und Frieden und der proletarische Internationalismus
Vom 13. bis 15. September fand in Truckenthal das begeisternde Seminar der revolutionären Weltorganisation ICOR "Lenins Lehren sind lebendig" statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten in acht Themenblöcken brennende Fragen, die sich im Kampf gegen das imperialistische Weltsystem für den Sozialismus stellen. Rote Fahne News dokumentiert von der Webseite der ICOR sukzessive aus den knapp 30 Impulsbeiträgen.
"Die Frage von Krieg und Frieden und der proletarische Internationalismus" stammt vom Koordinierungsrat der Arbeiterbewegung der Ukraine (KSRD). Der Beitrag erschien zuerst hier auf der Webseite der ICOR.
In seinem Vortrag „Krieg und Revolution“, den er im Mai 1917, also während des Ersten Weltkriegs hielt, sprach Lenin davon, „dass man die Grundfrage vergisst, die Frage nämlich, welchen Klassencharakter der Krieg hat, weswegen dieser Krieg ausgebrochen ist, welche Klassen ihn führen, welche historischen und historisch-ökonomischen Bedingungen ihn hervorgerufen haben“ (Lenin, Bd. 24, S. 395). Heute, mehr als 100 Jahre nach der Oktoberrevolution, wüten wieder Kriege in der Welt, und es besteht die Gefahr eines neuen Weltkrieges. Heute ist es zudem schwieriger noch als damals, den Arbeitern den wahren Klassencharakter der Sache zu erklären, weil die Instrumente der bürgerlichen Propaganda mit Hilfe des Internets und der Massenmedien ein neues Niveau erreicht haben. Dennoch bleibt dies eine wichtige Aufgabe.
Weiter heißt es in dem Vortrag: „Vom Standpunkt des Marxismus, d.h. des modernen wissenschaftlichen Sozialismus, ist (…) die grundlegende Frage die, um welcher Ziele willen dieser Krieg geführt wird, welche Klassen ihn vorbereitet und seine Richtung bestimmt haben. Wir Marxisten sind nicht unbedingte Gegner eines jeden Krieges.“ (Ebenda) Es besteht kein Zweifel, dass alle Kriege, die derzeit in der Welt stattfinden, die Interessen der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie, widerspiegeln. So trägt der Krieg in der Ukraine zum Beispiel eindeutig zwischenimperialistischen Charakter und droht, ab einem bestimmten Moment zu einem Weltkrieg zu eskalieren. Ein weiteres Beispiel ist der Einmarsch Israels in die palästinensischen Gebiete, worin die imperialistischen Interessen Israels, des Westens und der neuimperialistischen Staaten der Nahostregion (Türkei, Iran, Saudi-Arabien, Ägypten) ersichtlich werden. Und in all diesen Fällen leiden zuallererst die Arbeiter – die Arbeiter der Ukraine, Russlands, Palästinas, Israels, des Libanon usw., die Arbeiter, welche die Last der unmittelbaren Kriegsführung, des Todes, der Not, des Verlusts von Heim, Verwandten und Freunden tragen.
Lenin sagte weiter: „Wir sehen ständig Versuche, (…) dem jetzigen Krieg einen geschichtlichen Inhalt beizumessen, den er nicht hat.“ (Ebenda, S. 398)Das gilt auch heute noch: So stellt Putins Propaganda den barbarischen Einmarsch in die Ukraine als „Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit“ dar und geht sogar so weit zu behaupten, die Ukraine sei künstlich geschaffen worden, und zwar durch die Hand von: Lenin! In der Nacht, als die Intervention begann, erklärte der Diktator der Russischen Föderation W. Putin öffentlich, dass eines der Ziele der Intervention eine „wirkliche Entkommunisierung“ der Ukraine sei, d.h. ihre Zerstörung als Land. Von welcher Art „Gerechtigkeit“ ist da die Rede? Nein, das sind gierige Invasionspläne, den Kreml-Imperialisten ist das ukrainische Volk – wie auch das russische Volk – egal, sie sind nur an egoistischen Gewinnen, an der Kontrolle über die Ressourcen der Ukraine interessiert. Auch der westliche Imperialismus hat ähnliche Beweggründe, er will die Ukraine, Russland und überhaupt so viele Teile der Welt als möglich kontrollieren.
Deshalb ist es sehr wichtig zu verstehen, dass es im „ukrainischen Krieg“ nicht die eine oder andere „richtige Seite“ gibt, dass das Recht auf der Seite der Arbeiter ist, auf der Seite des Proletariats der Ukraine, Russlands und anderer Länder, des Proletariats, das alle Lasten dieses Krieges im Namen der Interessen der herrschenden Klassen trägt. Betrogen von der bürgerlichen Propaganda ihrer Regierungen ziehen die Arbeiter der gegnerischen Seiten gegeneinander in die Schlacht und opfern sich für die Interessen der Bourgeoisie. Das kann weder auf der einen, noch auf der anderen Seite „gerecht“ sein. Ja, wenn der russische Imperialismus eine Niederlage erleidet, wird sich die objektive Lage des ukrainischen Proletariats verbessern, wird die direkte Zerstörung friedlicher Städte und die Ermordung von Einwohnern der Ukraine enden. Aber das von den Interessen des Westens abhängige bürgerliche Regime wird bleiben, und das kann bald schon zu neuen Kriegen führen – zum Beispiel auf dem Territorium Russlands oder in anderen Regionen der Welt, wo der Westen „tapfere ukrainische Soldaten“ braucht.
In Bezug auf Putins zynischen Imperialismus sind zudem andere Worte Lenins aus demselben Vortrag sehr treffend: "Eine Gruppe von Kapitalisten, die an den Tisch des kapitalistischen Schmauses herantraten, als die Plätze schon besetzt waren, dabei aber neue Verfahren (…) in den Kampf führten …“. (Ebenda, S. 401) In Wirklichkeit haben sich die bürgerlichen, entarteten Akteure aus den Reihen der sowjetischen Partei- und Staatsnomenklatura, aus der UdSSR, in der die Restauration des Kapitalismus längst begonnen hatte, mit großer Gier und Tatkraft auf die Rückeroberung der Einflusssphären der ehemaligen Sowjetunion gestürzt. Das begann mit den brutalen Kolonialkriegen in Tschetschenien und im übrigen Kaukasus und fand seine logische Fortsetzung in Putins Besetzung der Krim und des Donbass sowie im direkten Einmarsch in die Ukraine. Putins Regime hat nichts „Kluges“ oder „Fortschrittliches“ an sich, es sind gewöhnliche gierige und zynische Kapitalisten.
Zum Abschluss sagen wir: Die Situation in der Ukraine ist kompliziert und blutig, und es ist überhaupt nicht klar, wann und wie der Krieg enden wird. Aber in jedem Fall ist es wichtig, die Klarheit des Klassenstandpunkts zu bewahren, denn nur er ermöglicht es, die wahre Natur der Dinge und ihren möglichen Verlauf richtig zu verstehen. Es ist notwendig, die Realität zu kennen und zu verstehen, ohne in Lügen und Illusionen der Propaganda in der einen oder anderen Form abzugleiten. Und dabei sind die Worte Lenins, seine klare und präzise Analyse, nach wie vor äußerst aktuell.
Mit proletarischen Grüßen, KSRD