Düsseldorf
Pizza essen mit Miguel López?
So mancher wird sich bei dieser WAZ-Meldung (1) die Augen gerieben haben: Vor einem Promi-Treffen im Düsseldorfer Industrie-Club traf Thyssenkrupp-Chef Miguel López auf drei protestierende Stahlarbeiter, gab ihnen seine Handynummer und deutete an, mit ihnen Pizza essen gehen zu wollen.
López, der bisher als knallharter Manager auftrat, der die Vernichtung von zehntausend Arbeitsplätzen verkündet hatte! Aber das haben die Stahlarbeiter nicht hingenommen. Sie haben drei selbständige Warnstreiktage bei tkSE (2) durchgeführt, tausende hatten sich beteiligt, es wächst ein kämpferisches Bewusstsein.
Auf dem Treffen in Düsseldorf waren auch Ministerpräsident Hendrik Wüst und IGBCE-Chef Michael Vassiliadis. Ihr Dilemma wurde deutlich, wie der Arbeiterschaft und der Masse der Bevölkerung der verschärfte Monopolkurs beizubiegen ist. Da war von einem „flammenden Plädoyer für kommunikative Offenheit“ die Rede. Vassiliadis schoss den Vogel ab mit seiner Definition von Gewerkschaftsarbeit: „Was machen wir? Wir verhandeln mit unseren kapitalistischen Freunden über Verträge. Am Ende einige man sich, und die Gewerkschaft müsse ihre Mitglieder überzeugen. Dann gehe es um Vertrauen.(...) Häufig heißt der Job ja: Wir müssen heute schmerzliche Dinge machen, dafür kommt eine bessere Zukunft. Das ist der Deal.“
Diese reformistische Klassenzusammenarbeitspolitik „unter Freunden“ führt mitnichten in „eine bessere Zukunft“. Das zeigt z.B. Gelsenkirchen: In den 1970ern eine blühende Stadt mit über 100 000 Industriearbeitsplätzen. Der Reformismus nahm hier „seine Aufgabe, den Massen die kampflose Hinnahme von Verschlechterungen ihrer Lohn-, Arbeits- und Lebensbedingungen als alternativlos zu verkaufen“ (3) besonders intensiv wahr, meist in Verbindung mit üblen antikommunistischen Intrigen und Hetze gegen die MLPD.
Und heute? Küppersbusch, Gussstahl, Schalker Verein (Stahl), sämtliche Zechen und Kokereien, Seppelfricke und viele andere Betriebe - alle dicht gemacht. Gelsenkirchen ist mittlerweile die ärmste Großstadt Deutschlands mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Zu verantworten hat das die Monopolpolitik, aber der Reformismus „trägt mit seinem Verrat an den Arbeiterinteressen Verantwortung für jahrzehntelange Resignation und Verunsicherung in der Arbeiterbewegung“.(4)
Henrik Wüst zeigte sich auf dem Promi-Treffen besorgt: Es müsse darum gehen, einem Vertrauensverlust in Institutionen entgegenzuwirken. „Populisten und Extremisten“ zielten auf das „Bild von einem scheiternden Staat“ ab – das beziehe sich sowohl auf die „politische Klasse“ als auch auf „Entscheider aus der Wirtschaft“. Herr Wüst, hier geht es nicht um ein „Bild“, sondern und um die Realität! Deutschland steckt in einer offenen politischen Krise. Das hängt zusammen mit einem verschärften Rückfall Deutschlands im internationalen Konkurrenzkampf, der jetzt auf dem Rücken der Massen ausgetragen werden soll. Die MLPD setzt sich für ein alternatives Gesellschaftssystem, den echten Sozialismus, und für eine positive Gewerkschaftsarbeit, die die Gewerkschaften zu Kampforganisationen macht.
Selbst wenn Miguel López alle Stahlarbeiter zum Pizza Essen einladen würde, an der Monopolpolitik würde sich nichts ändern. Dazu müssen die Arbeiter harte gewerkschaftliche und selbständige Kämpfe für ihre eigenen Interessen führen. So wie die Opelbelegschaft mit ihrem selbständigen Streik 2004 die Schließung des Bochumer Werks für 10 Jahre verhindert hatte. Das wird auf einer „Remember-Party“ am 5. Oktober in Bochum gefeiert, und alle sind herzlich eingeladen! Es geht aber nicht nur ums Feiern, sondern darum, die Lehren aus dem Opelstreik für heute zu ziehen.