Kapitalismus
Übernahmepoker bei der Commerzbank
Um die Commerzbank in Frankfurt am Main tobt ein Übernahmepoker.
Die italienische Bank Uni Credit hatte vor kurzem einen Anteilsverkauf des Bundes zum Einstieg bei der Commerzbank genutzt, weiter eifrig am Markt Aktien gekauft und sich über ein Finanzinstrument noch den Zugriff auf insgesamt rund 21 Prozent der Anteile der Commerzbank gesichert. Zugleich hatte sie die behördliche Erlaubnis beantragt, ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Der Bund hält dagegen nur noch 12 Prozent.
Hier wird seitens Uni Credit eindeutig mindestens an einer Fusion, eher an einer feindlichen Übernahme gearbeitet. Heute sind Vertreter beider Banken zusammengekommen.
Das Interesse der Bank aus Mailand kommt nicht von ungefähr: „Trotz konservativer Planung erwarten wir, dass wir schneller unsere Kapitalkosten verdienen und noch mehr Kapital an unsere Aktionäre zurückgeben können“, erklärte die neue Chefin der Commerzbank, Bettina Orlopp, die Ziele des Bankhauses. Im vergangenen Jahr hat die Commerzbank Rekordgewinne verzeichnet.
Da kann Orlopp noch so intensiv in einer virtuellen Pressekonferenz erklären: „Unser Hauptziel ist es, den Wert, das Geschäftsmodell der Marke Commerzbank zu schützen. Auch wenn jetzt die Idee einer verrückten Übernahme im Raum steht, eines schnellen Ausverkaufs – bei so etwas machen wir nicht mit“.
Hintergrund ist der verschärfte zwischenimperialistische Konkurrenzkampf auch im Bankensektor. Im Vergleich mit den US-Banken sind die deutschen und europäischen Banken eher klein. Die Commerzbank kommt zum Beispiel mit einem Börsenwert von 17 Milliarden Euro daher. Bei den größten US-Banken, wie J.P. Morgan, beträgt der Börsenwert 540 Milliarden. Das ist mehr als das Dreißigfache. Entsprechend argumentiert der CEO der Uni Credit, Andrea Orcel, man brauche einen europäischen Bankenriesen. Die Uni Credit ist mit fast 60 Milliarden Euro an der Börse gut dreieinhalbmal so viel wert wie die Commerzbank.
Für den deutschen Imperialismus ist es zugleich auch ein machtpolitischer Faktor, ob die zweitgrößte deutsche Privatbank in italienische Hand übergeht. Regierungssprecher Steffen Hebestreit spricht sich kritisch gegen die Übernahme durch Uni Credit aus. Auch das Aufsichtsratsmitglied der Commerzbank, ehemals bei der Bundesbank, Jens Weidmann, äußerte sich nach einer mehrtägigen Strategietagung ähnlich. Die Commerzbank habe "zentrale Bedeutung für die deutsche Wirtschaft".
Nicht zuletzt wird dieser Konkurrenzkampf auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Bettina Orlopp kündigt bereits an: „Wir werden alles tun, betriebsbedingte Beendigungskündigung so weit wie möglich zu vermeiden; ob dies gelingen wird, können wir nicht garantieren“. Laut Ver.di sind bis zu 17.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Ver.di spricht sich gegen diese Arbeitsplatzvernichtung aus.