Großbritannien
„Die Pogrome waren koordiniert, aber auch isoliert“
Im August führten in England Faschisten tagelang Pogrome gegen Migranten und ihre Einrichtungen durch. Zuerst war das Land wie gelähmt, dann gingen Antifaschisten zu Zehntausenden auf die Straße. Eine Delegation der MLPD nahm in London an einer Demonstration teil.
Der Bericht eines Kollegen aus dem Nordosten Englands kommt deswegen verspätet, weil wir auf seine Zustimmung zur Veröffentlichung gewartet haben.
„Die Pogrome waren koordiniert, aber auch isoliert“
Es gibt (...) eine etablierte rechte und faschistische Präsenz in den sozialen Medien (…) Ich vermute, dass diese von der aufgelösten EDL (English Defence League) organisiert wird (…), wobei die sozialen Medien zur Verbreitung von Fehlinformationen und Aufruhr genutzt werden. Wenn man Southport als Epizentrum der Pogrome betrachtet, kann man sehen, wie sich das abgespielt hat.
Es begann mit dem entsetzlichen Mord an drei Kindern, und (…) die rechten Agitatoren (…) traten sofort in Aktion und nutzten die Gelegenheit, um Fehlinformationen über seinen Staatsbürgerschaftsstatus, seine Nationalität und seine religiösen Überzeugungen zu verbreiten (sie behaupteten, er sei Moslem). Der erste Protest in Southport wurde (…) sehr schnell über die sozialen Medien organisiert (…). Wenn man das Nachrichtenmaterial in Bezug auf das Verhalten der Menschenmenge analysiert, kann man schnell feststellen, dass es sich nicht um zusammenhängende Proteste handelt, die koordiniert und abgestimmt abliefen. Es war (…) vielmehr ein Mob innerhalb einer größeren untätigen Menge (die mit ihren Handys filmt) (…)
Die Zahl der Beteiligten ist erstaunlich gering, wenn man sie mit der Medienrhetorik vergleicht, wonach Großbritannien am Rande eines Bürgerkriegs steht. Zurück zu Southport und dem scheinbaren "Erfolg" des anfänglichen „Protests“ der Rechten. Er (…) beruhte auf zwei Dingen: (…) der Art der Medienberichterstattung und einer erschreckend schwachen Reaktion der Polizei. Eines der schlimmsten Beispiele dafür war der Angriff auf das Hotel in Tamworth, in dem Asylbewerber untergebracht waren. Die Polizei hätte dies niemals zulassen dürfen (…) Das harte Durchgreifen der Polizei erfolgte "im Nachhinein" und einer der positiven Aspekte ist die rasche Verhaftung und Verurteilung der an der Gewalt Beteiligten.
Auch hier wird deutlich, dass keine großen Menschenmengen an den Pogromen beteiligt waren. Die meisten Täter haben sich des Vergehens der "gewalttätigen Störung" schuldig bekannt - das ist ein Verhalten von drei oder mehr Personen. Hätte es sich um einen Massenaufruhr gehandelt, wäre die Mehrheit wegen des Straftatbestands "Ausschreitungen" angeklagt worden, der (…) eine Gruppe von 12 oder mehr Personen voraussetzt. Dies verdeutlicht meiner Meinung nach das Ausmaß der Pogrome als koordinierte, aber auch isolierte Vorfälle.
Die Gewalt in Kleinstädten wie Middlesborough, Hartlepool und Sunderland im Norden hat (...) Angst in der Bevölkerung verbreitet und kulturelle Spaltungen hervorgerufen, an deren Überwindung wir hart arbeiten müssen, aber es wird gelingen.
Ich glaube, dass es in diesem Land ein starkes antifaschistisches Bewusstsein gibt, das historisch immer in der Lage war, mit Faschisten umzugehen. Dieses Bewusstsein ist nicht mehr ausreichend Teil der Arbeiterklasse und ihrer Gemeinschaften (…). In diesen Gebieten konnte rechtes Gedankengut gedeihen, und es gibt viel zu tun, um dies zu ändern (…).